A-cappella-Gesang auf höchstem Niveau

Vocalensemble MILLENIUM konzertierte in der Talkirche:

An das brillante Konzert der diesjährigen Abiturienten des Dresdner Kreuzchores am 2. August werden sich die fast zweihundert Besucher sicherlich noch lange erinnern. Sie hatten neunzig Minuten lang ein breitgefächertes A-cappella-Repertoire zu hören bekommen. Vorgetragen von zehn jungen Männern mit makellos klaren und hervorragend ausgebildeten Stimmen.

Die „Kruzianer“ waren nach Erlangung der Hochschulreife auf große Deutschland-Tournee gegangen. Die Auftaktveranstaltung hatte am 20. Juli in Wolkenstein im Erzgebirge stattgefunden. Es folgten u.a. Bad Wimpfen, Kempten, Kulmbach und das hessische Hofheim. Nach dem Gastspiel in Geisweid ging es dann nach Norden bis nach Kühlungsborn und Bad Doberan an der Ostsee. Die Rundreise der Sänger endete nach neunzehn Konzerten am 18. August schlussendlich in ihrer sächsischen Heimatstadt.

Die Zehn gehörten neun Jahre lang zum Dresdner Kreuzchor, einem der bekanntesten und besten Chöre der Welt. Er konnte 2016 bereits sein 800-jähriges Bestehen feiern und ist kulturelles Menschheitserbe, seit fünf Jahren auch von der UNESCO anerkannt. Den Chor zeichnet ein vielfältiges wie umfassendes Repertoire aus. Es reicht von frühbarocken Werken des Dresdner Hofkapellmeisters Heinrich Schütz, den Passionen, Motetten und Kantaten von Johann Sebastian Bach sowie Chormusik des 19. Jahrhunderts bis hin zur Moderne. Derzeit gehören dem Chor mehr als 130 Sänger an.

Es ist nicht leicht, „Kruzianer“ zu werden. Das Casting beginnt im gesamten Dresdner Raum schon in der ersten Grundschulklasse. Es folgen die Aufnahmeprüfung, ein Probejahr und ein weiterer Ausleseprozess nach dem Stimmbruch. Bis zum Abitur erhalten die Jungen ihre schulische Ausbildung am Ev. Kreuzgymnasium. Träger des Chores ist die Stadt Dresden. Es ist also kein kirchlicher Chor, wobei allerdings seine künstlerische Heimat die Kreuzkirche ist. Dort singt man in vielen Gottesdiensten und Vespern; zusätzlich werden zahlreiche Konzerte und eine Reihe von landes- und weltweiten Tourneen durchgeführt. So reiste man zu Gastspielen nach Skandinavien, Russland, China und Japan.

Für ihre Sommertour 2019 hatten die zehn Abiturienten ein anspruchsvolles zweiteiliges Programm zusammengestellt, von gregorianischen Gesängen und geistlicher Musik des 20. Jahrhunderts über Spirituals und Welthits der Comedian Harmonists bis hin zu Stücken von Wise Guys und internationalen Popklassikern. Auch in Geisweid war man auf das Konzert mehr als gespannt. Um 19 Uhr zogen die Sänger in die Talkirche ein. Und Pfr. Dr. Martin Klein begrüßte die Protagonisten des Abends und das so zahlreich erschienene Publikum. Dabei erwähnte er, dass die Gruppe auf Empfehlung ihrer Vorgänger zu uns gekommen sei. Viele werden sich noch gern an den höchst erfolgreichen Auftritt der „Shades Of Music“ am 16. Juli 2017 erinnern. Aber zurück zum Ensemble „Millenium“!

Schon bei den ersten Stücken, zwei gregorianischen Chorälen, staunte man über die zehn klangschönen Stimmen. Beeindruckend dann auch die Darbietung der beiden italienischen Motetten „Confitemini Domino“ und „Cantate Domino“ und das Singen von Stücken von Thomas Tomkins und von Felix Mendelssohn Bartholdy. „Dieser bedeutende Komponist des 19. Jahrhunderts und seine Werke haben uns in den neun Jahren im Kreuzchor besonders geprägt“, verriet Filippo Nisini, der Sprecher des A-Cappella-Ensembles, der begeisterten Zuhörerschaft. Der erste Teil des Konzerts endete mit „Ave Maria“ von Joseph G. Rheinberger, „Herr, lehre doch mich“ von Rudolf Mauersberger, der dem Dresdner Chor als Kantor zu Weltruhm verhalf, und drei gekonnt vorgetragenen Spirituals.

Noch einmal steigern konnte sich das Vocalensemble „Millenium“ nach der Pause. Besonders viel Beifall und laute Bravo-Rufe gab es für „L´homme armé – A la guerra“ und für Stücke der Comedian Harmonists sowie für „Deutsche Bahn“ und „Probier´s mal mit ´nem Bass“ von den Wise Guys. Wahre Begeisterungsstürme lösten am Schluss „California Dreamin´“, „Stand by me“, „Silence is golden“ und „Crazy“ aus. Eindrucksvoll verabschiedeten sich die zehn Kruzianer mit der Zugabe „Barbara Ann“ von den Beach Boys, das Publikum dankte mit lautstarkem und lang anhaltendem Applaus. „Ein unvergessliches musikalisches Erlebnis!“, „Zehn exzellente und perfekt geschulte Stimmen!“ und „A-cappella-Gesang auf allerhöchstem Niveau“ – das waren drei von vielen überaus positiven Stimmen am Ende des Konzerts.

Nach der Übernachtung bei den Gastfamilien Klein, Krahl, Leidel, Panthel und Vogel trafen sich die Sänger am nächsten Morgen um 8.30 Uhr an der Talkirche, um sich mit einem Ständchen von Klafeld zu verabschieden. Dann startete man in Richtung Elmshorn, wo am Abend der nächste Auftritt folgen sollte. Nach Abschluss der Deutschland-Tournee wird sich das Ensemble „Millenium“ übrigens auflösen, und die Sänger „werden ihre eigenen Wege in unterschiedliche Richtungen“ gehen. Schade! Aber die Zugehörigkeit zu den Kruzianern endet nun mal mit dem Abitur. Vielleicht aber werden wir den einen oder anderen Namen (Victor Friebel, Julius Haupt, Ludwig Hauswald, Filippo Nisini, Gregor Rothkegel, Elias Schwarz, Eric Tischer, Gustav Uschner, Ludwig Voigt, Leon Winkler) noch einmal hören, denn aus dem Chor sind schon einige weltweit bekannte Sänger, wie z.B. Peter Schreier und Rene Pape, hervorgegangen.

Peter-Christian Rose