„Stille Nacht! Heilige Nacht!“

Das berühmte Weihnachtslied erklang erstmals am 24. Dezember 1818

Urlaub im Berchtesgadener Land. Auf den Spuren von Dieter Freigang, der uns am 27. Januar mit seiner tollen Panoramavision in den wunderschönen Südostzipfel Deutschlands entführte. Zum Watzmann, an den Hintersee, nach Ramsau, an den Königssee mit St. Bartholomä, zum Jenner und ins Tal von Maria Gern. Eine empfehlenswerte Reise!

Von Anfang an war auch ein Besuch der Stille-Nacht-Kapelle im österreichischen Oberndorf geplant. Die Idee dazu entstand während der letzten Christvesper in der Wenschtkirche, als Pfr. Dr. Martin Klein über das bekannte 6-strophige Weihnachtslied predigte und der Gemeinde die drei eher unbekannten Verse vorsang. Geplant, getan: Die knapp fünfzig Kilometer von Berchtesgaden nach Oberndorf an der Salzach waren schnell zurückgelegt.

Was aber ist die Faszination dieses inzwischen schon 200 Jahre alten Liedes? Die Botschaft von „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ berührt die Menschen überall auf der Welt, bis heute wurde das Lied in gut dreihundert Sprachen und Dialekte übersetzt. Text und Melodie sind geneigt, Erinnerungen an die eigene Kindheit und das Beschütztsein im Elternhaus zu wecken. Das gefühlvolle Lied wurde in beiden Weltkriegen zu einem Friedenslied, nämlich als es am Heiligen Abend über Schützengräben hinweg erklang und derweil an den Fronten die Waffen schwiegen.

„Stille Nacht! Heilige Nacht!“ entstand während der politischen Neuordnung in Europa, in einer Zeit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche und dem Niedergang der Schifffahrt auf der Salzach. Den Menschen im von Deutschland abgetrennten Oberndorf ging es sehr schlecht, sie waren im wahrsten Sinne bettelarm und mussten sich nahezu ausschließlich von Kartoffeln ernähren.

Dann kam der Heilige Abend des Jahres 1818. Die Orgel in der Kirche St. Nikola war plötzlich unbespielbar. Welch eine Aufregung! Joseph Mohr, der Priester im Ort, und Franz Xaver Gruber, der als Organist und Kantor tätig war, rangen für die Mitternachtsmette um eine musikalische Lösung. Der Priester kramte schließlich ein von ihm geschriebenes Gedicht hervor, und dem Musiker kam schnell eine passende Melodie dazu in den Sinn. Beide waren erleichtert. Und so sangen sie das Lied am Abend vor den tiefgläubigen Salzachschiffern und deren Familien. Zweistimmig und nur von Gruber auf der Gitarre begleitet. Das Lied wurde also in einer Notsituation geboren.

Wie aber kam es, dass das Weihnachtslied vom kleinen Ort Oberndorf aus seinen Siegeszug um die ganze Welt antrat? Zu verdanken ist dies zunächst dem Orgelbauer Karl Mauracher, der es im Zillertal verbreitete, und dort lebenden Bauern, die es als fahrende Händler bis nach Leipzig brachten. Von dort gelangte das Lied nach Großbritannien, Russland, Amerika und über Missionare in die ganze Welt. Heute gilt es als eines der bekanntesten und beliebtesten Weihnachtslieder. Und: Seit 2011 steht es sogar auf der Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO!

Nach dem größten Hochwasser aller Zeiten im Jahr 1899, das die Verlegung von Oberndorf an eine höher gelegene Stelle zur Folge hatte, mussten die Bauten im alten Ortsteil wegen schwerer Schäden größtenteils abgerissen werden. So auch die Kirche St. Nikola. Auf dem Hügel des Bauschutts wurde in der Zeit von 1930 bis 1937 die „Gruber-Mohr-Gedächtniskapelle“, die heutige Stille-Nacht-Kapelle, errichtet. Daneben befinden sich ein wirklich sehenswertes Museum, ein Sonderpostamt, eine Gaststätte, ein alter Wasserturm und ein Andenkenladen. Beliebt sind auch die dortigen Historienspiele und der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt. Fazit: Ein Besuch des Stille-Nacht-Bezirks in Oberndorf an der Salzach lohnt sich!

Peter-Christian Rose