Rückblick Weihnachtsmarkt 2016

EIN ETWAS ANDERER RÜCKBLICK

Viele Jahre stand ich in einem Esszimmerschrank eines Wohnhauses in der Sohlbacher Straße. Neben Tellern und Gläsern. Es kam höchst selten vor, dass man mich herausnahm, auf den Tisch stellte und mit etwas füllte. Was habe ich mich gelangweilt! Entschuldigung, ich habe mich Ihnen ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin eine mittelgroße Schale aus der Serie „Orchidee“ der Glas Galerie einer Firma mit drei Großbuchstaben – formschön, spülmaschinenfest und vielseitig verwendbar. Eigentlich gehöre ich zu einem zehnteiligen Set – zusammen mit einer großen Schale und acht kleinen Dessertschälchen.

Anfang November bekam ich Angst. Mit vielen anderen Gegenständen packte man mich unvermittelt in einen Karton, dann wurden wir von einem Presbyter abgeholt – er trägt einen Blumennamen – und in einen Kellerraum des Gemeindehauses an der Talkirche gestellt. Und jetzt? Was würde man mit uns machen? Nach Entsorgung sah es schon mal nicht aus! Gut. Ungewissheit aber bis zum 14. des Monats. Unser Karton und viele andere übervolle Taschen, Kisten und Wäschekörbe trug man ins neue Gemeindezentrum. Dort wurden wir von netten Frauen und Männern – ich bekam mit, dass sie sich vorher mit leckerem Kuchen und Kaffee eingestimmt hatten – in wunderschönes weihnachtliches Geschenkpapier eingepackt. Dabei hörte ich immer wieder die drei Begriffe „Weihnachtsmarkt“, „Ein-Euro-Haus“ und „Verkaufsaktion“. Wir sollten also verkauft werden. Warum? Bei wem würde ich landen? Aber schon bald ging es zurück in den Kellerraum.

Elf Tage später: Hektik im ganzen Haus, Stimmengewirr, hunderte von gut gelaunten Menschen in und rund um die Kirche und im neuen Gemeindehaus. Überall weihnachtlich geschmückte Buden und liebevoll dekorierte Verkaufsstände. Ein vielfältiges Warenangebot. Kulinarische Genüsse. Tolle Musik von Posaunen und Alphörnern. Ein umfangreiches Programm für die große Besucherschar, vom Auftritt der Kita-Kinder und der Mädchen und Jungen der Hüttentalschule bis hin zum Dieter Falk – Konzert. Überall der Duft von Süßem und Herzhaftem. Und Romantik pur in den Abendstunden, als viele Lampen das alte Gotteshaus in den unterschiedlichsten Farben anstrahlten und Feuertonnen für zusätzliches Licht und wohlige Wärme sorgten. …

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Katja und Stefan vom Ein-Euro-Team

Das also ist er: Der Geisweider Weihnachtsmarkt! Nun schon der dreizehnte seiner Art. Wie man hört, ist er zu einem echten Publikumsmagneten geworden und aus dem Siegener Norden einfach nicht mehr wegzudenken. Immer mehr Besucher! Nicht nur aus den Nachbargemeinden, nein, aus dem gesamten Siegerland! Immer neue Rekordergebnisse! Lob und anerkennende Worte von allen Seiten. Für den fantastischen Einsatz aller Gruppen und Chöre und Einzelpersonen. Auch für ihr gutes Miteinander. „Eine ungewöhnliche Leistung.“ – „Das alles kriegten wir in … niemals hin!“ – „Wie schafft Ihr das bloß?“ – „Ihr müsst eine tolle Gemeinde sein!“

Im Ein-Euro-Haus ging es hoch her. Wir, die Geschenke, gingen weg wie warme Semmeln. Mit Sicherheit waren es über 900 Stück, die eine neue Besitzerin oder einen neuen Besitzer fanden. Und noch einmal 300 für Kinder. Wie aufgeregt die waren. Wie ihre Augen leuchteten. Wie sie fühlten und tasteten. Und sich dann doch anders entschieden. Die Leute waren insgesamt alle sehr dankbar. Eine Frau kam noch mal zurück und spendete zehn Euro: „Das Geschenk – ein neuer Radiowecker – ist doch viel mehr wert!“ Ein Ehepaar nahm gleich 50 Überraschungsgeschenke mit nach Hause. Ein anderes 30. Und ein drittes 17. Dieses Paar kam am nächsten Tag wieder. Von Siegen. Nur um sich zu bedanken: „Von den siebzehn Sachen sind fünfzehn sehr schön und gut zu gebrauchen. Herzlichen Dank!“, sagte sie. Und er ergänzte: „Wir kommen im nächsten Jahr wieder. Versprochen.“

Zurück zu mir: Ich lag bis Sonntagnachmittag in einem Regal in der Verkaufsbude. Ganz unbehelligt. So konnte ich lange Zeit alles mitverfolgen. Als ich gerade überlegte, was wohl aus mir werden würde, kam ein nettes Ehepaar. „Wir hätten gern drei Überraschungsgeschenke, die beiden hier und das dort im Regal.“ Einerseits war ich froh, kein Ladenhüter zu sein. Aber andererseits: Wie würde man mich beurteilen? Was sollte bei den „Neuen“ alles auf mich zukommen? Gut fing dann alles nicht an, in dem Eckhaus im unteren Teil der Bergstraße. Denn wir drei, eine getöpferte Tasse, ein kleines Portemonnaie und ich, blieben drei Wochen lang – immer noch verpackt – in dem Einkaufsbeutel liegen. Dann, am vierten Adventssonntag, kamen die beiden Töchter mit ihren Ehemännern und den Kindern zu Besuch und zum Kuchenessen. Auf einmal holte man die Tasche hervor und machte sich ans Auspacken. Wir drei waren total aufgeregt.

Das kleine Portemonnaie hatte es dem einen Enkelsohn angetan. „Es ist ja noch fast neu; das kann ich gut gebrauchen!“ Auch die Tasse fand sofort eine Abnehmerin. „Die ist ja wunderschön. Würdet ihr mir die überlassen?“, fragte eine der Töchter. Der Wunsch wurde sogleich erfüllt. Jetzt kam ich an die Reihe. Was würde man zu mir sagen? Sorgen und Zweifel! Aber die verflogen im Nu, als ich die freudigen, ja, überschwänglich ausfallenden Reaktionen der Gastgeberin vernahm. Um es kurz zu erklären: Sie besitzt seit ungefähr zwanzig Jahren die große Schüssel und acht Dessertschälchen. Aus der Serie „Orchidee“. Wirklich! Die Überraschung und die Freude über die passende mittlere Schale, die ja eigentlich fehlte, waren riesengroß! Und auch ich war jetzt nicht mehr allein! Alles in allem: Eine fast unglaubliche Geschichte. Aber sie ist wahr!

Ihr und euer Peter-Christian Rose,

der sich bei seinen Teammitgliedern Katja Rose, Renate Sünkel, Andrea Fink, Almuth Schwichow, Mechthild Jung, Karin Krahl, Ursel Stutte, Annemarie Groos, Ulrike Rose, Jörn Ackerstaff, Uli Veltzke, Stefan Bernhardt und Martin Schnutz auch auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich für die großartige Mithilfe bedankt.