Vor fünf Jahren saßen wir in den Startlöchern, haben uns viele Gedanken darüber gemacht, wie es mit dem Mittagstisch wohl laufen kann und wird, und schließlich auch „probegekocht“. An die Zeit, bevor wir den Mittagstisch eröffnet haben, an unsere Überlegungen, Erwartungen und Befürchtungen kann ich mich noch sehr gut erinnern.
Bereits 2013 war im Presbyterium die Idee aufgekommen, die Räume des neuen Gemeindezentrums auch für ein sozial-diakonisches Angebot zu nutzen. Da im Bereich der Kirchengemeinde Klafeld etliche Menschen leben, die von Armut betroffen oder bedroht sind, sollte nach dem Vorbild des Kreuztaler Mittagstisches einmal wöchentlich ein preiswertes Essen für „Bedürftige“ gekocht werden. Mitstreiterinnen und Mitstreiter für dieses Projekt waren nach einem Aufruf in den Gemeindenachrichten schnell gefunden. Ab Mai 2014 haben wir uns regelmäßig getroffen, um konzeptionelle und organisatorische Fragen zu klären. Dabei kam immer wieder die Frage auf, was es eigentlich heißt, bedürftig zu sein. Geht es dabei ausschließlich um finanzielle Probleme? Sieht man Menschen schon an ihrer Kleidung, ihrem Äußeren an, dass sie nicht genug Geld zum Leben haben? Dürfen auch Menschen bei uns essen, die in diesem Sinne nicht bedürftig sind, aber allein leben und wenigstens einmal in der Woche beim Essen Gesellschaft haben möchten? In den Wochen vor der Eröffnung haben wir außerdem beim Kreuztaler Mittagstisch hospitiert, die erforderliche Hygieneschulung absolviert und das Team in einem Gottesdienst in der Talkirche in seine neue Aufgabe eingeführt.
Am 19. November 2015 war es dann endlich soweit! Im Gemeindezentrum mittendrin, das zwei Monate zuvor eingeweiht worden war, wurde der Klafelder Mittagstisch erstmals gedeckt. Es gab, wie auch schon beim Probekochen, eine leckere Gemüsesuppe, die sich die ersten 14 Gäste gut schmecken ließen. Nach dem gelungenen Auftakt dauerte es allerdings eine Weile, bis die Zahl der Besucher dauerhaft anstieg. Noch heute schwanken die Zahlen immer mal wieder, so z.B. im September, als wir zwischen 23 und 47 Gäste begrüßen konnten. Ein volles Haus haben wir immer am letzten Donnerstag vor Weihnachten. Dann servieren wir ein richtiges Weihnachtsmenu und anschließend noch Kaffee und Kuchen.
Einige unserer Gäste waren schon beim Auftakt im November 2015 dabei. Wir haben sowohl Stammgäste als auch gelegentliche Besucher, aus dem Raum Geisweid ebenso wie aus Kreuztal, Siegen oder Dreis-Tiefenbach. Was die meisten Gäste schätzen, ist die ruhige Atmosphäre, die bei uns herrscht, dass alles ohne Zank und Streit abläuft. Sie sparen nicht mit Lob und Dank für das gute Essen und den freundlichen Service unseres Teams. Als wir den Mittagstisch während des Corona-Lockdowns schließen mussten, haben viele den Kontakt untereinander und auch zu den Mitgliedern des Teams sehr vermisst. Um die Schutzmaßnahmen gut einhalten zu können, wird seit Oktober zeitlich versetzt in zwei Gruppen gegessen.
Auch in unserem Team sind viele schon von Anfang an dabei. Zunächst haben wir uns alle sechs bis acht Wochen zur Team-Sitzung getroffen, inzwischen zwei- bis dreimal jährlich. Zum Team gehören Männer und Frauen unterschiedlichen Alters und verschiedener Konfession. Die Leitung lag bzw. liegt in den Händen von Christa Linde, Elke Schwandt und Thomas Völker. Fachkundig unterstützt werden sie von unserem Küster Jörn Ackerstaff, einem gelernten Koch. Auf die Frage, warum sie sich ehrenamtlich für den Mittagstisch engagiert, hat Ulrike Schlag geantwortet: „Ich helfe gerne beim Mittagstisch. Das Schnibbeln und Vorbereiten von Obst und Gemüse macht gemeinsam mit den anderen Helfern große Freude. Den Donnerstagmorgen plane ich zweimal im Monat fest ein. Das hat mir in der Corona-Zeit sehr gefehlt.“ Neben dem Schnibbeln gibt es auch noch andere Tätigkeiten, für die wir in unserem ökumenischen Team dringend Verstärkung suchen. Wenn Sie sich vorstellen können, bei uns mitzumachen, dann sprechen Sie mich oder jemanden aus unserem Team doch einfach mal an. Sie können auch gerne donnerstags ab 8:30 Uhr im Gemeindezentrum mittendrin vorbeikommen und sich bei uns umschauen.
In den letzten fünf Jahren ist der Klafelder Mittagstisch zu einer festen Einrichtung in unserer Gemeinde geworden. Das verdanken wir zuerst unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Woche für Woche mit viel Freude, Tatkraft, Herzenswärme und immer neuen Ideen für unsere Gäste da sind. Ein Dank gebührt natürlich auch all denen, die immer wieder bereit sind, uns mit Lebensmitteln und Spenden zu unterstützen, darunter auch die Siegener Tafel, mit der wir seit fünf Jahren gut zusammenarbeiten.
Von den vielen Geschichten, die sich rund um den Mittagstisch zugetragen haben, möchte ich eine erzählen. Als kürzlich an der Talkirche Pflasterarbeiten durchgeführt wurden, wurde einer der Handwerker, ein Moslem, auf den Mittagstisch aufmerksam. Nachdem er von Jörn Ackerstaff erfahren hatte, was donnerstags bei uns im Gemeindezentrum los ist, spendete er einen Betrag, von dem alle Besucher zweimal kostenfrei essen konnten.
(Nächsten-)Liebe geht durch den Magen, auch beim Klafelder Mittagstisch.
Pfrn. Almuth Schwichow