Kirchenkabrett: Rückblick

Brillantes Kirchenkabarett
mit Sabine Henke

Der Förderverein
für die Kinder- und Jugendarbeit hatte anlässlich des 10jährigen
Bestehens zu einem Kirchenkabarett ins Lutherhaus eingeladen. Rund
120 Gemeindeglieder und Interessierte waren der Einladung gefolgt.
Sie erlebten ein Feuerwerk an Wortwitz, Situationskomik und Wandlungsfähigkeit
– gezündet von Kabarettistin Sabine Henke aus Dortmund.

Unter dem Motto
"Frohlocken aus dem Tiefkühlfach" verstand sie es in genialer
Weise, die Zuschauer in die Welt ihrer Bühnenfiguren zu ziehen.
Während das Siegerländer Publikum sich bei den anfangs angebotenen
Häppchen noch dezent zurückhielt war spätestens beim Auftritt als
Bayerin im Dirndl der Bann gebrochen. Sie demonstrierte, wie man
bei der Schrittweite des Dirndls auf der Karriereleiter gut überholen
kann. Auch in Sachen Trendsportarten erwies sie sich auf dem neuesten
Stand. Das Extrem-Fishing auf der Zugspitze hat vor allem für die
Hausfrauen einen positiven Nebeneffekt: Nach Aufwickeln der 2 Kilometer
langen Angelschnur ist der Fisch gefroren!

Auch hinsichtlich
aktueller politischer Themen war Sabine Henke auf dem Laufenden.
Ob Elterngeld, G8-Gipfel oder Schröders Autobiographie – sie fand
zu allem einen passenden Kommentar. Doch das Kirchenkabarett nahm
hauptsächlich kirchenpolitische Themen auf die Schippe. Da gab es
die Unternehmensberatung für Dr. Luther. Der musste marketingmäßig
fit gemacht werden und sollte seine 95 Thesen runterkürzen auf drei.
Am Ende hieß es gar: „Stellen Sie die Reformation zurück und arbeiten
sie erst noch am Image.“ Auch als Sprecherin von Radio Ecclesia
(„Nichts sehen – wenig hören – aber viel glauben“) löste sie so
manche Lachsalve aus. Besonders komisch waren die Liedvorschläge
für die Autofahrer auf der Autobahn. Bei Tempo 180 ist beispielsweise
zu singen: „Nun aufwärts froh den Blick gewandt“.

In Zeiten, wo
die Finanzlöcher wie galaktische Wurmlöcher über den Kanzeln schweben,
statt dass der Himmel über allen aufgeht, da hilft nur eins: die
Payback-Karte als Werbemittel für die Gemeinde. Die Zigaretten qualmende
Frau Fischer, deren Mann Manfred bei der „Agentur“ beschäftigt ist
und die seine ALG II – Einkünfte in Tupperprodukte anlegt, ist schier
begeistert davon. Im aktuellen Gemeindebrief liest sie: „Besuchen
Sie drei Mal einen Gottesdienst und bringen Sie jemanden mit, das
gibt 4 Würstchen gratis beim nächsten Gemeindefest“.

Sabine
Henke brillierte in ihrer Paraderolle als Küsterin Frida Finkeldey.
Und spätestens an dieser Stelle wurde den Besuchern klar, dass Sabine
Henke ihre kirchliche Herkunft nicht leugnen kann und will. Sehr
filigran ist in der Rolle der ehemaligen Küsterin, die nun für die
Seniorengymnastik zuständig ist, die aktuelle Entwicklung in den
Kirchengemeinden eingewoben. Der Bustransfer vom Dorf in das zentrale
Gemeindehaus wurde genauso aufs Korn genommen wie der nicht geheizte
Gemeinderaum, das selbst mitgebrachte Geschirr und der Reinigungsdienst
per Handfeger und Kehrblech. Und woher wusste Sabine Henke eigentlich,
dass es auch in Klafeld einen „beklebten“ Gemeindebus gibt? 

 

Zahlreiche andere
Rollen waren Sabine Henke ebenso auf den Leib geschrieben. Sei es
als Pfarrerin auf Fortbildung oder auf der Kanzel. Wobei der Gottesdienst
wegen Nennung der zahlreichen Sponsoren erst mit fünf Minuten Verzögerung
beginnen konnte und dann wollte ihr einfach der Hauptsponsor nicht
einfallen („Im Namen …… des Vaters“). Auch als Erzieherin, die in
Anlehnung an Herbert Grönemeyer „Nehmt den Kindern das Kommando
– Kinder an die Wand“ trällert, war Sabine Henke genial.

Dass Sabine Henke
zu den profiliertesten Kirchenkabarettistinnen in Deutschland zählt,
hat sie an diesem Jubiläumsabend des Fördervereins deutlich unter
Beweis gestellt. Bei den Zuschauern blieb kein Auge trocken. Eine
Lachsalve folgte der nächsten. Und das alles ausgelöst durch feinfühlig
beobachtetes und in brillanten Rollen dargebotenes Kirchen- und
Weltgeschehen.
 So muss Kirchenkabarett sein!

Matthias Hess