Auf ein Wort…..

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist schon einige
Jahre her, dass mir dieses Haus aufgefallen ist, ein Doppelhaus
auf der Strecke zwischen Geisweid und Kreuztal. Kaum hat die Adventszeit
begonnen, ist die rechte Hälfte gleich hell erleuchtet. An jedem
Fenster hängt mindestens ein weihnachtliches Motiv: Sterne, Engel,
Tannenbäume, Schnee- und Weihnachtsmänner – eben alles, was der
Markt so hergibt. Die linke Hälfte dagegen liegt völlig im Dunkeln.
Und jedes Mal, wenn ich an diesem Haus vorbeifahre, denke ich: Da
möchte ich lieber wohnen. In einem Haus, in dem es hell werden kann.

Jetzt denken Sie
vielleicht: Na, die ist aber komisch! Wer will denn schon in einem
dunklen Haus wohnen? Ein Haus mit erleuchteten Fenstern wirkt doch
viel gemütlicher und einladender. – Da haben Sie natürlich Recht.
Aber dieses Haus mit seinen ungleichen Hälften ist für mich zu einem
Sinnbild geworden.

Genau das ist ja Advent:
ein
Haus,
ein Herz,
ein Leben, in dem es allmählich hell wird.

Denn Advent beginnt im Dunkel,
da,
wo alles finster scheint,
ohne Aussicht,
ohne Lichtblick,
ohne
Hoffnungsschimmer.

Advent beginnt im Dunkel und
führt ins Licht,
Schritt für Schritt heraus aus der Dämmerung,
aus dem Schatten.

Advent beginnt im Dunkel.
Denn
nur da kann es hell aufleuchten, das Licht der Welt,
Licht für
alle, die im Dunkel wohnen.

Diese Hoffnung
möchte ich wach halten. Ich möchte nicht vergessen, worauf ich warte.
Denn ich habe den Eindruck: Viele warten auf gar nichts. Man sieht
eben nur zu, dass man den Stress in der Zeit vor Weihnachten irgendwie
bewältigt und hofft dann auf ein paar ruhige Feiertage. Wer auf
nichts wartet, der erwartet kaum noch etwas für die Zukunft. Genau
deshalb möchte ich lieber in der dunklen Hälfte des Doppelhauses
wohnen: Dort kann sich etwas verändern. Es kann hell werden. Mit
dieser Verheißung leben wir im Advent: „Das Volk, das im Finstern
wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im
finstern Lande, scheint es hell.“ (Jesaja 9,1)

Gottes Glanz bricht
sich Bahn, sein Licht zieht über uns auf. Die ganze Welt beginnt
zu leuchten. In seinem Schein erkennen wir auch unseren Weg und
unser Ziel.

Mit guten Wünschen
für eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit

Ihre Pastorin
Almuth Schwichow

Projekt November/Dezember


Projekt  November/Dezember

“Brot für die Welt“

Wie in dem vergangenen
Jahr unterstützen wir auch heute wieder die Aktion „Brot für die
Welt“ mit unserem Projekt für die Adventszeit. „Brot für die Welt“
leistet weltweit in verantwortungsvoll geleiteten Projekten Hilfe
zur Selbsthilfe. Die Heiligabend-Kollekte dient dem gleichen Zweck.

Sie können Ihre Spende abgeben oder auf das Konto der Ev.-ref.
Kirchengemeinde Klafeld, Nr. 30 306 872 bei der Sparkasse Siegen
(BLZ 460 500 01)
mit dem Kennwort “Brot für die Welt“
überweisen.
Eine Spendenbescheinigung stellen wir gerne aus.


Burkina Faso

Überleben im Klimawandel

Bauernfamilien kämpfen gegen
die zunehmende Trockenheit.
Sie setzen auf nachhaltige Landwirtschaft.

Die Kinder sterben
leise. Viele sind mangelernährt und deshalb anfällig für Infektionen.
Vom Trinkwasser aus verschmutzten Tümpeln bekommen sie Durchfall.
Schließlich sind manche so dehydriert und erschöpft, dass sie in
den Tod dämmern. In Burkina Faso stirbt jedes fünfte Kind vor seinem
fünften Geburtstag.


Augustine
soll es einmal besser haben, hofft Martine Ouedraogo.
Vor allem soll sie gesund aufwachsen.

Foto:
Christoph Püschner

Doch Augustine
soll leben. Ihre Mutter Martine Ouedraogo sitzt vor der Gesundheitsstation
des Dorfes Soaw im Staub und birgt die Einjährige auf ihrem Schoß.
Mit ihr warten viele Dutzend Mütter mit ihren Säuglingen auf Betreuung.
„Ihr dürft nur das Wasser aus den Brunnen trinken!“, ruft ihnen
eine junge Krankenschwester zu. „Aber das Wasser aus dem See schmeckt
besser!“, erwidert eine Mutter. „Vom Seewasser bekommt ihr  Durchfall“,
sagt die Krankenschwester. „Und damit eure Kinder gesund bleiben,
müsst ihr vor dem Stillen eure Brüste mit Brunnenwasser waschen.“

Martine Ouedraogo
hört aufmerksam zu. 28 Jahre ist sie alt und Mutter von drei Kindern:
Augustine, die vierjährige Carine und die siebenjährige Rosine.
Sie sollen es einmal besser haben als ihre Mutter; die nie lesen
und schreiben gelernt hat, vor allem sollen sie gesund aufwachsen.
Deshalb ist Martine gekommen: Bevor Augustine gewogen und geimpft
wird, lernt sie alles, was eine Mutter über Hygiene wissen muss.

Die Krankenschwester,
die sie unter-richtet, arbeitet beim Office de Développement des
Eglises Evangéliques (ODE), an dem sich zehn protestantische Kirchen
beteiligen. Das kirchli-che Entwicklungsbüro kümmert sich nicht
nur um die Gesundheitsvorsorge. Die allgemeine Klimaveränderung
zwingt die von der Aktion „Brot für die Welt“ finanzierten ODE-Programme,
sich auf  die Ernährungssicherung zu konzentrieren: Am Südrand
der Sahelzone deutet alles darauf hin, dass sich die Trockenheit
dauerhaft ausdehnen wird. 90 Prozent der Menschen leben allein von
dem, was sie ernten. „Manchmal haben wir nicht genug zu essen“,
sagt Martine.

Vieles hat sich
bereits zum Guten gewendet. Ihr Mann Justin, den die ODE ausgebildet
hat, berät andere Bauern in nachhaltiger Landwirt-schaft. Gemeinsam
kämpfen sie gegen die Erosion ihrer Äcker und für die Steigerung
ihrer Ernten. Sie bauen Steinwälle gegen den Wind, der den Mutterboden
abträgt, legen Komposthaufen und Dunggruben an. Offenbar mit Erfolg:
„Das Gemüse auf unseren Felder gedeiht besser“, sagt Martine. Einige
Bauern haben ihre Erträge bereits so weit gesteigert, dass sie Teile
ihrer Ernte verkaufen und Geld zurücklegen konnten. Martine schmiedet
bescheidene Zukunftspläne: „Ich hoffe, durch bessere Erträge in
Zukunft genug Geld für meine Familie zu haben, um Schulgebühren,
Kleidung und Medizin bezahlen zu können.“

Text: Bernd Hauser
 

Träger  Office
de Développement des Eglises Evangéliques (ODE)

Finanzierung (drei Jahre)

„Brot für die Welt“

€  243.920,-

Was kostet wie viel?

Bau einer Gesundheitsstation für
werdende Mütter 

€    15.245,-

Bett und Matratze für eine Gesundheitsstation

€         152,-

Anbau von 70.025 Pflanzen zum
Schutz von Dämmen

€      5.338,-

www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/ode


Weitere
Information zum Projekt Sie können downloaden.

Burkina Faso (pdf – Format)
 

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Aktion: Freiwilliges Kirchgeld

„Meine Kirche – dafür habe
ich etwas übrig“

Unter
diesem Motto werben viele Gemeinden im Kirchenkreis
Siegen und anderswo um ein „freiwilliges Kirchgeld“.
Auch unsere Gemeinde schließt sich dieser Aktion nun
an und bittet Sie um Ihre Unterstützung. Dazu müssen
wir Ihnen natürlich zunächst ein paar wichtige Fragen
beantworten:

Was ist überhaupt „freiwilliges Kirchgeld“?

Die Einkünfte
einer Kirchengemeinde bestehen bisher aus der Zuweisung von Kirchensteuern
entsprechend der Gemeindegliederzahl, aus sonstigen Einnahmen wie
Mieten, Pachten usw. sowie aus Spenden und Kollekten. Für die meisten
Gemeinden, auch für unsere, macht die Kirchensteuer dabei den Löwenanteil
aus. Die Einnahmen daraus sind aber in den letzten fünfzehn Jahren
kontinuierlich gesunken und werden aller Voraussicht nach weiter
sinken. Hauptgrund dafür ist die demographische Entwicklung, die
sowohl die Zahl der (berufstätigen) Kirchensteuerzahler als auch
der Kirchenmitglieder im Ganzen schrumpfen lässt. Dazu kommen Austritte
und die immer noch hohe Arbeitslosigkeit. Gestiegene Steuereinnahmen
durch bessere Wirtschaftsdaten haben diesen Prozess in letzter Zeit
etwas verlangsamt, können ihn aber nicht stoppen. Wir müssen also
sparen, wo wir können, aber auch neue Einnahmequellen erschließen.
Mit dem Kirchgeld setzen wir dabei auf Menschen, die keine Kirchensteuern
(mehr) zahlen, denen ihre Kirche aber soviel wert ist, dass sie
freiwillig einen festen Betrag im Monat oder im Jahr für unsere
Arbeit zur Verfügung stellen. Anders als die Kirchensteuer käme
er direkt und ungeschmälert der Gemeinde zugute. Und anders als
bei punktuellen Spenden hätten wir eine regelmäßige Einnahme, die
uns besseres Planen und Wirtschaften ermöglicht. Die Höhe des Betrages
und die Dauer der Zahlung bestimmen Sie!

Warum brauchen wir für unsere Gemeinde Kirchgeld?

Von der allgemeinen
Entwicklung ist die Gemeinde Klafeld besonders stark betroffen.
Innerhalb von 40 Jahren hat sich unsere Gemeindegliederzahl von
13 500 auf 7950 fast halbiert, obwohl die Ortschaften Sohlbach und
Buchen noch dazu gekommen sind. Gleiches gilt zeitversetzt für die
Kirchensteuern: 1993 waren im Haushalt umgerechnet 592 000 € angesetzt,
2008 sind es nur noch 309 000 €. Trotz schmerzhafter Einsparungen,
u. a. durch die Schließung von Kirchen und Gemeindehäusern, fehlen
uns immer noch rund 70 000 €, um den Haushalt ausgleichen zu können.
Wir müssen also die Ausgaben weiter reduzieren, können und wollen
unsere Gemeinde aber auch nicht „kaputt sparen“. Wir können weder
auf noch mehr Räumlichkeiten verzichten, noch können wir unsere
Kindertagesstätten oder unsere Kinder- und Jugendarbeit aufgeben,
wenn wir auch in Zukunft eine lebendige Gemeinde sein wollen. Also
brauchen wir zusätzliche Einnahmen, und das Kirchgeld ist ein wichtiger
Beitrag dazu. Für 2008 haben wir uns erst einmal eine Summe von
10 000 € vorgenommen. Das klingt mutig, aber wenn wir nur hundert
Menschen fänden, die zehn Euro im Monat für ihre Gemeinde übrig
hätten, wäre diese Summe bereits übertroffen!

Wofür soll das Kirchgeld konkret eingesetzt
werden?

Darüber können
Sie mit entscheiden, indem Sie unter verschiedenen Projekten dasjenige
auswählen, das Ihnen am wichtigsten ist. Wir machen dazu folgende
Vorschläge:

  1. Talkirche:
    Auch
    nach Fertigstellung der Orgel wird an dem denkmalgeschützten
    Gebäude immer eine Menge zu tun sein. Sie können uns dabei helfen,
    unser zentrales Gotteshaus auch für künftige Generationen zu
    erhalten.
     
  2. Konfirmandenarbeit:
    Unser
    neues Modell mit Blocktagen, Freizeiten und Projekten ist ein
    großer Gewinn für Konfis und Mitarbeitende, es verursacht aber
    auch höhere Kosten für Material oder die gemeinsamen Mahlzeiten.
    Sie können mit dazu beitragen, diese Kosten zu decken.
     
  3. Kindertagesstätten:
    Unsere
    sechs Kindertagesstätten, die gerade zu einem Evangelischen
    Familienzentrum zusammenwachsen, sind für uns eine wichtige
    Investition in die Zukunft. Ihr Etat, besonders für Spiel- und
    Bastelmaterial, ist knapp bemessen. Mit Ihrer Hilfe könnten
    wir z.B. neue Spielgeräte fürs Außengelände anschaffen, die
    dringend benötigt werden.
     
  4. Gemeindearbeit
    in den Außenbezirken:

    Auch in den Bereichen, wo wir Gebäude
    schließen mussten, möchten wir als Kirchengemeinde präsent bleiben,
    um unseren Gemeindegliedern zu zeigen, dass sie bei uns nicht
    abgeschrieben sind. Deshalb haben wir den Fahrdienst zum Gottesdienst
    eingerichtet und mieten für Gemeindegruppen und besondere Veranstaltungen
    Räumlichkeiten an. Sie können uns dabei unterstützen, dieses
    Angebot aufrecht zu erhalten und ggf. auszubauen.

Zum Schluss sei
noch mal betont: Das Kirchgeld ist eine völlig freiwillige Angelegenheit.
Ob und wie viel sie dazu beitragen möchten, ist ganz allein Ihre
Sache. Und niemand, der nicht mitmachen kann oder will, wird deshalb
von uns schief angeguckt. Wenn Sie aber mitmachen und das gern tun,
sind Sie uns eine große Hilfe. Dafür schon jetzt herzlichen Dank!

 

 Download :

Faltblatt-Kirchgeld (pdf – Format)

 

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Predigt vom 27. Oktober

GOTTESDIENST
FÜR DEN EINUNDZWANZIGSTEN
SONNTAG NACH TRINITATIS

Wenschtkirche, 12.10. 2008
Pfr.
Dr. Martin Klein
Text: 1.Kor 12,12-27

Denn wie der
Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes
aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus.
Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir
seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit
einem Geist getränkt.
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied,
sondern viele. Wenn aber der Fuß spräche: „Ich bin keine Hand, darum
bin ich nicht Glied des Leibes“, sollte er deshalb nicht Glied des
Leibes sein? Und wenn das Ohr spräche: „Ich bin kein Auge, darum
bin ich nicht Glied des Leibes“, sollte es deshalb nicht Glied des
Leibes sein ? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör?
Wenn er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruch? Nun aber hat Gott
die Glieder eingesetzt, ein jedes von ihnen im Leib, so wie er gewollt
hat.
Wenn aber alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib?
Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Das Auge
kann nicht sagen zu der Hand: „Ich brauche dich nicht“; oder auch
das Haupt zu den Füßen: „Ich brauche euch nicht“. Vielmehr sind
die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen,
die nötigsten; und die uns am wenigsten ehrbar zu sein scheinen,
die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den unanständigen
achten wir besonders auf Anstand; denn die anständigen brauchen’s
nicht. Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren
Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern
die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. Und wenn ein Glied
leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird,
so freuen sich alle Glieder mit.
Ihr aber seid der Leib Christi
und jeder von euch ein Glied.

 

Viele Glieder,
aber ein Körper, und das Ganze funktioniert nur, wenn alle Glieder
gut zusammenspielen. Das ist ein anschauliches, einleuchtendes Bild.
Schon lange vor Paulus wurde in verschiedensten Zusammenhängen davon
Gebrauch gemacht. Er musste es also nicht neu erfinden. Und außerdem
lag es ihm nahe, weil für ihn die Gemeinde ohnehin der Leib Christi
war. Wir alle, schreibt er, gehören dazu, weil wir getauft sind
und den Geist Gottes empfangen haben, und wir bestätigen und erneuern
diese Zugehörigkeit jedes Mal, wenn wir gemeinsam Abendmahl feiern.
Unterschiede zwischen Juden und Heiden, Freien und Sklaven, Männern
und Frauen, Armen und Reichen, Gebildeten und Ungebildeten werden
dabei nicht gemacht. Alle gemeinsam bilden den Leib Christi, alle
zusammen sind der Ort, an dem Christus auf Erden gegenwärtig ist.

Ein Leib – viele
Glieder: zahllose Ausleger zu allen Zeiten der Kirchengeschichte
haben dieses Bild begeistert aufgegriffen. Früher wollte man damit
oft die bestehenden Verhältnisse zementieren, so nach dem Motto:
Jedes Glied hat seinen Platz, und wenn deiner nun mal eher unten
in der Hierarchie ist, sei zufrieden: auch du wirst gebraucht, und
vor Gott bist du nicht weniger wert als die oberen Ränge, die dir
nicht zustehen. Heute sieht man das Ganze eher demokratisch: Alle
sind verschieden, aber alle werden auch gebraucht. Jede und jeder
hat etwas einzubringen, und nur in gleichberechtigtem, eben „organischem“
Zusammenwirken kann es funktionieren.

Ein wunderbares
Bild also – gerade für Zeiten wie unsere, wo alle von „Beteiligungskirche“
reden und wo das Ehrenamt in der Gemeinde immer wichtiger wird.
Wer wollte also Paulus widersprechen? Genauso, wie er’s beschreibt,
so und nicht anders soll die Kirche sein – da sind wir uns einig,
und das quer durch Frömmigkeitsstile und Konfessionen.

Jedenfalls in
der Theorie. Wenn das schöne Bild jedoch Realität werden soll, ganz
konkret, ganz praktisch, dann wird’s schwierig. So war es schon
damals in Korinth. Da meinten nämlich bestimmte Gemeindeglieder,
dass sie gleicher seien als andere: „Uns hat der heilige Geist schon
vollkommen gemacht“, sagten sie. „Wir sind längst erhaben über die
Niederungen des irdischen Daseins. Wir beherrschen die Sprache der
Engel – was sollen wir uns da noch mit dem geistlichen Fußvolk und
ihren Skrupeln abgeben!“ Und die anderen fühlten sich entsprechend
minderwertig: „Über mich ist noch nie der Geist gekommen. Ich kann
nicht in Zungen reden. Ich kann keine Weissagungen von mir geben
und keine Kranken heilen. Also gehöre ich nicht richtig dazu und
bin nichts wert.“

Wer als Otto-Normal-Christ
aus der Landeskirche in die Calvary Chapel gerät, dem kommen vielleicht
heute noch solche Gedanken. Aber es gibt diesen Dünkel der besseren
Christen auch in ganz anderen Formen, und da müssen wir ganz schnell
wieder vor der eigenen Tür kehren. Da schauen dann zum Beispiel
die Aktiven aus der „Kerngemeinde“ auf die so genannten „U-Boot-Christen“
herab, die nur zu Weihnachten oder zur Konfirmation mal auftauchen
– obwohl die immerhin bewusst in der Kirche bleiben und einen Großteil
der Kirchensteuer zahlen, ohne die auch die „Kerngemeinde“ nicht
existieren könnte. Andersherum gibt es das allerdings auch. Da verweist
dann der Nicht-Kirchgänger auf seine Frömmigkeit und seinen achtbaren
Lebenswandel und hält sich deshalb für einen besseren Christen als
so manchen, „der jeden Sonntag in die Kirche rennt“.

Ich glaube allerdings,
dass die Einbildung der geistlichen Höhenflieger heute nicht unser
Hauptproblem ist. Das liegt eher beim mangelnden Zutrauen der Normalchristen.
Heute halten sich viel zu viele Gemeindeglieder für völlig unwichtig
und für absolut ungeeignet, die zentralen „Körperfunktionen“ der
Gemeinde wahrzunehmen. „Ich soll in der Gemeinde mitarbeiten, vielleicht
gar Presbyter werden?“ sagt da mancher, den man fragt. „Da hab ich
doch keine Ahnung von, und zum Gottesdienst gehe ich auch viel zu
selten, und überhaupt sollen da mal lieber die ran, die nicht so
sind wie ich“ – also jünger oder älter, erfahrener oder unverbrauchter,
konsensfähiger oder aufmüpfiger, je nachdem. – „Ich soll mich an
einem Bibelgespräch beteiligen?“ höre ich öfter. „Da kann ich doch
gar nicht mitreden!“ – Oder: „Ich soll ein Gebet sprechen? Machen
Sie das mal lieber, Herr Pastor, sie können das doch viel besser!“

Wie kommt es,
dass viele Gemeindeglieder sich so verstecken und ihr Licht unter
den Scheffel stellen? Sind sie wirklich alle so unbegabt? Das kann
ich nicht glauben! Oder wollen sie nur nicht so direkt sagen, dass
sie keine Zeit oder keine Lust zum Mitmachen haben? Das trifft es
wohl auch nicht, jedenfalls nicht immer. Ich denke, es sind zwei
andere Gründe, die hier die Hauptrolle spielen.

Zum einen haben
viele entweder noch nicht entdeckt, was gerade sie besonders gut
können, oder sie können sich nicht vorstellen, dass gerade ihre
Fähigkeiten in der Gemeinde gebraucht werden. Ihnen sei gesagt:
Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch von Gott mindestens eine besondere
Gabe mitbekommen hat. Und ich bin überzeugt, dass es keine Gabe
gibt, die Gott in seiner Kirche nicht gebrauchen kann. Also kann
ich uns allen nur immer wieder Mut machen, uns auf die Suche nach
unseren Gaben zu machen – am besten zusammen mit anderen, denn die
sehen manchmal mehr als wir selber. Und wenn wir sie dann gefunden
haben, die Gaben, dann wird uns schon etwas einfallen, wie wir sie
zur Ehre Gottes einsetzen können.

Und zum anderen
halten sich wohl viele so zurück, weil sie nicht erkennen, dass
es ihnen persönlich einen Gewinn bringen könnte, sich in der Gemeinde
zu engagieren. Dass es froh und zufrieden machen kann, sich zusammen
mit anderen für eine gute Sache einzusetzen. Dass es das Selbstbewusstsein
stärkt, wenn man merkt: „Ich kann ja was, und andere profitieren
davon.“ Dass es den Horizont erweitert, wenn man seinen Glauben
mit anderen teilt. Dass es gut tut, Teil einer Gemeinschaft zu sein,
die Halt gibt und Mut macht. Dass gemeinsame Ziele das Leben sinnvoller
machen. Und manches mehr.

Nun funktioniert
das alles natürlich nicht von selbst, und es kommt auch keine heile
Welt dabei heraus. Wo fehlbare Menschen wie wir an einer gemeinsamen
Sache arbeiten, da gibt es zwangsläufig auch Ärger, Streit und Missverständnisse,
die einem manchmal das Leben ganz schön schwer machen. Schon der
Apostel Paulus konnte ein Lied davon singen, und die Gemeinde Klafeld
kann es auch. Wahrscheinlich müsste der Organismus Gemeinde zwangsläufig
zugrunde gehen, wenn wir nicht, wie Paulus es tut, Christus mit
ins Bild nehmen. Wir sind die Glieder, sagt Paulus, aber der Körper
ist Christus. „Kirche – das sind wir“, sagen oder hören wir gern,
und es ist ja auch nicht falsch. Aber was uns und damit die Kirche
zusammenhält, das ist Jesus Christus selber, der auferstanden ist
und lebt und uns seinen heiligen Geist schenkt.

Das klingt jetzt
vielleicht wieder zu abstrakt und theoretisch. Aber man kann es
auch ganz konkret und praktisch sehen. Zum Beispiel, indem wir uns
als Kirche und Gemeinde bei allem, was wir tun, danach fragen, was
denn wohl Jesus dazu sagen würde. Ob wir so an Gott glauben und
von ihm reden, wie er von ihm geredet hat. Ob das, was wir tun und
lassen, der Liebe entspricht, die er uns vorgelebt hat und uns ins
Herz geben will. Und ob wir so in die Zukunft schauen, wie es der
Hoffnung auf Gottes Herrschaft entspricht, die er in uns geweckt
hat. Wenn wir das wirklich täten, würden wir manches besser und
vieles anders machen. Aber wir könnten es auch, weil er uns die
Kraft dazu gibt.

Genau das wünsche
ich auch unserer Kirchengemeinde: den Presbytern und Pfarrern, die
die Leitungsverantwortung tragen, den bezahlten Mitarbeitern und
den vielen Ehrenamtlichen, die Chöre, Gruppen und Kreise leiten,
Kinder-, Konfirmanden- und Jugendarbeit betreiben, sich um die Gebäude
oder die Finanzen der Gemeinde kümmern. Ich wünsche uns, dass wir
über den vielen Einzelheiten das Ganze nicht aus dem Blick verlieren.
Und dieses Ganze heißt nicht nur Evangelisch-Reformierte Kirchengemeinde
Klafeld und auch nicht nur Evangelische Kirche von Westfalen. Das
Ganze heißt Jesus Christus. Er ist der Leib, dessen Teile wir alle
sind. Er ist unser Anfang, unsere Mitte und unser Ziel. Gerade,
wenn wir auf ihn schauen, wird unser Blick frei für das, was hier
und jetzt zu tun ist. Lasst es uns anpacken in seinem Namen!

Amen.