Klafelder Marienglocke

Bald 450 Jahre alt – oft umgezogen – 1972 gestohlen:

Die Klafelder Marienglocke bleibt unauffindbar

Die Marienglocke aus dem Jahr 1570 ist die älteste nachweisbare und damit traditionsreichste Klafelder Glocke. Wo sie gegossen wurde, ist nicht bekannt; sie trägt auf dem oberen Drittel ihres Umfanges die Inschrift „AVE MARIA GRATIA PLENA ANNO DOMINI 1570“. Das heißt: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade. Im Jahr des Herrn 1570“.

Als die kleine Glocke im massiven Turm der Kapelle auf dem Marktplatz aufgehängt wurde, hatte Klafeld mit seinen Hüttensiedlungen am Geisweider Hammer und an der Birlenbacher Hütte etwa 270 Einwohner. Die Kapelle stand in der Ortsmitte; sie war dort wahrscheinlich schon im 12. Jahrhundert erbaut worden. Es muss sich um ein kleines Bauwerk gehandelt haben (Länge: 10 m; Breite: 5,50 m), wie dies auf alten Katasterblättern ausgewiesen ist.

Die ersten acht Jahre ihres Dienstes hat die Glocke noch zum katholischen Gottesdienst in die Kapelle gerufen. 1578 aber führte der Landesherr (Johann VI, Graf von Nassau – Dillenburg, genannt der Ältere; Regierungszeit: 1559 – 1606) die Reformation in seiner Grafschaft durch.

Klafeld war damals keine eigene Pfarrgemeinde, der Ort gehörte wie Weidenau zum Pfarrbezirk Siegen. Von dort kamen die Geistlichen zum Gottesdienst, wie auch zu allen anderen kirchlichen Handlungen. Wahrscheinlich bettete man um diese Zeit die Verstorbenen noch auf dem um die Kapelle herum liegenden Gottesacker zur letzten Ruhe.
Im Jahr 1860 wurde die alte Kapelle abgerissen. Wegen des ständig steigenden Grundwassers war das Holzwerk angefault und der Modergeruch widerlich geworden. Auch das Dach befand sich in einem sehr schlechten Zustand. Durch den Verkauf von Steinen und anderen verwertbaren Resten bekam man nach dem Abbruch 200 Taler. Die Orgel, die alte Turmuhr, die Bibel und die kleine Glocke fanden ihren Platz in der vierklassigen Marktschule, die ihren Standort hinter der Kapelle am Sohlbach hatte und in der man jetzt die Gottesdienste durchführte.

Im Jahr 1874 wurde Weidenau eine selbstständige Pfarrgemeinde, der Klafeld zugeteilt war. Weil aber die Einwohnerzahlen in den nachfolgenden Jahren mächtig anstiegen, wurde zum 1. Mai 1898 die Errichtung der Kirchengemeinde Klafeld verfügt. Die Gottesdienste fanden im neu gebauten Lutherhaus statt, die Glocke läutete aber immer noch vom Turm der Marktschule herab.

Mit der Einweihung der Talkirche am 11. Juli 1906 endete für die Glocke ihr kirchlicher Dienst. Jetzt läutete sie nur noch zur Mittagszeit um 11.30 Uhr; ansonsten schlug sie die Stunden des Tages an. Mit der Ernennung des Hauptlehrers Eduard Pampus zum Rektor am 12. Dezember 1908 hörte die geistliche Ortsschulinspektion für die Marktschule auf. Dies war der äußere Anlass für die Forderung von Pfarrer Heinrich Bergmann, darauf zu bestehen, dass die alte Kapellenglocke nun ihren Platz im Turm der Talkirche bekam, wo drei verschieden große Glocken ihren Dienst taten.

Am 20. Juli 1917 mussten die beiden großen Kirchenglocken für Rüstungszwecke abgeliefert werden. Über die Kapellenglocke hielt Pfarrer Heinrich Bergmann aber wegen ihres hohen Alters bewusst seine schützende Hand.

Rektor Heinrich Uhe und einigen Männern der Gemeinde, denen die alte Glocke von Jugend auf lieb und wert war, ist es zu danken, dass sie in den dreißiger Jahren – der Ortspfarrer war im Jahr 1922 verstorben – wieder im Turm der Marktschule ihren Platz fand. Von dort wurde sie mit der Turmuhr 1937 beim Verlassen der alten Schule am Markt zur Bismarckschule mitgenommen. Sie wurde als Schulglocke genutzt und gab den Bewohnern des Unterdorfs überdies tagsüber und während der Nacht die Stunden bekannt.

Am 13. Juli 1958 wurde die neue Friedhofskapelle eingeweiht. Die Glocke verbrachte man dorthin, und ihr Geläut geleitete die Toten fortan auf ihrem letzten Weg. Am 3. Dezember 1972 wurde die Glocke gestohlen; bis heute gilt sie als verschollen.

Peter-Christian Rose

 Quellen: – Blickpunkt (1. Ausgabe 1958 und 2. Ausgabe 1982); Festschrift zum Jubiläum „100 Jahre Kirchengemeinde Klafeld“ (Mai 1998); „Nachrichten aus der Ev.-Ref. Kirchengemeinde Klafeld“ (Ausgabe Mai / Juni 1998)