Reformiertes Gemeindeforum Mai 2015

In der evangelischen Kirche gilt das Evangelium

Oberkirchenräte geben Antworten

Es war das 75. und zugleich letzte Reformierte Gemeindeforum Südwestfalen, das am Donnerstag, 21. Mai 2015 stattfand.

Zum letzten Mal fand das Reformierte Gemeindeforum Südwestfalen statt. Im Ev. Gemeindehaus Burbach wurde die Frage „Was gilt in der Evangelischen Kirche“ erörtert.
Zum letzten Mal fand das Reformierte Gemeindeforum Südwestfalen statt. Im Ev. Gemeindehaus Burbach wurde die Frage „Was gilt in der Evangelischen Kirche“ erörtert.

Über 80 Personen waren ins Ev. Gemeindehaus Burbach gekommen, um von den Oberkirchenräten Dr. theol. Ulrich Möller und Dr. jur. Arne Kupke zu erfahren, was in der evangelischen Kirche Geltung hat. Ulrich Möller antwortete auf die provozierende und zugespitzte Frage kurz und präzise: „In der evangelischen Kirche gilt das Evangelium.“

Zuvor ging Ortspfarrer Thomas Walter in seiner Andacht auf das Thema ein und zitierte den Apostel Paulus nach dem 1. Korintherbrief: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient dem Guten.“ Walter, die Kirche insgesamt ansprechend: „Es gibt uns nur, weil es die frohe Botschaft von Jesus Christus gibt.“

Immer wieder neu hören

Dann erhielt Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller das Wort.

Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller betonte: „In der Evangelischen Kirche gilt das Evangelium. Das Evangelium begegnet uns in Gestalt der Person Jesu Christi. Christus ist das einzige Haupt und der Garant der Kirche.“
Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller betonte: „In der Evangelischen Kirche gilt das Evangelium. Das Evangelium begegnet uns in Gestalt der Person Jesu Christi. Christus ist das einzige Haupt und der Garant der Kirche.“

Er erläuterte aus theologischer Sicht, was in der evangelischen Kirche gilt und wer verbindlich sage, was zu gelten habe. „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“, zitierte Möller aus dem 1. Korintherbrief. Möller: „Das Evangelium begegnet uns in Gestalt der Person Jesu Christi. Christus ist das einzige Haupt und der Garant der Kirche.“ Und: „Die Rechtfertigungsbotschaft in Jesus Christus ist die Mitte der Schrift.“ Der Oberkirchenrat betonte, dass zur urteilenden und lehrenden Kirche die hörende Kirche gehöre. Auf die Zusage des Evangeliums antworte die hörende Gemeinde mit Wort und Tat. Die Bekenntnisse, von den Vätern und Müttern zur Orientierung und Vergewisserung formuliert, seien immer wieder neu an der Schrift zu prüfen. Immer wieder müssten im gemeinsamen Hören auf die Schrift gemeinsame Lösungen für aktuelle Herausforderungen gefunden werden. Er erinnert an Fragen der Weltgestaltung, der Klimagerechtigkeit und auch an ethische Verbindlichkeiten. In der Kirchengemeinde Burbach habe die Flüchtlingsarbeit einen hohen Stellenwert erhalten. Möller benennt Beispiele, wo das neue Hören auf die Schrift zu neuem Verstehen führe. So sei für das Verständnis von Tod und Auferstehung Jesu Christi nicht das leere Grab ein historischer Beweis. Vielmehr gehe es um die Identität des Gekreuzigten mit dem auferstandenen Christus. Bei der Auferstehung handele es sich nicht um eine Glaubensfantasie der Jünger, sondern um Gottes Handeln allein.

Er spricht das Abendmahl für Kinder vor der Konfirmation an. Der biblische Befund und das Bekenntnis sprächen nicht dagegen. Es sei nun zu überlegen, welche Vorbereitung es brauche und wie dies theologisch, pädagogisch und pastoral geregelt werden könne.

Gemeinschaftlich leiten und entscheiden

Der Jurist Arne Kupke stellte heraus, welche Bedeutung das rechtliche Regelwerk einer Kirche des öffentlichen Rechts hat. Auch beim Kirchenrecht, so der Jurist, spiele das Evangelium eine wichtige Rolle. So dürfe in der Kirche die lautere Stimme des Evangeliums nicht vergesetzlicht werden. Als ein Kernproblem bezeichnete er mit humorvollem Unterton, dass die Protestanten eine chronische Rechtsneurose hätten. Sie hätten alles lieber für den Einzelfall geregelt.

Oberkirchenrat Dr. Arne Kupke hob hervor, dass sich auch das Kirchenrecht am Evangelium zu orientieren habe. Er ging auf die Bedeutung der Presbyterial-Synodalen Ordnung ein und darauf, dass Leitung in der Evangelischen Kirche immer gemeinschaftlich erfolgt.
Oberkirchenrat Dr. Arne Kupke hob hervor, dass sich auch das Kirchenrecht am Evangelium zu orientieren habe. Er ging auf die Bedeutung der Presbyterial-Synodalen Ordnung ein und darauf, dass Leitung in der Evangelischen Kirche immer gemeinschaftlich erfolgt.

Er verweist in dem Zusammenhang auf das Weltkirchengesetz der katholischen Kirche, in dem in 1700 Regeln auch die Heilslehre geregelt sei.

In der EKvW gilt deren Kirchenordnung. Ihre Grundartikel können nicht geändert werde. In Artikel 1 heißt es zu Beginn: „Die Evangelische Kirche von Westfalen urteilt über ihre Lehre und gibt sich ihre Ordnung im Gehorsam gegen das Evangelium von Jesus Christus, dem Herrn der Kirche.“ Wenn sich die Zeiten ändern, so der Kirchenjurist, würden sich im Hören auf Gottes Wort auch die Regeln ändern können. Nicht geändert werde jedoch die Presbyterial-Synodale Ordnung. Dies bedeute, dass die Leitung der evangelischen Kirche immer nur in Gruppen erfolge von auf Zeit gewählten Personen. Anders sei dies in der katholischen Kirche geregelt, wo nur geweihte Priester Leitung ausüben könnten.

Gesprächsthemen

In einer ausführlichen Gesprächsrunde wurde die Thematik vertieft. Hier wurde deutlich, dass in Konfliktfällen die Gemeinde vor Ort zu entscheiden hat und die Landeskirche nicht von „oben“ hineinregiert. Den theologischen Nachwuchs ansprechend zeigte Möller auf, dass sich die Bedingungen wieder verbessert hätten. Das Umsteuern im Umgang mit Theologiestudierenden mit neuen Perspektiven trage schon erste Früchte. In der westfälischen Landeskirche würden sie gut begleitet und unterstützt. Die Zahl der Theologie Studierenden nehme auch schon leicht zu.

Pfarrer Armin Pulfrich, Erlöser-Kirchengemeinde Siegen, bezeichnete die ev. Kirche als Kirche mit gelebter Vielfalt und evangelischer Wiedererkennbarkeit. Er bat darum, die Grauzone hinsichtlich der Zulassung von Kindern zum Abendmahl zu beenden. Auch hier, so Möller, sei in der Kirche ein Prozess der geistlichen Erkenntnisse beschritten worden. Dies gelte ebenso für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. In einem längeren Prozess sei über diesem Thema gearbeitet worden. Das sehr fundierte Positionspapier des Theologischen Ausschusses des Ev. Kirchenkreises Siegen habe die Beratung der Landeskirche stark beeinflusst. Es habe über drei Jahre hinweg ein geistliches Ringen auf hohem theologischen Niveau stattgefunden. Bei nur zwei Gegenstimmen sei die geltende Regelung in großer Einmütigkeit beschlossen worden. Sie lasse Freiheiten für Entscheidungen der Gemeinden und der Pfarrer. Nun werde eine gottesdienstliche Ordnung erarbeitet. Hierbei werde es sich nicht um eine Trauung handeln, sondern um einen öffentlichen Segnungsgottesdienst einer Partnerschaft.

Presbyterin Monika Benfer, Bad Laasphe, sprach sich dafür aus, beim Umgang mit Grundvermögen die Gestaltungsbedingungen vor Ort seitens der Landeskirche großzügiger zu genehmigen, wenn ein Presbyterium einen entsprechenden Beschluss gefasst habe. Hier gab Kupke zu bedenken, dass der Umgang mit Grundvermögen aus gutem Grund seitens der Landeskirche sehr konservativ gehandhabt werde. Bei beispielsweise Währungsreformen sei der Besitz von Grundvermögen nicht zu unterschätzen. Pfarrer Ulrich Schlappa, Büschergrund, vermisst die evangelische Profileindeutigkeit bei Publikationen der Landeskirche. Er nannte Beispiele aus der Jugendarbeit, der Diakonie und der Flüchtlingsarbeit. Hierzu merkte Möller an, dass dies mit Zielgruppen unterschiedlicher kultureller Milieus zu tun habe. Die Menschen sollten nicht zu Objekten unserer Missionsbemühungen gemacht werden. Es sei nicht immer leicht, den geeigneten Weg zu beschreiten. Formuliere und gestalte man Publikationen fromm, erreiche man bestimmte Menschen nicht. Er sehe aber auch die Gefahr der Selbstsäkularisierung auf der anderen Seite.

Das letzte Reformierte Gemeindeforum Südwestfalen

Es war das letzte Reformierte Gemeindeforum, das in den Evangelischen Kirchenkreisen Siegen und Wittgenstein veranstaltet wurde. Die Begrüßung durch Pfarrer Dieter Kuhli und Vorsitzender des Trägerkreises des Reformierten Gemeindeforums Südwestfalen, Bad Laasphe, fiel daher etwas ausführlicher als gewöhnlich aus.

Der Vorsitzende des Trägerkreises Pfarrer Dieter Kuhli, Bad Laasphe, hatte eine schwere Aufgabe. Er musste bekanntgeben, dass dies die letzte Veranstaltung des Reformierten Gemeindeforums sei. Über ein kleineres Nachfolgeformat werde nachgedacht.
Der Vorsitzende des Trägerkreises Pfarrer Dieter Kuhli, Bad Laasphe, hatte eine schwere Aufgabe. Er musste bekanntgeben, dass dies die letzte Veranstaltung des Reformierten Gemeindeforums sei. Über ein kleineres Nachfolgeformat werde nachgedacht.

Er erinnerte an die Anfänge dieser reformierten Bildungsgespräche, die 1977 ihren Anfang nahmen; viele Jahrzehnte unter dem Namen Reformierte Konferenz und seit 2011 als Reformiertes Gemeindeforum. Die erste Reformierte Konferenz Südwestfalen habe vor 38 Jahren am 26. März 1977 im Lutherhaus in Geisweid mit über 140 Teilnehmenden stattgefunden. Ziel sei von Anfang an gewesen, die „Förderung des theologischen Bewusstseins und Denkens auf der Grundlage der reformatorischen Theologie, wie sie besonders im Heidelberger Katechismus ihren Niederschlag gefunden hat, und um in unseren Gemeinden die Bereitschaft zur Verantwortung des Glaubens zu stärken.“ Im Kontakt mit den anderen Regionalkonferenzen, die damals im Reformierten Bund entstanden seien, sollte die Konferenz im Bereich Siegerland und Wittgenstein, sowie in den Kirchenkreisen Soest, Hagen und Iserlohn Presbyter, theologisch interessierte Laien, Lehrer und Pfarrer zweimal im Jahr samstags in der Zeit von 9 bis 16 Uhr zur intensiven Arbeit an einem theologisch wichtigen Thema zusammenführen. Vorsitzender des ersten Trägerkreises sei Pfr. Adolf Brandes aus Eiserfeld gewesen. Später hätten Pfarrer Ulrich Weiß und Pfarrer Wilhelm Hofius Verantwortung übernommen. Ulrich Weiß habe er immer, so Dieter Kuhli, als „den eigentlichen spiritus rector unserer Konferenzarbeit empfunden“. Von 1995 bis 2005 habe Pfarrer Volker Bäumer die Leitung innegehabt. Seit dem ist Pfarrer Dieter Kuhli Vorsitzender des Trägerkreises.

Trotz des guten Besuches in Burbach wird es keine Fortsetzung in dieser Form geben. Zu gering war die Resonanz in den vergangenen Jahren. Bedarf nach theologischer Bildung in den Gemeinden wird dennoch in den Kirchenkreisen Siegen und Wittgenstein festgestellt. Die Veranstaltungsformate und die Inhalte sollen daher verändert werden, um den heutigen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Dies allerdings eher mit eigenen Kräften. Die Erfahrungen und Methoden der Erwachsenenbildung werden ein stärkeres Gewicht erhalten. Sie sollen niederschwelliger angesetzt ebenfalls das Ziel haben, Menschen im Glauben sprachfähig zu machen.