Kooperation in der Region: Klafeld und Weidenau rücken näher zusammen

Im Juni 2013 hat die Kreissynode den sogenannten „Gestaltungsprozess 2025“ angestoßen. Hintergrund sind die zurückgehenden Gemeindegliederzahlen (bei uns sind es jedes Jahr rund 100 Menschen weniger) und der dadurch bedingte Rückgang bei den Kirchensteuereinnahmen, verbunden auch mit weniger Geld zur Finanzierung von Pfarrstellen. Dies hat jetzt schon zu einer Heraufsetzung der Gemeindegliederzahl pro voller Pfarrstelle von 2500 auf 3000 geführt. Dazu kommt, vor allem ab 2025, eine große Pensionierungswelle bei den jetzt noch aktiven Pfarrerinnen und Pfarrern, die voraussichtlich nicht durch genügend Nachwuchs aufgefangen werden kann.

Natürlich weiß keiner, ob es genauso kommt, aber recht wahrscheinlich ist es doch. Also tun wir gut daran, als Kirche im Ganzen wie als Gemeinde, wenn wir uns rechtzeitig darauf einstellen. Wir müssen uns gut überlegen, was Pfarrerinnen und Pfarrer in Zukunft noch tun können und sollen, was ehrenamtlich geleistet werden kann und welche Arbeitsfelder wir aufgeben müssen oder nur noch gemeinsam mit anderen beackern können. Verstärkte Bedeutung kommt dabei der Zusammenarbeit mehrerer Gemeinden in einer Region zu, damit Pfarrstellen gerecht verteilt und unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden können, weil nicht mehr jede Gemeinde alles machen kann.

In unserer Region, bestehend aus den Gemeinden Klafeld und Weidenau, hat sich nach dem Beschluss der Kreissynode schon bald dringender Handlungsbedarf ergeben: Nach dem Weggang von Pfr. Montanus wurde seine Stelle nur noch vorübergehend mit einer Pfarrerin im Entsendungsdienst (Pfrn. Hühme, geb. Kimminus) besetzt. Nach deren Abschied im Herbst 2014 ist die Stelle nun endgültig aufgehoben. Gleichzeitig wurde noch eine halbe Pfarrstelle durch den Ruhestand von Pfrn. Hastert frei. Diese halbe Stelle steht der Gemeinde Weidenau weiterhin zu, sie wird aber nicht mehr zur Bewerbung von außen freigegeben.

An dieser Stelle kommt nun die Gemeinde Klafeld ins Spiel. Die erfreut sich zurzeit noch drei voller Pfarrstellen, müsste aber dafür eigentlich mindestens 7500 Gemeindeglieder haben. Es sind aber nur noch 7150, Tendenz fallend. Hier muss also nach den Regeln, die Landeskirche und Kirchenkreis aufgestellt haben, ein Ausgleich geschaffen werden: Klafeld muss Pfarrer-Arbeitskraft im Umfang einer halben Stelle an Weidenau abgeben.

Die Landeskirche bevorzugt in einem solchen Fall eine „pfarramtliche Verbindung“: ein Pfarrer oder eine Pfarrerin arbeitet mit je einer halben Stelle in beiden Gemeinden und hat dann auch in beiden Presbyterien Sitz und Stimme. Diese Lösung konnte sich aber bei uns niemand vorstellen. Erstens bedeutet sie für die betreffende Person de facto erhebliche Mehrarbeit, und zweitens hätte dies für unsere Gemeinde eine große Umstrukturierung bedeutet, die wir ihr nicht schon wieder zumuten wollten.

Also haben wir eins tiefer angesetzt: Nach einem halben Jahr Verhandlungen haben wir am 25. Juni 2015 mit der Gemeinde Weidenau einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Danach übernehmen Pfrn. Schwichow, Pfr. Boes und Pfr. Klein zu gleichen Teilen Aufgaben in der Gemeinde Weidenau, die insgesamt dem Umfang einer knappen halben Stelle entsprechen. Alleiniger Anstellungsträger aller drei bleibt dabei die Gemeinde Klafeld.

Im Einzelnen sieht das folgendermaßen aus: Wir drei übernehmen einen Seelsorgebezirk mit ca. 900 Gemeindegliedern in Weidenau; er umfasst das Gebiet westlich der Bahnlinie Siegen-Hagen. In diesem Gebiet kümmert sich Pfr. Boes um die evangelischen Bewohner des Marien-Altenheims. Pfrn. Schwichow übernimmt den übrigen Bereich nördlich der B 62 einschließlich der Begleitung des Kindergartens Herrenfeld. Und Pfr. Klein steht den Gemeindegliedern südlich der B 62 zur Verfügung. Außerdem feiern wir im Wechsel einmal monatlich die Gottesdienste in der Haardter Kirche und der Christuskirche (Dautenbach) und verpflichten uns zu Vertretungen im Krankheits- und Urlaubsfall. Sollten sich durch Weggang oder Ruhestand Veränderungen in der Pfarrerschaft ergeben, muss über die Kooperation neu verhandelt werden.

Diese Vereinbarung ist zum 1. August 2015 bereits in Kraft getreten. Seitdem arbeiten also die Klafelder Pfarrerin und Pfarrer mit (theoretisch) jeweils 16,6 % ihrer Arbeitskraft in Weidenau. Was bedeutet das nun für die Gemeinde Klafeld? Natürlich muss sie auf einen entsprechenden Anteil „ihrer“ Pfarrer verzichten. Wie sich das genau auswirken wird, muss sich noch zeigen, wir versuchen aber die Veränderungen für die Gemeinde so gering und so erträglich wie möglich zu halten.

Was jetzt schon klar ist:

  • Um die Gottesdienste in Weidenau übernehmen zu können, wird in Zukunft in der Regel einer von uns den Gottesdienst im Tal und im Wenscht halten (außer in den nicht seltenen Fällen, wo in einer oder in beiden Kirchen etwas Besonderes ansteht, so dass doppelte Vorbereitung nötig wäre).
  • Damit die Zahl der von uns dreien seelsorgerlich zu betreuenden Gemeindeglieder und die damit verbundene Arbeit in etwa gleich groß bleibt, müssen wir bei den Klafelder Seelsorgebezirken eine kleine Veränderung vornehmen: das „Wiesental“ (Straßen Am Bauhof, Am Sohlbach, Auf der Schläfe, Bachstraße, Im Wiesental, Sedanstraße und Sohlbachbrücke) mit ca. 220 Gemeindegliedern wird zum 1. September von Bezirk I (Pfr. Klein) zu Bezirk II (Pfr. Boes) wechseln. Für die betroffenen Gemeindeglieder ändert sich dadurch nichts, außer dass nun Pfr. Boes ihr erster Ansprechpartner in allen seelsorgerlichen Belangen ist. Ob jemand z.B. lieber in die Tal- oder in die Wenschtkirche zum Gottesdienst geht, bleibt davon völlig unberührt. Insgesamt kommen wir damit auf Gemeindegliederzahlen pro Pfarrstelle (im Schnitt etwas unter 2700), die wir nach der letzten Umstrukturierung 2008 schon einmal hatten.
  • Ansonsten müssen wir noch prüfen, wie die Arbeit zwischen uns gerecht und gleichmäßig verteilt bleibt und bewältigt werden kann. Generell werden wir wohl in Zukunft seltener alle drei dasselbe machen. Ein Beispiel, das schon verabredet ist: Pfrn. Schwichow wird sich in den nächsten Monaten verstärkt um den Aufbau des Mittagstischs kümmern und dafür beim neuen Konfirmandenjahrgang im ersten Jahr aussetzen, was wegen gesunkener Anmeldezahlen auch machbar ist.

Niemand von uns – das gilt für beide Gemeinden – ist mit großer Begeisterung auf diese Kooperation zugegangen, denn natürlich hätten wir beide weiterhin auch für drei ganze Pfarrer genug zu tun, und gern hätten wir für unsere Gemeinde nach schweren Zeiten und tiefgreifenden Veränderungen eine weitere Beeinträchtigung vermieden. Es gab deshalb harte Verhandlungen und kontroverse Diskussionen, und niemand hat sich die Entscheidung leicht gemacht. Ich denke aber, dass das Ergebnis das Beste ist, das sich unter den gegebenen Voraussetzungen erzielen ließ: den Weidenauern wird die dringend nötige Unterstützung zuteil, und die Folgen für Klafeld sind ohne große Umbrüche zu bewältigen. Außerdem haben wir damit als erste Region des Kirchenkreises den „Gestaltungsprozess 2025“ abgeschlossen und können uns hoffentlich wieder stärker anderen Dingen zuwenden.

Wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischen kommt, werden wir nun für die nächsten acht bis zehn Jahre so arbeiten können. Wir sollten diese Frist nutzen, um uns in Ruhe auf die Zeit nach 2025 vorzubereiten. Denn dann wird unsere Gemeinde voraussichtlich mit nur noch zwei Pfarrstellen auskommen müssen. Entlastung durch Zusammenarbeit mit Weidenau ist eine Möglichkeit, wie das gelingen kann, und dafür haben wir nun eine Basis geschaffen, auf der sich manches entwickeln mag. Möge die Gemeinde also das Beschlossene mittragen und möge Gott seinen Segen dazu geben!

Pfarrer Dr. Martin Klein