Auf ein Wort ….

Liebe Leserin, lieber Leser,

schade,
dass wir Ihnen das Titelbild des Weltgebetstages hier nicht in Farbe
zeigen können. Denn die warmen Rot-, Orange- und Brauntöne, die
die französische Künstlerin Anne-Lise Hammann Jeannot dafür gewählt
hat, sehen nicht nur schön aus, sondern helfen auch, das Bild zu
verstehen.

Von rechts nach
links schreitet eine Frau in die Bildmitte. Ihr Kopf und das Gewand
mit den ausladenden Ärmeln sind in Schwarz und Grau gemalt und heben
sich deutlich von der farbigen Umgebung ab. Die Frau hält den Blick
gesenkt, wirkt aber nicht unsicher, sondern geht aufrecht und entschlossen
auf eine große orangerote Fläche zu. Diese wird begrenzt durch einen
graugelben Lichteinfall, der vom oberen rechten Bildrand in die
Mitte strömt. In der linken Bildhälfte sind Formen zu erkennen,
die als Auge, Nase, Mund und Kinn gedeutet werden können, ein überdimensionales
Gesicht, das sich der grauen Gestalt zuwendet. Mit diesem eindrucksvollen
Bild setzt die Künstlerin das biblische  Motto des Weltgebetstages
um: „Ich war fremd – ihr habt mich aufgenommen.“

Sie war fremd,
grau, unscheinbar. Sie stand am Rand, wurde nicht beachtet. Sie
gehört nicht dazu, zum farbigen Leben der anderen, noch nicht. Aber
sie ist eingehüllt in wärmendes Licht. Sie fasst Mut, das Leben
rund um sich wahrzunehmen, und geht los. Das Grau fängt an sich
aufzulösen. Grau muss nicht grau bleiben. Ich war fremd – ihr habt
mich aufgenommen.

Das Bild kann
an eigene Erfahrungen anknüpfen: Wo habe ich mich fremd gefühlt?
Wie bin ich aufgenommen worden? Was wünsche ich mir von anderen,
wenn ich irgendwo fremd bin? Und wie begegne ich selbst Menschen,
die mir fremd sind? Wo bin ich auf diesem Bild? Im Licht oder im
Schatten?

Die französischen
Frauen, die die Ordnung für diesen Weltgebetstag verfasst haben,
nehmen vor allem Menschen in den Blick, die ihre Heimat verlassen
müssen, die – schon zu biblischer Zeit und noch heute – Krieg, Vertreibung
und Ausgrenzung erleiden und auf Ablehnung, Vorurteile und offene
Fremdenfeindlichkeit stoßen. Damit das Bibelwort „Ich war fremd
und ihr habt mich aufgenommen.“ Wirklichkeit werden kann, gibt der
Weltgebetstag uns in diesem Jahr einen Anstoß, neu über Ausgrenzung
nachdenken: Was können wir dafür tun, dass Menschen, die ihre Heimat
verlassen, bei uns Schutz, Gastfreundschaft und warmherzige Aufnahme
finden? Wie können wir zu einer „Kultur des Willkommens“ beitragen,
nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in unserer Gemeinde?

Wenn wir uns den
vermeintlich „Fremden“ öffnen und neugierig auf ihre Andersartigkeit
sind, dann gewinnen auch wir. Denn Gastfreundschaft ist in der Bibel
immer auch ein Ausdruck des Glaubens. „Ich war fremd und ihr habt
mich aufgenommen“, sagt Jesus. Und: „Was ihr getan habt einem meiner
geringsten Brüder und Schwestern, das habt ihr mir getan“ (Matth.
25,35.40).

Wenn Sie das Titelbild
des Weltgebetstages gerne auch mal in Farbe sehen möchten, dann
kommen Sie doch zum Gottesdienst am Freitag, dem 1. März, um
19 Uhr in die katholische Kirche St. Marien im Wenscht
. Diese
Einladung gilt, wie sich so langsam herumspricht, nicht nur für
Frauen! Und Sie können sicher sein: Wir werden Sie freundlich aufnehmen
und Sie nach dem Gottesdienst im Pfarrheim auch noch gut bewirten.

Ihre Pastorin
Almuth Schwichow

Auf ein Wort ….

 

Wir haben hier keine bleibende
Stadt,
sondern die zukünftige suchen wir.

Hebräer 13, Vers 14

Der
Augenblick, an dem ein Schlüssel endgültig übergeben wird, berührt
einen schon besonders. Wenn das Haus leer geräumt ist, der Möbelwagen
abfährt und der Schlüssel der Wohnung an den Nachmieter überreicht
wird. Kennen Sie solche Momente auch? Bilder fallen einem dann ein:
von den Weihnachtsfesten mit der Familie im überhitzten Wohnzimmer,
das Quatschen mit Freunden in der Küche in mitten von schmutzigem
Geschirr, das Ringen um gute Einfälle im Arbeitszimmer und das Toben
der Kinder im Kinderzimmer. Wenn nach all diesen Jahren dann der
Haustürschlüssel in andere Hände gelegt wird, ist dieser Lebensabschnitt
körperlich spürbar vorbei mit den bekannten Begleiterscheinungen:
Karge Worte und  der Kloß im Hals.

Solche „Schlüsselmomente“
erleben wir aber nicht nur, wenn wir die Wohnung wechseln. Sie gehören
zum Leben einfach dazu: wenn das Kind erstmals am Tor der Kita noch
einmal tapfer den Eltern winkt; wenn junge Leute nach dem Abitur
ins Studium gehen; wenn wir alte Überzeugungen schweren Herzens
loslassen müssen; wenn der Ruhestand eintritt und die neue Leere
nach 6 Wochen folgt….Es gibt viele Beispiele für solche „Schlüsselmomente“.

Die Jahreslosung
beschreibt sie als grundlegend für unser Leben: „Wir haben hier
keine bleibende Stadt…“ Wie wahr: Kaum fühlen wir uns an einem Ort
oder in einem Lebensabschnitt beheimatet, bleibt das nicht von Dauer.
„Es muss das Herz bereit zum Abschied sein und Neubeginne.“ So beschrieb
es Hermann Hesse in seinem berühmten „Stufen“-Gedicht. Aber entgegen
einer Melancholie des Vergehens und einem Gefühl, dass wir Altvertrautes
immer nur verlieren, richtet der Hebräerbrief unseren Blick entschlossen
nach vorn. Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige
suchen wir. Das über mittelt der Briefschreiber einer Gemeinde,
die das Gefühl hatte, dass früher irgendwie alles besser war. Da
waren die Kirchen voller, der Glaube selbstverständlicher, die Gegenwart
Gottes eindeutiger zu spüren, meinten sie. Jetzt war man müde und
verließ die Versammlungen. Für einen Blick in die Zukunft reichte
die Kraft nicht. Gegen dieses Verlustgefühl weitet der Hebräer den
Horizont auch unseres Glaubens. Er malt Jesus Christus uns gerade
dann vor Augen, wenn wir aufbrechen und dabei ein ehemaliges Heimatgefühl
heute vermissen. Ihnen zeigt er Christus als den, der „gestern,
heute und derselbe auch in Ewigkeit“ ist und der uns eine dauerhafte
Heimat schon bei Gott erwirkt hat. Zu ihm hin sind wir unterwegs
auf dem Lebensweg. In ihm haben wir

unseren Hauptwohnsitz.
Alle anderen Stationen, Adressen und Zeiten können immer nur Nebenwohnsitze
auf Zeit bleiben – lebt es sich darin noch so schön und intensiv.
Die Jahreslosung lehrt mich darum einen Blick, bei dem ich dankbar
jeden Augenblick leben darf aber nicht vergessen soll, wie kostbar
er ist, gerade weil er nur vorläufig bleibt. Er ist wie ein vergänglicher
Strauß aus Schnittblumen, an dem ich aber heute Freude haben darf,
obwohl er morgen schon welkt.

In den nächsten
Jahren werden wir in unserer Kirche wahrscheinlich immer häufiger
auf unsere innere Bereitschaft zum Aufbrechen befragt. Aber nicht
auf ein „immer weniger“ hin, sondern auf die zukünftige Stadt, zu
der er aufbrach und in der er längst auf uns wartet. Bis dahin gibt
es keinen Ort, an dem er uns nicht schon begegnen will. Christus
wird sich nicht verflüchtigen. Wir dürfen ihn neu und vielleicht
ungewohnt  erfahren in neuem Lebensabschnitt, in neuer
Herausforderung, in neuen  Zusammenhängen. So wünsche ich Ihnen
einen getrosten Blick auf das neue Jahr 2013 mit vielen überraschenden
Gottesbegegnungen und grüße Sie sehr herzlich als

Ihr Peter-Thomas Stuberg
Superintendent.

 

 

Auf ein Wort ….

 

Trautes Heim – Glück allein?

Jeder Mensch braucht
ein Zuhause, da sind wir uns wohl einig. Wer nicht völlig abgestumpft
ist, dem tun die Menschen leid, die in den Fußgängerzonen sitzen,
betteln und unter Brücken schlafen. Und erst recht tun uns die Menschen
in den Flüchtlingslagern leid, die wir in den Nachrichten sehen
– aus ihrer Heimat geflohen und verjagt, ohne Chance auf baldige
Rückkehr.

Uns geht es, Gott
sei Dank, anders. Wir haben ein Dach über dem Kopf – für uns allein
oder zusammen mit anderen. Und so gern wir verreisen mögen, wir
kommen doch auch gern wieder heim. Wir brauchen unsere vertraute
Umgebung. Wir finden dort Ruhe und Schutz vor dem, was uns umtreibt
und auf uns einstürmt. Keiner gibt gern sein trautes Heim auf und
sucht sich ein neues Zuhause. Denn jeder Umzug ist auch ein Abschied.
Und je älter wir werden, desto schwerer fällt uns das.

Aber trotzdem:
unser Zuhause ändert sich im Lauf unseres Lebens. Ich zum Beispiel
war etliche Jahre im Ruhrgebiet, habe mich dort zunehmend wohl gefühlt,
Freundschaften geknüpft, mich ausgekannt. Als ich dann zurück ins
Siegerland kam, musste ich mich erst wieder neu orientieren, obwohl
ich hier ja schon mal zu Hause war, musste Erinnerungen auffrischen,
Veränderungen wahrnehmen, mich auf neue Leute einstellen.

Andere sind nur
notgedrungen aus ihrer alten Heimat weggegangen – als Flüchtlinge
und Vertriebene nach dem Krieg oder als Aussiedler in späteren Jahren.
Und die hatten es viel schwerer, im neuen Zuhause wirklich heimisch
zu werden. Sie mussten den Verlust verarbeiten, eine neue Existenz
aufbauen und vor allem bei den Alteingesessenen akzeptiert werden.

Aber selbst diejenigen,
die immer in Geisweid und Umgebung zu Hause waren, haben miterlebt,
wie sehr sich ihre Heimat verändert hat: neue Siedlungen wurden
gebaut und sind schon wieder in die Jahre gekommen, Fabriken und
Bürogebäude wurden errichtet und wieder abgerissen, ganze Straßenzüge
sind der HTS zum Opfer gefallen. Und noch mehr als das Äußere hat
sich die Lebensweise verändert. Wenn ich mir ansehe, wie junge Leute
heute leben, kommt mir als Endvierziger schon vieles fremd vor –
wie muss es da erst den 70-, 80-Jährigen gehen!

Ich denke, so
ist es immer: Unsere Heimat mag uns vertraut sein, und doch verändert
sie sich ständig, auch wenn uns das nicht gefällt. Trautes Heim
– Glück allein? Wohl doch eher nicht!

Es passt dazu,
dass auch die Bibel ein eher gebrochenes Verhältnis zur „Heimat“
hat. Schon Abraham bekommt von Gott gesagt: „Geh aus deinem Vaterland.
Verlass deine Verwandtschaft und geh in ein Land, das ich dir zeigen
werde!“ Wenn Jesus ein Zuhause hatte, dann waren es die Menschen,
die mit ihm zogen. Aber einen Ort, wo er sich in Frieden schlafen
legen konnte, den hatte er nicht. Und im Hebräerbrief heißt es:
„Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen
wir.“

Früher sprach
man deshalb unter Christen davon, dass wir in dieser Welt nur „Gäste
und Fremdlinge“ sind. So reden wir heute kaum noch. Aber wir ahnen
doch, dass unser Gott kein bequemer Gott ist. Mit ihm zu leben heißt,
immer wieder zum Aufbruch bereit zu sein. Auch die Heimat, die wir
uns zu Lebzeiten schaffen, können wir nicht festhalten. Wir haben
immer noch ein Ziel vor uns, das letztlich nicht in dieser Welt
liegt. Die Zeit am Ende des Kirchenjahres erinnert uns jetzt wieder
daran.

Aber auch Gäste
und Fremdlinge brauchen ein Zuhause. Einen Ort, wo sie in Frieden
leben, Kinder großziehen und alt werden können, einen Ort, wo sie
von ihren Nachbarn akzeptiert und unterstützt werden. Das gilt für
uns als „Fremdlinge“ im geistlichen Sinne, die wir ein bleibendes
Zuhause nur bei Gott haben. Das gilt aber auch für die Fremdlinge,
die hier und jetzt unter uns leben: für die Menschen, die von anderswo
zu uns gekommen sind, zum Teil schon vor langer Zeit, und die hier
doch nicht wirklich zu Hause sind – nach unserem und ihrem eigenen
Empfinden. Manches wird uns aneinander wahrscheinlich immer fremd
bleiben. Aber diese Menschen müssen unter uns sicher wohnen und
sich darauf verlassen können, dass sie nicht angefeindet oder gar
misshandelt werden. Gerade wir Christen als „Fremdlinge“ in dieser
Welt sollten das wissen. Und wir sollten so handeln, wie das schöne
Lied „Aufstehn, aufeinander zugehn“ es uns nahe legt: „Dass aus
Fremden Nachbarn werden, das geschieht nicht von allein. Dass aus
Nachbarn Freunde werden, dafür setzen wir uns ein.“ Gott segne uns
dabei!

Ihr Pastor Klein

 

 

Auf ein Wort ……

 

Stürmische Zeiten?

… wenn der Urlaubskater kommt!

Was denken Sie, wenn Sie dieses Bild sehen?

Hoffentlich ist das nicht unser Urlaubsquartier!

Oder: Hoffentlich
sieht unser Gartenhäuschen nicht so aus, wenn wir aus dem Urlaub
wieder zurück sind.

Ja, die Urlaubsgedanken
beschäftigen wohl noch viele, ebenso aber auch die Ängste nach dem
Danach. Der Urlaub ist vorbei und die Mühle dreht sich wieder. Und
viele sehen sich wieder den Stürmen des Alltags ausgesetzt und versuchen
irgendwie ihr Lebenshäuschen in Stand zu halten.

Das Haus ist immer
schon ein beliebtes Bild für das Leben gewesen. Vieles kann ich
aus diesem Bild mit meinem Leben in Verbindung bringen. Ein Haus
wächst wie ein Mensch; es kommt in die Jahre und braucht dann und
wann einen neuen Anstrich und eine Reparatur. Ein Haus will gut
geplant sein, damit alle Belange, die das Leben mit sich bringt
auch Berücksichtigung finden.

Und manchmal erlebe
ich mein Lebenshaus so, wie auf dem Bild. Es ist aus den Fugen geraten
und wird wohl kaum dem nächsten Sturm gewachsen sein. Dabei spielt
es gar keine Rolle, wie stabil es gewesen ist. Oft reichen die Kleinigkeiten
an den richtigen Stellen, um das ganze Haus instabil werden zu lassen.
Und eine schnelle Reparatur ist auch nicht möglich.

In Psalm 127,
1 heißt es: Wenn der Herr nicht das Haus baut, so bauen umsonst,
die daran bauen.

Eine weise Erkenntnis,
getragen von den Erfahrungen hunderter Generationen. Im Volksmund
sagt man in ähnlicher Weise: Der Mensch denkt, aber Gott lenkt.

Es fällt schwer,
die eigenen Grenzen zu erleben und kennen zu lernen. So ist es nun
einmal. Unsere eigene Kraft hat ihre Grenzen. Aber es sollte kein
Grund sein zu resignieren. „Der Stein, den die Bauleute verworfen
haben, der ist zum Eckstein geworden.“ Wenn wir Gott nur an unser
Haus heran lassen, wird kein Sturm es bedrohen können, so baufällig
es auch aussieht. Die Kraft Jesu ist ja gerade in den Schwachen
mächtig.

Also: lassen Sie
sich nicht sofort ihre Urlaubserholung nehmen. Nehmen Sie lieber
ihre eigenen Brüche und Risse zwar wahr aber nicht zu ernst. Gott
macht dazu ein einmaliges Angebot. „Denn alle Sorge werft auf ihn,
denn er sorgt für euch.“

Ich wünsche ihnen
eine gesegnete Spätsommerzeit

Ihr Frank Boes

 

Auf ein Wort ……

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Jesus ist überarbeitet.
Die vielen guten Taten, die er vollbringt, haben ihn völlig ausgelaugt.
Er fühlt sich matt, und auch die Wunder wollen nicht mehr so recht
klappen. Sein Arzt verordnet ihm einen freien Tag. Und Jesus genießt
diesen Tag in vollen Zügen. Er übt Radschlagen in der Wüste, jongliert
mit seinem Heiligenschein, geht schwimmen und macht einen Ausritt
auf seinem Esel. Ein richtig schöner Tag! Aber am Abend plagt ihn
dann doch das schlechte Gewissen. Was hätte er in dieser Zeit nicht
alles Gutes tun können? Stattdessen hat er den ganzen Tag vertrödelt
und nur nutzloses Zeug gemacht. Er sucht Rat bei Gott. Der beruhigt
ihn und sagt: Schau doch mal genau hin, Jesus! Überall, wo du Rad
geschlagen hast, sind in der Wüste Quellen entsprungen. Wo du jongliert
hast, tragen die Bäume die herrlichsten Früchte. Wo du geschwommen
bist, füllen sich die Netze mit Fischen. Und alle, die du auf deinem
Esel getroffen hast, wurden auf einmal fröhlich.

Das erzählt der
englische Schriftsteller Nicholas Allan in seinem Buch „Jesus nimmt
frei“. Hin und wieder hat Jesus tatsächlich frei genommen, wenn
auch wohl nicht zum Radschlagen in der Wüste oder für einen Ausritt
auf seinem Esel. An manchen Tagen wird ihm einfach alles zu viel:
zu viele Menschen, zu viele Erwartungen, zu viele, die ihn umringen
und an ihm zerren. Dann, so lesen wir in den Evangelien, zieht Jesus
sich zurück – auf einen Berg, auf ein Boot, an das andere Ufer des
Sees, dahin, wo er Ruhe findet. Wo er in aller Ruhe mit Gott sprechen,
beten und daraus die Kraft schöpfen kann, die über seine eigene
hinausgeht.

Viele nehmen in
diesen Wochen frei. Sie haben Ferien, machen Urlaub, erholen sich
zu Hause oder auf Reisen. Denn auch wir brauchen Orte, an denen
wir zur Ruhe kommen, Zeiten, in denen wir uns freimachen können
von Terminen und Pflichten, von Erwartungen und Zwängen. Zwischen
Beruf und Familie, zwischen Konsum und verplanter Freizeitgestaltung
bleibt im Alltag ja oft nur Platz für das Allernötigste. Was aber
ist mit dem Instrument, das ich lange Zeit nicht mehr gespielt habe,
mit dem Brief, den ich schon seit Wochen schreiben, mit der Freundin,
die ich endlich mal wieder treffen will? Und was ist mit meinem
Glauben, den ich vernachlässigt habe, mit Gott, zu dem ich lange
nicht mehr gebetet habe? Im Urlaub kann ich all das entdecken, was
im Alltag so leicht verloren geht oder was immer wieder zu kurz
kommt. Ich kann die freien Tage genießen, ohne gleich ein schlechtes
Gewissen zu haben. Kann einfach mal in den Tag hineinleben, herumtrödeln
und lauter nutzloses Zeug machen: eine Strandburg bauen, Muscheln
sammeln, den Wolken hinterherschauen, barfuß über eine Sommerwiese
laufen, Gänseblümchen pflücken oder auch Radschlagen üben – so wie
Jesus in der Geschichte von Nicholas Allan.

Jesus nimmt frei
und tut, was ihm gerade Spaß macht. Am Abend kann er nur darüber
staunen, wie viel Lebenskraft von dem ausgeht, was er für nutzlos
gehalten hat. Genau da tun sich Quellen auf, hängen herrliche Früchte
an den Bäumen, werden die Netze voll und die Menschen froh. Denn,
so sagt Gott am Ende der Geschichte: Nur wenn du selbst froh bist,
kannst du auch andere glücklich machen. Solche Tage wünsche ich
Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, in diesem Sommer: Tage, die
Sie selbst froh und andere glücklich machen.

Ihre Pastorin
Almuth Schwichow