„Karibu sana – Herzlich willkommen!“

So hieß es am 8. August für die Delegation aus unserem Kirchenkreis im fernen Tansania in Ostafrika. Sechzehn Frauen und Männer hatten sich auf den Weg gemacht, die verschiedenen Partnergemeinden im Kirchenkreis Magharibi zu besuchen. Mit dabei auch Peter-Thomas Stuberg, unser Superintendent, zwei Abiturientinnen vom Ev. Gymnasium in Weidenau und Heidi Soose, seit 2004 Presbyterin hier in Klafeld. Ich befragte sie am 11. September nach ihren Eindrücken und Erlebnissen in unserer Partnergemeinde Bagamoyo und in anderen Teilen des Landes.

Beschreibe die dreiwöchige Reise zunächst mit einigen wenigen Worten.

Einzigartig, anrührend, intensiv. – Ich bin immer noch überwältigt von dem, was ich gesehen und erlebt habe. Meine anfängliche Angst bezüglich Krankheiten, Unterkunft, Essen und anderen Widrigkeiten war schon bei der herzlichen Begrüßung am Flughafen und dann auch in Bagamoyo wie weggeflogen. Insgesamt habe ich viele wichtige Erfahrungen gemacht, die ich nicht mehr missen möchte und die mir keiner mehr nehmen kann.

Was hat dich besonders beeindruckt?

Zum einen die Herzlichkeit der Menschen, die in der Regel in ganz einfachen Verhältnissen leben. Und ihre Gastfreundschaft, die wird dort wirklich ganz groß geschrieben. Dabei wurden wir gar nicht als Gäste angesehen, sondern als Mitglieder der einzelnen Familien. Alle waren auf unser Wohl bedacht, jeder wollte helfen. Noch mehr hat mich aber die tiefe Frömmigkeit der dort lebenden Christen beeindruckt. Wir haben täglich miteinander gesungen und gebetet und in der Bibel gelesen. Man sieht und spürt ihre Freude am und im Glauben. Immer und überall. Und sie schöpfen jeden Tag Kraft daraus. Superintendent Stuberg hat es so formuliert: ´Ich habe den Eindruck, bei den Christen in Tansania fließen der Glaube und das Leben ineinander. Man lebt den Glauben!´ Genauso habe ich das auch wahrgenommen.

Wie viele Frauen, Männer und Kinder besuchen in Bagamoyo die sonntäglichen Gottesdienste?

Heidi Soose mit einigen Gemeindegliedern beim Erinnerungsfoto im Gebäude der Sonntagsschule
Heidi Soose mit einigen Gemeindegliedern beim Erinnerungsfoto im Gebäude der Sonntagsschule

Alle! Du hast richtig gehört: Alle. Die Menschen dort sind keine ´Papierchristen´. Zum Christsein gehört das Besuchen des Gottesdienstes einfach dazu. Die Erwachsenen gehen entweder um 7.00 Uhr oder um 10.00 Uhr in die Kirche, ihre Kinder treffen sich zeitgleich in der Sonntags-schule. Die Gottesdienste dauern in der Regel zwei bis zweieinhalb Stunden! Und immer singen Chöre.

Ich habe gehört, dass in unserer Partnergemeinde eine neue Kirche gebaut werden soll.

Stimmt! Die jetzige ist zu klein geworden. Denn die Zahl der Christen in Bagamoyo hat sich von 300 inzwischen fast verdoppelt. Interessant für die Klafelder ist vielleicht in diesem Zusammenhang, dass ungefähr 90 % der Bevölkerung Moslems sind. Aber auch in den anderen Städten und Dörfern werden bestehende Kirchen vergrößert oder Neubauten errichtet.

Hast du von der diametral verlaufenden Entwicklung in Deutschland und speziell in Klafeld berichtet?

Natürlich. Dass bei uns die Gemeindegliederzahlen zurückgehen und Gotteshäuser geschlossen und entwidmet werden müssen, ist für die Christen im Kirchenkreis Magharibi einfach unvorstellbar.

Erzähl uns etwas über den Alltag der Menschen und über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Die Menschen kann man überwiegend als arm bezeichnen, viele sind ohne Arbeit. Trotzdem machen sie einen zufriedenen Eindruck. Sie sind selbstsicher und zeigen einen gewissen Stolz. Sie sind reinlich, obwohl der gesamte Umweltschutz bisher nur eine untergeordnete Rolle spielt; Müll wird zum Beispiel einfach verbrannt. Die Infrastruktur funktioniert nur teilweise, nicht alle Straßen sind geteert oder befestigt, oft fiel plötzlich der Strom aus. Man lebt in erster Linie von der Landwirtschaft und vom Fischfang, manche auch von einem Handwerk. In Bagamoyo gibt es jetzt Hoffnung für den Arbeitsmarkt: Zu nennen sind der aufkommende Tourismus, die geplante Errichtung eines neuen Handelshafens und die aufblühende Hochschule für Künste. Auch wird überall gebaut in der ehemaligen Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika. Es gibt noch viele ältere Gebäude aus der Kolonialzeit, das Fischerviertel ist sehenswert. Insgesamt hat die Stadt ein besonderes Flair. Die Menschen werden konsumorientierter: Fernseher, Computer und Handys gibt es schon in vielen Familien.

Noch kurz etwas zum Thema ´Schule´ und was dazu gehört: Bildung hat in Tansania einen sehr hohen Stellenwert. Alle Eltern wollen, dass ihre Kinder etwas lernen und gute berufliche Perspektiven haben. Und die Schülerinnen und Schüler wollen das auch. Deshalb gibt es auch keine Schulschwänzer. Übrigens: Überall werden Schuluniformen getragen.

Du weißt sicher, dass vor dir erst fünf Personen aus Klafeld in unserer Partnergemeinde waren: Paul-Heinrich Groos, Magdalena Kröber, Pfarrerin Almuth Schwichow, Andrea Schäfer und Merle Stötzel.

Ja. Wobei sich Almuth Schwichow schon dreimal in die Gästeliste eintragen konnte. Und die Ende März verstorbene Magdalena Kröber bei einem ihrer beiden Besuche fast zwei Jahre lang in Bagamoyo gelebt hat. Sie gilt überdies als Mitbegründerin des KILWAG-Projektes. Es hilft Frauen aus den Gemeinden des Kirchenkreises Magharibi bis heute, ein manchmal zusätzliches Einkommen für sich und ihre Familien zu erwirtschaften. Meistens wird das Geld für die Finanzierung der Schulkosten verwendet. Die Idee, Handarbeiten herzustellen und zu vermarkten, entstand 1994, als Paul-Heinrich Groos und Magdalena Kröber in Bagamoyo weilten. Heute sind etwa 280 Frauen aus den inzwischen acht Partnergemeinden (von Weidenau, Klafeld, Ferndorf/Kredenbach, Wilnsdorf, Buschhütten, Siegen/Martini, Siegen/Christus sowie Burbach) in das KILWAG-Projekt eingebunden. Inzwischen gehören auch eine Pilzzucht, der Anbau von Gemüse und die Herstellung von Babynahrung und Sojagetränken dazu.

Du hattest einige Geschenke mitgenommen.

Stimmt. Einige persönliche Mitbringsel für meine drei Gastfamilien. Alles andere waren  Geldbeträge, und zwar für die Gemeinde in Bagamoyo, für die Sonntagsschule, für die Kinder- und Jugendarbeit, für die Frauenkreise, für das KILWAG-Projekt und für die sechs Untergemeinden. Insgesamt habe ich 1.500 € überreicht. Die Freude war überall riesengroß, denn schon 100 € haben dort einen enorm hohen Wert. Aber auch mir hat man so einiges zukommen lassen, für mich persönlich und für unsere Kirchengemeinde. Diese Dinge werden sicher bald in der Vitrine in der Talkirche zu sehen sein.

Du könntest sicherlich noch lange über das wunderbare Land und seine Menschen erzählen. Wer am 27. Oktober zum Partnerschaftsgottesdienst kam, hat weitere Einzelheiten erfahren können. Zum Schluss bitte noch kurz etwas zu eurem sicherlich interessanten Reiseprogramm.

Wir waren auf der Insel Sansibar und im riesigen Ngorongoro – Krater im Norden des Landes. Ich kann nur sagen: Wunderschön und sehr beeindruckend! 25.000 Tiere bevölkern das Gelände: Zebras, Büffel, Gnus, Antilopen und Gazellen, aber auch Löwen, Elefanten, Leoparden und Flusspferde. Außerdem hat unsere Reisegruppe die Hauptstadt Dar es Salaam mit dem Bischofssitz besucht sowie die mögliche Partnerschule vom Evau und die Gemeinde Kiluvya, wo in einem Festgottesdienst die Partnerschaft mit der Kirchengemeinde Burbach begründet wurde.

Herzlichen Dank für das Interview! Man hat deutlich merken können, dass du gerne im fernen Tansania warst. Du bist heute noch überwältigt von all dem, was du sehen und erleben konntest. Und du hast eben für unsere Leserinnen und Leser von „Gemeinde jetzt“ mit großer Begeisterung von deiner Reise ins „Abenteuerland“ berichtet. Nochmals ein aufrichtiges Dankeschön!

Peter – Christian Rose