Seit 125 Jahren: Musizieren zum Lobe Gottes und den Menschen zur Freude

Posaunenchor Setzen feierte großartiges Jubiläumskonzert

16 junge Männer aus den beiden Ortschaften Nieder- und Obersetzen hoben im Jahr 1894 den CVJM Posaunenchor aus der Taufe. Ob sie damals dachten, dass ihr Verein auch noch im Jahr 2019 bestehen und dann ein Jubiläumskonzert stattfinden würde, kann getrost bezweifelt werden. Sie hatten nämlich ganz andere Sorgen: Wer bezahlt uns die Instrumente? Und: Wo halten wir unsere Übungsstunden ab?   

Der Posaunenchor Setzen feierte sein 125-Jähriges mit einem großartigen Konzert in der Geisweider Talkirche.

Von Sorgen und Schwierigkeiten war bei der jetzigen Geburtstagsfeier am 29. September in der herrlich dekorierten Talkirche nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil! Gut gelaunt und voller Tatendrang zogen die Bläserinnen und Bläser durch den Mittelgang in das 113 Jahre alte Gotteshaus ein. Zu den Klängen des Lobliedes „Lasst die Herzen immer fröhlich und mit Dank erfüllet sein“. Und schon bei der Konzerteröffnung mit der „Festmusik“ von Jacob de Haan sprang der Funke der Freude und der Begeisterung auf die sehr große Zuhörerschaft über. Der Vorsitzenden des Chores, Stefan Wohlfahrt, und der Dirigent, Volker Nöll, hießen die Festgemeinde herzlich willkommen. Ein besonderer Gruß ging dabei an Steffen Mues, den Bürgermeister der Stadt Siegen, an Traute Fries, die dem hiesigen Bezirksausschuss vorsteht, sowie an den MGV Harmonie Setzen, den man zur Mitwirkung am Jubiläumskonzert hatte gewinnen können.

Dann übernahm Michael Seelbach das Mikrofon. Als eloquenter und sachkundiger Moderator des Abends überraschte er das Publikum gleich mit der Ansage, dass der Posaunenchor heute sowohl von Volker Nöll und Sabrina Seelbach als auch von Andreas Form, Projektsekretär für Jungbläserarbeit im CVJM Westbund, dirigiert würde. Letztgenannter habe in den letzten Wochen alle intensiv durchgeführten Proben mitgemacht und für den Konzertabend die musikalische Gesamtleitung übernommen. Im Zusammenspiel mit dem 23-köpfigen Ensemble stellte er sein Können bei „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ von Felix Mendelssohn Bartholdy sogleich unter Beweis. Die Vertonung des 100. Psalms entstand 1844, also genau 50 Jahre vor der Gründung des Jubiläumschores. Beim Lied „Sollt ich meinem Gott nicht singen?“ konnte das Publikum an der Programmgestaltung aktiv mitwirken.

Mit viel Beifall wurden auch die 16 Sänger des MGV Harmonie Setzen und ihr Dirigent Gerrit Schwan bedacht. Vielen ist der Chorleiter als Oberkellner Leopold im Singspiel „Im weißen Rössl“ auf der Bühne des Apollo-Theaters in Siegen bekannt. Der Vokalchor brachte eine erstaunlich breite Palette seines Repertoires zu Gehör, vom schottischen Traditional „Loch Lomond“ und dem Gospel „Soon ah will be done“ über das romantische Lied „Schöne Nacht“ von Wilhelm Nagel bis hin zu „Deine Freunde“ aus dem Dschungelbuch. Weitere Glanzpunkte setzten die Sänger mit dem vierstimmigen Song „Warum singe ich eigentlich im Chor?“ von Oliver Gies und dem schon legendären Ohrwurm „Über sieben Brücken“ der deutschen Rockgruppe Karat aus dem Jahr 1979. Die Zuhörerinnen und Zuhörer bedachten jeden einzelnen Beitrag zu Recht mit langanhaltendem Applaus.

In seinem Grußwort überbrachte Pfarrer Frank Boes die Glückwünsche unserer Kirchengemeinde, die übrigens vier Jahre jünger ist als der Posaunenchor: „Wir freuen uns, dass wir euch haben! Und: Aus unserem Gemeindeleben seid ihr nicht mehr wegzudenken!“ Er betonte weiterhin den Zusammenhalt und die lebendige „Dorfkultur“ in Setzen, zu der auch der Chor wesentlich beitrage. Er wünschte den Bläserinnen und Bläsern für die Zukunft viel Kraft, Ausdauer und Gottes Segen. Die Angesprochenen sorgten dann für eine weitere Überraschung. Denn Captain Jack Sparrow aus dem Piratenfilm „Fluch der Karibik“, gespielt von Sabrina Seelbach, übernahm urplötzlich die Leitung der groß aufspielenden Mannschaft im Kirchenschiff. Welch ein Augen- und Ohrenschmaus bei den drei Stücken aus „Pirates of the Caribbean“, einem Mix aus Komödie und Abenteuerfilm!

Nach der Pause zogen die Musikerinnen und Musiker mit ihren Posaunen, Hörnern, Trompeten und Tuben wieder bekanntere Register ihres Könnens. Sie brillierten im bunt illuminierten Chorraum mit „Jesus dein Licht“, „Volkermarsch“ von Hans Zellner und dem Satz „Bleib bei uns“; dabei bewiesen sie einmal mehr ihre enorme Vielseitigkeit. Im Mittelteil von „Ich sing dir mein Lied“ konnte das Publikum zum zweiten Mal kräftig mitsingen. Dann zur Überraschung aller: Die Verabschiedung von Gerrit Schwan. Wilfried Engelhard vom MGV Harmonie fand nette und lobende Worte für den jungen, engagierten Dirigenten, dem der Chor sehr viel zu verdanken hat und der wegen eines weiteren Studiums das Siegerland Richtung Augsburg verlässt: „Jeder Tag mit dir war ein Genuss; wir werden dich nicht vergessen!“

Der abwechslungsreiche und unvergessliche Konzertabend endete mit dem gemeinsamen Auftritt der beiden Chöre. Zum Besten gab man „Dalle Contrade“ von Matthias Schnabel. Dieses Stück war vor 25 Jahren beim 100-Jährigen vom Komponisten hier vor Ort selbst dirigiert worden. Herrlich und eindrucksvoll! Das Publikum gab stehende Ovationen und bedankte sich mit minutenlangem Applaus. Hoch erfreut und stolz auf das Geleistete kam man um zwei Zugaben nicht herum.

Der unvergessliche Konzertabend endete mit dem gemeinsamen Auftritt des Jubiläumschores und des MGV Harmonie Setzen.

Beim gemeinsamen Abendessen der Protagonisten – der jüngste 13 und der älteste 80 Jahre alt – und ihrer Angehörigen im angrenzenden Gemeindezentrum „mittendrin“ gab es dann nur froh gelaunte und zufriedene Gesichter. Angesagt war kein großartiges Programm mehr, sondern lediglich „Entspannen und Runterkommen“, wie es Stefan Wohlfahrt formulierte. Trotzdem endete die einzigartige Jubelfeier mit einer letzten Überraschung: Mit der Ehrung von langjährigen Chormitgliedern. Urkunden und Anerkennung erhielten Udo Irle für 50 Jahre sowie Ulrich Müller und Herfried Nöll für 65 Jahre. Chapeau und herzlichen Glückwunsch! Bliebe zum Schluss noch eine Frage: Wird man das 150-Jährige des Setzer Posaunenchores auch noch feiern können? Man schriebe dann das Jahr 2044.

Peter-Christian Rose