Konfirmation – „Geh mit Gottes Segen!“

 

Konfirmation –  „Geh
mit Gottes Segen!“

In diesen Tagen
begeht unsere Gemeinde das größte Fest im Jahreslauf – jedenfalls,
was die Zahl der beteiligten Menschen angeht. Fast achtzig junge
Leute feiern mit ihren Familien die Konfirmation. Und deshalb wird
an drei aufeinander folgenden Sonntagen jeweils eine unserer Kirchen
rappelvoll sein. Das schaffen wir noch nicht mal zu Weihnachten.
Die heimische Gastronomie wird gute Geschäfte machen, die Bekleidungsläden
auch. Und bei den Konfirmierten werden sich Geld und Geschenke im
Wert von rund 160 000 € ansammeln. Das ist – auf lokaler Ebene –
durchaus ein gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges und auch
ein ganz ordentlicher Wirtschaftsfaktor.

Aber wenn ich
das so schreibe, wird sich wohl bei vielen ein gewisses Unbehagen
breit machen. Konfirmation als Gesellschafts-Event und als lukratives
Geschäft? Darum geht es aber doch gar nicht, oder? Es geht doch
um Gottes Segen für den Lebensweg dieser jungen Menschen. Es geht
um das bewusste und persönliche Ja zur Taufe, die immer noch den
meisten als kleinen Kindern zuteil wurde, ohne dass sie sich selber
dazu äußern konnten. Es geht darum, ein mündiges Glied in der Gemeinschaft
der Christen zu werden.

Natürlich haben
Sie recht, wenn Sie so denken. Ich sehe das alles ja auch so. Aber
vielleicht machen die genannten Zahlen und Fakten deutlich, wie
schwer es für die Konfis ist, ihren eigenen Glauben in den Mittelpunkt
ihrer Konfirmation zu stellen. Dieses erste große Fest ihres Lebens
ist ein Ereignis, mit dem sich für Eltern, Familie, Freunde, Geschäftsleute,
Kirche und letztlich auch für sie selbst viele sehr unterschiedliche
Wünsche und Interessen verbinden. Und es kommt in einem Alter über
sie, wo sie gerade erst begonnen haben, ihren eigenen festen Standpunkt
im Leben zu finden und wo es ihnen unheimlich schwer fällt, aus
der Reihe der Menschen zu tanzen, bei denen sie gern anerkannt sein
wollen. Da wäre es ein echtes Wunder, wenn sie sich in großer Zahl
dazu bekennen würden, dass für sie der Glaube an Jesus Christus
im Mittelpunkt der Konfirmation steht. Denn das sagt „man“ eben
nicht einfach so unter Dreizehn-, Vierzehnjährigen. „Ich mach das
wegen dem Geld“ ist da die bequemere, plausiblere Auskunft, aber
nicht unbedingt die ehrlichere.

Um herauszubekommen,
was die Jugendlichen wirklich über ihre Konfirmation denken, muss
man also länger mit ihnen zu tun haben, mit ihnen vertraut werden
und ihnen gut zuhören. Und dann wird man Erstaunliches entdecken.
Zum Beispiel, dass viele Konfis durchaus nicht nur gelangweilt da
sitzen und sich ihren Stundenlohn ausrechnen, wenn wir uns samstags
zum „Blocktag“ treffen, sondern dass sie Spaß haben an dem, was
wir da tun. Zum Beispiel, dass sie am Ende ihrer Konfizeit zwar
kein einziges Gesangbuchlied auswendig können und mit dem Stichwort
„Katechismus“ nichts anfangen können, dass sie aber trotzdem sagen:
„Wir haben hier Wichtiges über den Glauben gelernt und mit dem Glauben
erlebt.“ Zum Beispiel, dass für die allermeisten eben doch das Stichwort
„Gottes Segen“ ganz weit oben rangiert, wenn es um die Bedeutung
der Konfirmation geht. Zum Beispiel, dass gar nicht so wenige bereit
sind, sich über das Nötigste hinaus zu engagieren, auch nach der
Konfirmation. Natürlich gibt es auch die anderen, die dem allgemeinen
Vorurteil eher entsprechen, aber sogar bei denen sind oft mehr Fragen
und mehr Interesse vorhanden, als sie zugeben – und außerdem gab
es die doch schon immer, oder?

Also sollten wir
die Konfirmation weder für eine verlogene Show halten noch sie mit
Bedeutung überfrachten. Sie ist nicht das entscheidende Ereignis
auf dem Weg zum Glauben oder mit dem Glauben, sondern sie ist nur
eine wichtige Station unter vielen auf unserer Lebensreise mit Gott:
ein Stück Erwachsenwerden, ein Stück persönliche Aneignung dessen,
was Glaube bedeutet, ein Sich-Öffnen Gott für seinen Segen und seine
Begleitung ins Leben hinein. Nichts ist fertig an diesem Tag, nichts
ist zu Ende, sondern vieles fängt jetzt erst richtig an. Wenn Sie
mal selber überlegen, was Sie seit Ihrer Konfirmation in Ihrem Verhältnis
zu Gott oder zur Gemeinschaft der Christen alles erlebt haben, wie
viel Auf und Ab und Hin und Her es da gab, dann werden Sie das bestätigen
können.

Also lassen wir
unseren Konfis und Ihren Familien ihr Fest, gönnen wir ihnen diesen
Tag, an dem sie endlich mal ganz im Mittelpunkt stehen, und gönnen
wir ihnen auch ruhig den warmen Geldregen, der sich über sie ergießt.
Sie werden schon was Sinnvolles damit anzufangen wissen. Aber vor
allem wünschen wir ihnen von Herzen, was sie selber sich auch wünschen,
nämlich den Segen unseres Gottes. Er ist der einzige, der ihnen
ins Herz schauen kann, und er tut es nicht kalten, prüfenden oder
gar argwöhnischen Blicken, sondern voller Liebe. Bei ihm und mit
ihm sind sie auch als Konfirmierte bestens aufgehoben – so wie wir
alle.

Ihr Pastor Klein