Telemanns Matthäuspassion

Ein beeindruckendes Konzert

Der Kirchenchor Klafeld unter der Leitung von Kantorin Andrea Stötzel meisterte klangschön das großartige Passionswerk, zusammen mit Gesangssolisten und einem Kammerorchester (Leitung Sohei Takahata).

An großen Aufgaben kann man wachsen. So schilderte die Kantorin Andrea Stötzel im Gespräch mit der SZ die seit letztem Sommer, nach den schwierigen Coronazeiten, begonnene Probenarbeit an der Matthäuspassion von Georg Philipp Telemann (1746) als Herausforderung für den Chor. Sie hatte das Werk als Sopranistin bei der Aufnahme mit dem Bachchor unter der Leitung von KMD Ulrich Stötzel kennengelernt. Von den zwanzig Passionen des ungemein fleißigen Komponisten Telemann ist dies die bekannteste.

„Das ist etwas, was der Chor schaffen kann“, war Andrea Stötzel überzeugt. In den langen Proben und besonders nach einem dreitägigen Probenwochenende am Möhnesee hatte sich der Chor, der sich neben dem Schwerpunkt im Gottesdienst zu singen, immer auch Konzertaufgaben stellt, wieder zusammengefunden und die zunächst etwas fremde Literatur lieben und singen gelernt. Die letzte große Aufgabe für den Chor war wegen Corona das Weihnachtsprogramm 2019, (u.a. mit der „Missa Kwela“ von Andreas Schmittberger), das zusammen mit den beiden Kinderchören Singsalabim und den Liederstrolchen sowie dem Jugendchor Cantanima einen Riesenerfolg hatte. (Für das nächste Frühjahr ist für die Kinder und Jugendlichen wieder ein Musical „Till Eulenspiegel“ geplant. Eine bewundernswerte Arbeit Andrea Stötzels!)

Hatte Ulrich Stötzel die Aufnahme mit alten Instrumenten, d.h. einen halben Ton tiefer aufgeführt, so spielte das jetzige Kammerorchester mit modernen Instrumenten. Der Sopran hat oftmals große Höhen zu singen. „Sie haben mir zwischenzeitlich leidgetan“, sagte die Kantorin. Gleich mit dem ersten Choral, der am Sonntagabend in der vollbesetzten Talkirche aufgeführten Matthäuspassion von Georg Philipp Telemann, zeigte sich das klangvolle Ergebnis der intensiven Vorbereitung. Nicht nur die strahlende Höhe der Soprane, alle Stimmen des Chores gefielen in den weiteren fünf schlicht-schönen Chorälen und in den dreizehn anspruchsvollen Volkschören, die am tragischen Geschehen der Passion temperamentvoll und präzise teilnahmen.

Die wichtigste Solopartie hatte Daniel Tilch als Evangelist und Arientenor, die er mit metallisch heller Stimme und großer Textverständlichkeit souverän gestaltete. Berührend, mit sonorer Bassstimme, sang Sebastian Klein die Partie des Christus. Gerrit Schwan gab der Gestalt des Pilatus baritonales Profil. Weitere kleinere Aufgaben (Magd, falsche Zeugen und der sehr engagierte Hohepriester), wurden von den Solistinnen und zwei Chorsängern (Frank Boes, Martin Klein) übernommen. Telemanns Kunstfertigkeit zeigte sich besonders in den wunderbaren Arien, die mit rokokohaften Verzierungen, langen Koloraturen und ausdrucksstarken Harmoniewechseln die jeweiligen Gefühlslagen schilderten. Irene Carpentier silbrig bewegter Sopran und der herrlich raumfüllende, warme Alt von Stephanie Geueke verkörperten als Unschuld, Wahrheit, bußfertige Seele und Glaube den anteilnehmenden Menschen. Von den Solisten des perfekt mit feiner Artikulation begleitenden Orchesters (Konzertmeister Sohei Takahata) seien erwähnt, der Hornist Michael Nassauer (er meisterte zwei sehr hohe Hornsoli) und der Blockflötist Martin Jung. Das Continuo mit Ulrike Tiedemann, Cello und Ulrich Stötzel, Orgel war die bewährte Stütze des Ganzen. Andrea Stötzel nahm als fordernde und führende Dirigentin des Abends zusammen mit allen Mitwirkenden den dankbaren, großen Applaus nach einer Gedenkminute entgegen.

Isabel Lippitz