Ein etwas anderer Rückblick

 

Weihnachtsmarkt 2012:  Ein
etwas  anderer  Rückblick

Geisweid, 12.12.12

Liebe Pauline!

Was machst Du
nur für Sachen? Von Lina hörte ich gestern, daß Du seit Donnerstag
mit einem Oberschenkelhalsbruch im Weidenauer Krankenhaus liegst.
Du wärst über den Schrubber gefallen. Warum läßt Du Dir mit Deinen
85 Jahren nicht endlich beim Putzen helfen? Du hast Töchter und
eine Schwiegertochter, und für eine Putzhilfe hättest Du mit Deiner
nicht niedrigen Witwenrente auch genug Geld. Aber nein! Du bist
in meinen Augen wirklich zu geizig. Aber das hab ich Dir ja schon
x-Mal gesagt. Und jetzt das! Vor dem Fest. Hoffentlich hast Du nicht
so starke Schmerzen!

So konntest Du
auch nicht zum Weihnachtsmarkt gehen. Schade! Diesmal dauerte er
sogar drei Tage, weil er schon am Freitagabend anfing. Der Bürgermeister
sprach wieder zur Eröffnung und auch der Kirchmeister Heinbach.
Dann traten die Turmbläser auf. Es war sehr kalt und zugig. Aber
wie Du weißt, laß ich mir den Markt nie entgehen. So schöne Hütten,
so ein tolles Angebot. Ich hab mir sofort einen Holzengel und ein
paar Weihnachtskarten gekauft. Und ich hab mir einen Glühwein gegönnt!
Ja, mit Alkohol! Ich sehe schon, wie Du den Kopf schüttelst. Du
trinkst ja nie einen Tropfen. Aber der heiße Punsch tat gut bei
der Kälte.

Dann die vielen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was die geschuftet haben! Manche
waren an den drei Tagen vierundzwanzig Stunden im Einsatz. Stell´
Dir das mal vor! Aufbauen, Dekorieren, Verkaufen, Aufwaschen, Stromleitungen
legen, Abbauen usw. Einige hatten kalte Füße. Manche haben sich
sogar eine Erkältung geholt. Aber die machen es gerne und wollen
auch beim nächsten Mal mittun, wenn unser Weihnachtsmarkt seinen
10. Geburtstag feiert. Dann nehme ich Dich mit und zeige Dir mal,
was alles im Gemeindehaus und in und um die Talkirche herum los
ist. Auch Konfirmanden und Presbyter haben mitgearbeitet und viele
aus den Mütterkreisen und Frauentreffs. Alle waren sehr fleißig!

Du sagst ja immer,
daß nur wir viel geleistet haben. Damals bei Frau Biederbeck und
Frau Fricke. Gut, wir waren Bezirksfrauen und hatten viel zu tun:
Unsere regelmäßigen Treffen, die Geburtstags- und Krankenbesuche,
die Sammlungen, die Altennachmittage, das Kochen und Backen für
Gemeindeveranstaltungen und die Bibeltage in Soest. Aber wir haben
auch Ausflüge gemacht. Manchmal fuhren wir sogar mit sieben vollen
Bussen. Heute ist vieles anders. Die meisten Frauen sind berufstätig
und haben nicht so viel Zeit wie wir früher hatten. Trotzdem sind
etliche ganz emsig und einsatzbereit. Christian, mein Schwiegersohn,
sagt immer: „Kirche geht heute anders!“ Oder so ähnlich.

Am Samstag sangen
Kinder von der Hüttentalschule in der Kirche, dann trugen sie ein
Weihnachtsspiel vor. Leider konnte ich das nicht sehen, meine Tochter
Brigitte hatte zum Geburtstagskaffee eingeladen. Aber es soll alles
gut gewesen sein. So wie der Auftritt des Jugendchores aus Wilnsdorf
am Abend. Die musikalische Zeitreise war ein Leckerbissen für Jung
und Alt. Die neuen Lieder hätten Dir aber wieder nicht gefallen.
Der Kantaten-Gottesdienst am Sonntag war sehr gut besucht. Leider
konnte der neue Superintendent nicht kommen und nicht predigen,
er war kurzfristig erkrankt. Dafür kommt er am Karfreitag in die
Talkirche. Ich freue mich, ihn endlich sehen und hören zu können.

Am Sonntagmittag
habe ich „Ploff“ gegessen, das ist ein orientalisches
Reisgericht. Küster Hasenkamp hat es über dem offenen Feuer gekocht.
Einfach lecker! Aber nicht Dein Geschmack. Den kenne ich nur zu
gut. Ich meine, Du solltest endlich mal über Deinen Schatten springen!
Auch gab es Orgelspieße, Reibeplätzchen, Bratkartoffeln, Räucherfisch
und Weihnachtsbratwürste. Dazu süße Waffeln und Krepps, oder wie
die runden Dinger heißen. Am frühen Nachmittag hab ich mit Emmi
und Berta im Kaffee gesessen, beide haben nur über ihre vielen Krankheiten
gesprochen. Aber ich mußte mich noch mal aufwärmen.

Sehr gut war der
Auftritt der Mädchen und Jungen aus unseren fünf Kindergärten. Sie
zeigten als Engel, Nikoläuse und Rentiere tanzend die „Weihnachtszauberwelt“.
Ich bin heute noch begeistert. Beim Finale fiel in der Kirche sogar
Schnee, natürlich kein echter. Kurz vor Schluß lud der Gemischte
Chor Birlenbach zu einem Offenen Singen ein. Man durfte sich auch
Advents- und Weihnachtslieder wünschen. Da hättest Du sicher Dein
Lieblingslied „Es ist ein Ros´ entsprungen“ vorgeschlagen.
Mit einem letzten Auftritt der Turmbläser aus Setzen, Klafeld und
Buschhütten klang der Weihnachtsmarkt aus. Walter und Lotte haben
mich dann mitgenommen und bis vor die Haustür gefahren. Ich war
heilfroh bei dem Schneeregen und dem ganzen Matsch.

So, nun will ich
meinen Brief beenden. Für die Operation Anfang nächster Woche wünsche
ich Dir alles Gute. Ich denke an Dich und bete für Dich! Wenn es
Dir dann wieder etwas besser geht, besuche ich Dich. Ach so, bald
hätte ich vergessen zu sagen, daß der Erlös beim Weihnachtsmarkt
9.334,00 Euro betrug. Ja, von nix kommt eben nix! Ist alles für
das neue Gemeindezentrum bestimmt. Weihnachten will ich noch mal
einen schönen Betrag spenden. Ist ja ´ne gute Sache!

Viele liebe Grüße
Deine
Ruth