Konfirmationsgottesdienst 23. April 2023

Wenschtkirche, Sonntag Misericordias Domini

Text: Psalm 23

Liebe Konfis,

anders als frühere Generationen musstet ihr ja nicht viel auswendig lernen (auch wenn es euch vielleicht immer noch viel vorkam). Zu dem Wenigen gehörte der Psalm, den wir vorhin gemeinsam gespro­chen haben: Psalm 23 – „der Herr ist ein Hirte, mir wird nichts man­geln.“ Ihr habt euch vielleicht gefragt, warum. Das Glaubensbekennt­nis – ok, das ist halt die gemeinsame Basis für alles, was Chris­ten glauben. Das Vaterunser, das Gebet, das Jesus uns beigebracht hat, kannten viele von euch schon vor der Konfi-Zeit. Und dass die Zehn Gebote gute Regeln sind für das Miteinander zwischen Menschen und mit Gott, das könnt ihr auch noch nachvollziehen. Aber der Psalm 23? Warum soll gerade der so wichtig sein? So haben wohl viele von euch gedacht – und ihn dann halt doch nicht so gründlich gelernt. Aber immerhin: Einer von euch hat sich einen Vers daraus als Konfirmationsspruch ausgesucht, und so ist es fast jedes Jahr. Und wenn ihr mal ältere Menschen fragt: Da gibt es viele, die gerade diesen Psalm besonders gut kennen und zu schätzen wissen. Wie kommt das?

Es muss wohl daran liegen, wie dieser Psalm von Gott redet. Er ge­braucht wunderbare und eindrückliche Bilder dafür: Ich kann mich auf Gott verlassen, heißt es da, wie ein Schaf auf seinen Hirten. Auch wenn ich mich verrannt und verirrt habe, geht er mich suchen. Er versorgt mich mit allem, was ich zum Leben brau­che, und er ist da­bei nicht knauserig – dafür stehen das fri­sche Wasser, die saftig-grü­nen Wiesen, der gedeckte Tisch, der rand­volle Becher. Er weiß, was mir Angst macht – das finstere Tal, die Feinde – und er bewahrt mich davor. Und er salbt mich mit Öl und sagt mir damit: für mich bist du ein König oder eine Königin, und so behandle ich dich auch: mit Ehrerbietung und mit Respekt, weil du etwas ganz Besonderes bist – nicht aus eigener Kraft, aber weil ich dich so ge­macht habe, dich und alle anderen Menschen.

Obwohl der Psalm so schön ist, kann es allerdings sein, dass es euch Konfis gar nicht passt, ihn auf euch selber zu beziehen. Ok, ihr fän­det ihr es sicher ganz nett, mal von vorn bis hinten bedient zu wer­den. Aber wahrschein­lich kennt ihr das nur als Vorwurf eurer El­tern, wenn die mal wieder euren Krem­pel wegräumen, weil sie die Unord­nung einfach nicht so lange aushalten wie ihr. Aber sonst? Wer ist schon gern ein Schaf? Immer brav hinterm Hir­ten her trot­ten, auch wenn er seinen Job richtig gut macht – ich denke, das wäre nicht euer Ding. Und wie ein König oder eine Königin behandelt zu wer­den, das klingt zwar gut. Aber man sitzt dabei auch auf dem Präsentiertel­ler und wird von allen begutachtet, und das wäre euch wohl eher pein­lich.

Aber ob ihr nun mit den Bildern des Psalms etwas anfangen könnt oder nicht, darauf kommt es gar nicht an. Entscheidend ist eigentlich nur ein Satz, und der steht nicht zufällig genau in der Mitte: „Du bist bei mir“ – das wollen all die Bilder sagen, und nur darum geht es. Damit ihr mich jetzt nicht falsch versteht: Ihr solltet schon den gan­zen Psalm lernen, aber inwen­dig, in eu­ren Herzen, da braucht ihr nur diese vier Wörter: „Du bist bei mir“. Wenn euch das wirklich aufgegan­gen ist in den letzten an­derthalb Jahren oder auch früher schon, wenn ihr das wirk­lich mit ins Leben nehmt, dann haben wir mit unserer Konfir­mandenar­beit etwas erreicht.

Das wäre also mein Wunsch: dass euch diese Worte immer wie­der in den Sinn kommen, euch trösten, Kraft ge­ben, Mut machen, oder was auch immer ihr gerade nötig habt: Wenn in der Schule alles schief­läuft, wenn’s Fünfen hagelt und die Versetzung gefähr­det ist – du, Gott, bist bei mir! Wenn mich alle Freunde im Stich lassen, wenn ich ganz allein dastehe und alle auf mir rumha­cken – du bist bei mir! Wenn die Familie kaputt geht, weil die El­tern sich trennen oder weil ich es zu Hause nicht mehr aushalte – du bist bei mir! Wenn die Angst vor der Zukunft mich packt, weil in der Welt irgendwie alles immer schlimmer wird – du bist bei mir! Aber auch wenn ich gerade happy bin und alles super läuft und ich an Gott gar nicht denke – auch dann bist du bei mir! Und wenn ich eines Tages alt, krank und ge­brechlich werde und schließlich sterben muss – dann bist du im­mer noch da und führst mich durch dieses letzte dunkle Tal.

Du bist bei mir – das ist ein Satz aus dem tiefes Vertrauen spricht. Und dieses Vertrauen auf Gott, das ist der innerste Kern unseres christli­chen Glaubens. Dieses Vertrauen können wir nicht selber ma­chen. Wir können uns nicht hinsetzen und sagen: „So, ab jetzt ver­traue ich auf Gott!“ Wir können uns das auch nicht einreden, in­dem wir es uns immer wieder vorsagen. Das mag eine Weile funkti­onie­ren. Aber irgendwann wird etwas passieren, was uns so erschüttert, dass wir merken: Es war ja gar nicht wirklich da, das Vertrauen

Nein, Gott vertrauen zu können, das ist ein Geschenk: Gott selber sorgt dafür, dass ich ihm vertrauen kann. „Na toll“, denkt ihr jetzt vielleicht, „warum tut er es denn dann bei mir nicht? Wa­rum krie­gen andere dieses Geschenk und ich nicht? Ich würde Gott doch auch gern vertrauen, aber ich kann es nicht!“

Wenn es euch so geht, dann kann ich euch nur empfehlen: Schaut euch noch mal genau um! Vielleicht entdeckt ihr doch noch ir­gendwo die Spuren Gottes in eurem Leben und merkt: Er ist ja längst bei mir – ich hab es nur nicht gewusst!“ Und wenn nicht, dann redet mit Gott! Sagt ihm: „Ich möchte dir so gern ver­trauen, hilf mir da­bei!“ Vielleicht müsst ihr dabei ziem­lich hartnä­ckig sein, aber irgend­wann, da bin ich sicher, gibt Gott euch Ant­wort.

„Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ So endet der Psalm 23. Oder wie es in einer neueren Übersetzung heißt: „Nichts als Liebe und Güte begleiten mich alle Tage meines Le­bens. Mein Platz ist im Haus des Herrn. Dorthin werde ich zurückkeh­ren – mein ganzes Leben lang!“ Das „Haus des Herrn“, das ist für uns die Kirche, oder besser gesagt: die Gemeinschaft der Menschen, die an Gott, an Jesus Christus glauben. Und diese Gemeinschaft tut gut. Sie gibt Halt. Und sie bietet euch die Chance, euch einzubringen mit dem, was ihr gut könnt. Deshalb freue ich mich, dass sich recht viele aus eurem Jahrgang für unser Trainee-Programm interessieren und Lust haben, in unserer Jugendarbeit mitzumachen. Andere von euch haben dage­gen eher nicht vor, regelmäßig ins „Haus des Herrn“ zurück­zukeh­ren – nach dem Motto: Konfi-Pass voll, Pflicht abge­hakt, jetzt ist erst mal gut mit Kirche. Auch das ist eure freie Entschei­dung, an der wir euch nicht hin­dern. Aber dann lasst euch wenigstens sagen: Wenn ihr Gott gern vertrauen wollt, dann gelingt das besser gemeinsam mit anderen, die das auch tun. Und noch was: Ihr habt einen Platz im Haus Got­tes – spätestens, seit ihr getauft seid. Und das bleibt euer ganz persönlicher Platz, immer. Niemand kann ihn euch wegneh­men. Ihr könnt ihn jederzeit wieder einneh­men, denn Gott hält ihn für euch frei. Und das ist doch gut zu wissen, oder? Amen.

Pastor Martin Klein