Wechsel ins Küsteramt

Aus der Küche in die Kirche

Seit dem 1. März versieht er seinen Dienst, unser neuer Küster Jörn Ackerstaff. Er ist sehr freundlich und fleißig, mit seinen 1,99 Metern Körpergröße nicht so leicht zu übersehen und noch gut achtundzwanzig Jahre vom derzeitigen gesetzlichen Renteneintrittsalter entfernt. Über sich selbst und seine neue Arbeit in unserer Kirchengemeinde sagt er: „Meine Kontaktfreudigkeit, Offenheit gegenüber unterschiedlichen Menschen, ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen sowie mein christliches Verständnis eines respektvollen Umgangs mit meinen Mitmenschen ermöglichen es mir, die mir gestellten Aufgaben gewissenhaft und mit Freude zu erledigen.“

Jörn Ackerstaff arbeitete bisher über zwanzig Jahre lang als gelernter Koch in verschiedenen Restaurants, aber auch schon einmal in einer Klinikküche. Organisation und Flexibilität, Dienstleistung und Service sowie selbstständiges Arbeiten sind für ihn keine Fremdwörter. Vor dreizehn Jahren verschlug es ihn und seine Ehefrau Nadine, von Beruf sowohl examinierte Kinderpflegerin als auch gelernte Hotelfachfrau, nach Baden-Württemberg, genauer gesagt nach Balingen; die Kreisstadt liegt etwa 70 km südwestlich von Stuttgart. Dort wurde im März 2011 ihre gemeinsame Tochter Lina geboren.

Vielleicht werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt ein wenig stutzen. Ein Koch aus dem „Ländle“ wird Küster im fernen Klafeld. Wie das? Aber dafür gibt es eine einfache und plausible Erklärung: Jörn Ackerstaffs Eltern sind in Freudenberg beheimatet, wo er selbst im Jahr 1976 das Licht der Welt erblickte. Seine Schwester, Katrin Breitweiser, lebt mit ihrer Familie in Geisweid. Und Ehefrau Nadine stammt aus Dillenburg, ihre Mutter und ihr Vater wohnen derzeit im dortigen Stadtteil Frohnhausen. Schon seit längerer Zeit hegten die beiden „Württemberger“ den Wunsch, wieder in Richtung Heimat (Siegerland/Dillkreis) zu ziehen. Hinzu kam bei Jörn Ackerstaff die Einsicht, dass er als Koch nicht noch bis zum 67. Lebensjahr würde arbeiten können: „Das hält man körperlich und auch mental nicht fünf Jahrzehnte durch! Oft gibt es die Sieben-Tage-Woche. Dazu kommen Arbeitszeiten von 10 bis 14.30 Uhr und dann noch einmal von 17 Uhr bis in den späten Abend hinein, und das auch an Feiertagen. Ein geregeltes Familienleben und gemeinsame Mahlzeiten fanden bei uns im Grunde genommen nicht statt.“

Im Herbst letzten Jahres hörte Jörn Ackerstaff von seiner Schwester, die sich seit 2009 in unserem Presbyterium engagiert, dass Klafeld ab März einen neuen Küster sucht. Dann ging alles sehr schnell: Genaues Studieren der Ausschreibung, zusätzliche Erkundigungen über die hiesige Kirchengemeinde im Internet, Tagung des zweiköpfigen Familienrates, schriftliche Bewerbung und ein Vorstellungsgespräch; schließlich die Einstellung durch das Presbyterium in dessen Sitzung am 16. Dezember. Der Umzug aus der Stadt im Zollernalbkreis nach Geisweid erfolgte am 26. Februar.

Nett, fleißig und voller Tatendrang
Nett, fleißig und voller Tatendrang

Und dann kam er, der erste Arbeitstag für Jörn Ackerstaff als Küster hier bei uns in Klafeld. Am 1. März, einem Sonntag. Pfarrer Frank Boes bat ihn mit Ehefrau Nadine und Töchterchen Lina gleich zu Beginn des

Gottesdienstes in der Talkirche nach vorn in den Chorraum. Er stellte die drei vor und wünschte ihnen einen guten Start in unserer Kirchengemeinde. „Es war alles aufregend und ungewohnt und spannend. Aber die Gottesdienstbesucher waren von Anfang an sehr nett zu uns!“ Spannend wurde es sechs Tage später erneut: Die erste Trauung stand an, und es konnte eigentlich pünktlich losgehen. „Aber die Braut ließ auf sich warten … Nicht fünf Minuten, nicht fünfzehn Minuten. Nein, ganze fünfundzwanzig Minuten kam sie zu spät! Mann, o Mann! Verständlich, dass einige ganz schön ins Schwitzen gekommen sind!“

Am 15. März dann die offizielle Einführung von Jörn Ackerstaff. In einem besonderen Gottesdienst in der Talkirche. Viele Leute waren erschienen, unter ihnen Rudolf Hasenkamp als Amtsvorgänger und etliche Verwandte und Freunde und Bekannte der beiden Familien. Pfarrer Frank Boes ging nach der Predigt zunächst auf die Stellung und die Aufgaben eines Küsters ein. „Es ist ein sehr verantwortungsvolles kirchliches Amt. Der Küster dient und hilft der Verkündigung, insbesondere in Gottesdiensten, bei Amtshandlungen und anderen Veranstaltungen der Kirchengemeinde, und ist für die ihm anvertrauten kirchlichen Gebäude verantwortlich. Und zugleich ist er ein wichtiges Aushängeschild der Kirchengemeinde!“ Pfr. Frank Boes und einige Presbyterinnen und Presbyter hießen Jörn Ackerstaff mit Ehefrau und Tochter herzlich willkommen, dann ein Fürbittengebet und die Segnung der drei neuen Gemeindeglieder. Dazu Geschenke aus dem Weltladen und lang anhaltender Applaus der Gottesdienstbesucher. Viele von ihnen begrüßten Jörn, Nadine und Lina Ackerstaff beim sich anschließenden Kaffeetrinken noch persönlich.

„Man hat uns hier in Geisweid überaus wohlwollend aufgenommen. Wir werden auf der Straße angesprochen, man kommt auf uns zu. Und viele Leute haben uns schon besucht und uns Geschenke gebracht, Blumen, Brot und Salz und einen Cent, Gutscheine, einen gebackenen „Schlüssel“, Willkommensbriefe und einen Bronzeengel. Und unsere Lina ist auch toll bedacht worden.“ Das erfahre ich Tage später bei einem Treffen in ihrer neuen Wohnung im alten Pfarrhaus. „Wir haben uns sehr gut eingelebt, und wir fühlen uns rundum wohl. Das Haus und unsere Etage haben Charme und ein gewisses Flair.“ Ja, und alle Zimmer sind in kürzester Zeit hübsch und wohnlich eingerichtet worden! Das sollte hier nicht unerwähnt bleiben. Die drei Ackerstaffs sind froh, dass bis jetzt alles so gut geklappt hat. Besonders angetan ist man auch vom „neuen“ Familienleben und den gemeinsamen Mahlzeiten.

 Froh, dankbar und voller Zuversicht
Froh, dankbar und voller Zuversicht

Für Jörn Ackerstaff stehen in den nächsten Wochen und Monaten mehrere Kurse an. Zu folgenden Themenbereichen: „Berufsbild und Dienstrecht“, „Die Evangelische Kirche“, „Grundwissen Bibel“, „Gemeindemanagement und Ökologie“ sowie „Gottesdienst, Gesangbuch und Kirchenjahr“. Der neue Küster freut sich auf die Rüstzeiten und auf die vielfältigen Aufgaben im Bereich der Talkirche und des entstehenden Gemeindezentrums „mittendrin“, aber auch auf die Pflege der Außenanlagen im Wenscht und auf dem Hohen Rain. Ehefrau Nadine, die ihrem Mann hier und da helfen will, möchte in naher Zukunft wieder berufstätig werden. „Das ist möglich, weil unsere Tochter ab 1. April einen Platz in der Kita in Setzen bekommen hat.“

Lina, die übrigens 2011 von Pfarrer Frank Boes in der Wenschtkirche getauft worden ist, kann diese Zeit gar nicht erwarten. Sie ist ein sehr aufgewecktes und wissbegieriges Mädchen. Sie interessiert sich nicht nur für ihre Spielsachen und ihre Bilderbücher, nein, auch für den Ablauf der Gottesdienste und des Abendmahls, für das Orgelspiel und den Gesang der Gemeinde. Und über viele Dinge macht sie sich so ihre Gedanken. Hier ein Beispiel, erzählt von Vater Jörn. „Ich wollte in der Kirche staubsaugen. Da sagte Lina: ´Vielleicht hat Gott ja was dagegen, weil der Staubsauger so laut ist.´ Ich habe ihr dann erklärt, dass das sicherlich in Ordnung ist, dass man ja saubermachen muss und dass sich Gott bestimmt über eine saubere Kirche freut. Lina blieb trotz aller Erläuterungen relativ skeptisch.“

Am frühen Abend bedanke ich mich für die tolle Gastfreundschaft und das lange und interessante Gespräch und wünsche Jörn, Nadine und Lina für das Leben in ihrer neuen Heimat noch einmal alles erdenklich Gute, viele neue Freunde und Bekannte, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern des Presbyteriums sowie Gottes reichen Segen.

Peter-Christian Rose