Rückblick: 16.Juni 2013 – Eiserne und Diamantene Konfirmation in der Talkirche

An Geschenke war kaum zu denken …

Frühjahr 1948. Vor drei Jahren war der 2. Weltkrieg zu Ende gegangen. In Deutschland herrschten Not und Entbehrung. Die allgemeine Lebensmittelversorgung war schlecht, überall gab es Mangel und Rationierungen. Auch hier bei uns. „In diese schlimme Zeit fiel unsere Konfirmation“, erinnern sich Ernst-Albert Neuser und Kurt Hess. Hinter ihnen lag der Vorkatechumenenunterricht, der von 1945 bis 1946 dauerte und von Hanna Buscher, der Gemeindehelferin, erteilt wurde. „Und natürlich der reguläre zweijährige Unterricht. Er fand dienstags und donnerstags statt, die Setzer gingen immer zusammen nach Geisweid. Wir mussten alle sehr viel auswendig lernen, regelmäßig zum Gottesdienst gehen und immer vier bis fünf Sätze über die Predigt schreiben“, so Ernst-Albert Neuser. „Blocktage, Wochenendfreizeiten und Projekte gab es damals noch nicht“, ergänzt Kurt Hess. Bei der Prüfung mussten die Mädchen und Jungen in der voll besetzten Talkirche ihr abfragbares Wissen unter Beweis stellen. Und alle hatten unendliche Angst, sich zu blamieren. „Uns flatterten die Knie. Wirklich!“

Langsam begannen die Vorbereitungen für die Einsegnungsfeier. „Nur unter schwierigsten Umständen war es mir möglich, die Konfirmationskleidung zu bekommen“, weiß E.-A. Neuser zu berichten. „Für den Stoff des Anzuges musste ein einjähriges Ziegenlamm und für das Oberhemd ein lebender Hahn eingetauscht werden; die Schuhe durfte ich schon ab Herbst nicht mehr anziehen, sie mussten geschont werden!“ Bei Kurt Hess sah es damals nicht anders aus. Die Schuhe bekam er geliehen, die Hose war ihm viel zu groß. Erst kurz vor der Konfirmation brachte ihm Pfarrer Erich Schmidt eine Anzugjacke aus einem Care-Paket. „Meine Mutter war überglücklich. Ja, und noch etwas Tolles fällt mir zu unserem Pfarrer ein: Die ganz lernschwachen Schülerinnen und Schüler nahm er bei der Prüfung nur beim Psalm 23 und dem ´Vaterunser´ dran.“

Dann kamen die Konfirmationen. Am 14. März 1948 wurden die 60 Mädchen und Jungen aus Klafeld und Birlenbach eingesegnet. Von Pfarrer Schmidt. Eine Woche später waren es bei Pfarrer Fritz Gossing sogar 74. Er konfirmierte die Kinder aus Geisweid, Setzen und Dillnhütten. Bei vielen war das Fest getrübt durch die Erinnerung an vermisste oder gefallene Familienangehörige. Außerdem: „An Geschenke war kaum zu denken“, sagt Ernst-Albert Neuser, „und so war man froh, wenn von den Paten ein paar Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt wurden, damit wenigstens eine kleine Feier ausgerichtet werden konnte.“ Bei Familie Hess mit ihren acht Kindern gab es nur einen Kuchen aus Roggenmehl und einigen Streuseln drauf. „Wenn man dies alles in unserer Wohlstandsgesellschaft noch einmal überdenkt und davon erzählt, könnte die jetzige Generation annehmen, dass es sich bei all den Schilderungen etwa um ein Märchen handeln möge.“ So resümiert E.-A. Neuser die Verhältnisse vor 65 Jahren.

Gruppenfoto nach der Eisernen Konfirmation
Gruppenfoto nach der Eisernen Konfirmation

Jetzt – am 16. Juni 2013 – trafen sich gut zwanzig der „48er“ zur Eisernen Konfirmation; besonders froh war man, dass zwei im Marienheim wohnende Jubilarinnen teilnehmen konnten. Zudem hatten sich noch 44 Frauen und Männer, alle im Alter von 74 oder 75 Jahren, zur gleichzeitig stattfindenden Diamantenen Konfirmation eingefunden. Um die Vorbereitungen hatten sich dort die beiden Erzähler gekümmert, hier lag die Organisation in den Händen von Klaus Kuhl. Die Wiedersehensfreude der 1953 von den Pfarrern Wilhelm Biederbeck, Erich Schmidt und Alfred Flick Konfirmierten war sehr groß, hatten sich doch viele seit der „Goldenen“ vor zehn Jahren nicht mehr gesehen. Der festliche Gottesdienst in der Talkirche wurde vom Kirchenchor Klafeld unter der Leitung von Andrea Stötzel musikalisch gestaltet und bereichert, man sang u. a. „Jauchzet dem Herrn, alle Welt!“ und „Der Herr geht vor dir her“. Pfarrer Frank Boes stellte seinen Predigttext unter die Bibelverse aus Lukas 19, 1-10. Er blickte auf die letzten Jahrzehnte der damals Eingesegneten zurück, auf Höhen und Tiefen, auf schöne Wege und Sackgassen, auf den Beruf, auf das Familien- und Glaubensleben, auf die Suche nach wirklichen Zielen – so wie es Zachäus getan hatte. Dann, zwischen Predigt und Abendmahl, eine Zeit der Stille. Man gedachte der Verstorbenen, im Chorraum wurde für sie eine Kerze angezündet. Der Gottesdienst endete mit dem Lied „Komm, Herr, segne uns“. Die Diamant-Konfirmanden ließen den „besonderen und berührenden“ Tag mit einem gemeinsamen Mittagessen und Kaffeetrinken ausklingen.

Bleiben zum Schluss noch zwei Fragen: Wird sich in fünf Jahren jemand bereiterklären, der dann die „Eiserne“ organisiert? Und: Findet 2018 in Klafeld auch eine Gnadenkonfirmation statt? Wenn es ihnen gesundheitlich noch gutgehen sollte, wollen sich Ernst-Albert Neuser und Kurt Hess darum kümmern.

Peter – Christian Rose