Ein Hörerlebnis der besonderen Art

„Das Konzert war wunderbar und ein ganz erstklassiges Erlebnis!“, „Unser Kommen haben wir keine Sekunde lang bereut!“, „Zwölf klare und perfekt geschulte Stimmen!“, „Exzellent. Der beste Chorgesang seit Langem!“ und „Danke für den Genuss!“ Fünf von vielen Stimmen. Nach dem brillanten Konzert der zwölf Abiturienten des Dresdner Kreuzchores am Abend des 16. Juli in unserer schönen Talkirche. Meiner Mitpresbyterin Gerlinde Panthel standen förmlich die Tränen in den Augen. Noch am Morgen war sie eher skeptisch gewesen. Und jetzt dieser Erfolg: 285 Besucherinnen und Besucher, die aus allen Teilen des

Beim "Türmerlied" vor der Pause
Beim „Türmerlied“ vor der Pause

Kreisgebietes gekommen waren, um sich „das Hörerlebnis der besonderen Art“ nicht hatten entgehen lassen wollen! Über ihre Freundin und deren Sohn, Jakob Uhlig, konnte Gerlinde Panthel den Kontakt zu den „Kruzianern“ knüpfen und erreichen, dass der A cappella – Chor auf seiner großen Deutschland-Tournee auch in Siegen haltmachte.
Die Auftaktveranstaltung hatte am 8. Juli im Erzgebirge stattgefunden. Dann folgten z.B. Berlin und Bonn. Und nach dem Gastspiel bei uns standen dreizehn weitere Konzerte auf dem Programm. Die Rundreise der Sänger endete beim Choriner Musiksommer und schlussendlich am 6. August in ihrer Heimatstadt. Die Zwölf gehörten neun Jahre lang zum Dresdner Kreuzchor, einem der besten Chöre überhaupt. Auf der Homepage ist folgende Formulierung zu finden: „Leidenschaft trifft Präzision“. Er besteht derzeit aus 130 Sängern der „Spitzenklasse“ und konnte im letzten Jahr bereits sein 800-jähriges Bestehen feiern. Den Chor zeichnet ein vielfältiges wie umfassendes Repertoire aus. „Es reicht von den frühbarocken Werken des Dresdner Hofkapellmeisters Heinrich Schütz, den Passionen, Motetten und Kantaten von Johann Sebastian Bach sowie der Chormusik des 19. Jahrhunderts bis hin zur Moderne.“
Es ist nicht leicht, Kruzianer zu werden. Das Casting beginnt im gesamten Dresdner Raum schon in der ersten Grundschulklasse. Die Talentierten erhalten wöchentliche „Singstunden“. Wer als 9-Jähriger die Aufnahmeprüfung besteht, absolviert die vierte Klasse als Probejahr, wohnt aber bereits im schuleigenen Internat. Nach dem Stimmbruch findet ein weiterer Ausleseprozess statt. Bis zum Abitur erhalten die Jungen ihre schulische Ausbildung am Ev. Kreuzgymnasium. Träger des Chores ist die Stadt Dresden. Es ist also kein kirchlicher Chor, wobei allerdings seine künstlerische Heimat die Kreuzkirche ist. Jährlich finden dort über zwanzig Vespern statt, und der Chor singt auch an ca. 35 Sonntagen im Gottesdienst. Zusätzlich werden zahlreiche Konzerte und viele landes- und weltweite Tourneen durchgeführt. Der Kreuzchor ist kulturelles Menschheitserbe, seit 2014 auch von der UNESCO anerkannt.
Am 16. Juli trafen die zwölf Abiturienten, ihr Projektchor läuft unter dem Namen „Shades Of Music“, kurz nach Mittag in Geisweid ein. Im alten Pfarrhaus und im Gemeindezentrum „mittendrin“ hatten sie genügend Platz, ihre Sachen abzustellen und in Ruhe Kaffee zu trinken. Um 16.00 Uhr dann das Einsingen. Danach komme ich mit einigen ins Gespräch. Jakob Uhlig und Felix Eychmüller, gleichzeitig Dirigent und Moderator während der Konzerte, erzählen von ihrer Ausbildung und ihren bisherigen Auftritten. Nein, aufgeregt sind sie nicht mehr! Dafür aber gespannt auf das hiesige Zuschauerinteresse. Und Andreas Bischoff bittet mich, ihm nach dem Konzert einige Fotos zuzuschicken. Dann ist es 18.00 Uhr: Das Ensemble zieht in die Kirche ein. Und Pfarrer Dr. Martin Klein begrüßt den Chor und das Publikum. Dabei gibt er seiner Freude Ausdruck, dass trotz begonnener Urlaubszeit so viele gekommen sind.
Schon beim ersten Stück, dem Hymnus „Aurea luce et decore roseo“ staunen die Besucherinnen und Besucher über die makellosen, klaren Stimmen. Insgesamt präsentiert das Ensemble 23 geistliche und weltliche Chorwerke verschiedenster Epochen und Stile und zeigt dabei das breite Spektrum der Vokalmusik auf. Die Programmauswahl erfolgte vor dem Hintergrund, Stücke zu wählen, die für die Akteure das verkörpern, was sie in neun Jahren Dresdner Kreuzchor geprägt und begeistert hat. Zu den beliebtesten Werken der Sänger zählen das „Türmerlied“ von Paul Geilsdorf und „Salve Regina“ von Franz Schubert. Den meisten Beifall erhalten aber Mozarts „Ständchen“, „Vergissmeinnicht“ von Franz Abt, „Schönes Wetter heute“ von Franz Funck sowie „Crazy“ und „Oh donna Clara“. Gegen 19.45 Uhr lang anhaltender Beifall. Und die Zugabe „Wochenend und Sonnenschein“, jedem bekannt durch die „Comedian Harmonists“. Großartig!

Beim "Fotoshooting" nach dem Konzert
Beim „Fotoshooting“ nach dem Konzert

Der Abend klingt für die Zwölf im Gemeindezentrum aus. Mit einem gemeinsamen Abendessen, an dem natürlich auch die Ehepaare Panthel, Jung, Vogel, Klein, Leidel und Ratzenböck teilnehmen. Sie hatten sich schon im Vorfeld bereit erklärt, jeweils zwei Sängern in ihren Häusern ein Nachtquartier zur Verfügung zu stellen. Dafür auch von dieser Stelle aufrichtigen Dank! Ein großes Lob und ein besonders herzliches Dankeschön sei aber Gerlinde Panthel ausgesprochen. Denn was alles gibt es vor und während einer solchen Veranstaltung zu überlegen, zu planen und zu managen! Am nächsten Morgen um 10.30 Uhr heißt es für „Shades Of Music“, Abschied zu nehmen. Mit der Ankündigung, Siegen-Geisweid auch in den nächsten Tournee-Plan aufzunehmen. Dann starten die Zwölf in Richtung Bad Wimpfen, wo am Abend das nächste Konzert stattfindet. Nach Abschluss der Deutschland-Tour wird sich das Ensemble übrigens auflösen und die Sänger „werden ihre eigenen Wege in unterschiedlichen Richtungen gehen“. Schade! Aber die Zugehörigkeit zum Kreuzchor endet nun mal mit dem Abitur. PS: Während ihrer Fahrt zum nächsten Veranstaltungsort erhalte ich eine Mail von Andreas Bischoff: „Vielen Dank für die Fotos; sie sind ziemlich gut geworden. Das Konzert in Geisweid hat uns sehr viel Spaß gemacht und wir bekamen ausschließlich gute Rezensionen.“ Als Antwort höre ich alle Besucherinnen und Besucher sagen: „Wohl zu Recht!“

Peter-Christian Rose