Auf ein Wort ….

Jesus Christus spricht: Euer
Herz erschrecke nicht !
Glaubt an Gott und glaubt an mich !

Johannes
14,1, Jahreslosung 2010

Erschreckend:
Die Erderwärmung schreitet immer rascher voran, die Prognosen der
Wissenschaftler werden immer düsterer, aber die Regierungen der
Welt produzieren zur Senkung des CO2-Austoßes nur ein paar Absichtserklärungen.
Die gerade noch erträglichen zwei Grad mehr sind deshalb kaum noch
zu schaffen.

Erschreckend:
Das dicke Ende der globalen Wirtschaftskrise kommt erst 2010. Dann
erst, wenn die Kurzarbeit endgültig ausläuft, wird die Zahl der
Arbeitslosen wieder kräftig steigen, und die Steuern, die Staat
und Kirche dieses Jahr nicht eingenommen haben, werden ihnen dann
erst richtig fehlen.

Erschreckend:
Nach dem Selbstmord von Robert Enke melden sich bei der Ehe- Familien-
und Lebensberatungsstelle zahlreiche Menschen, die unter Depressionen
leiden. Sie werden aus Arztpraxen dorthin geschickt, die dem Ansturm
selber nicht gewachsen sind. Es gibt gute Medikamente, die den meisten
von ihnen helfen könnten, aber 60 % aller Depressionen werden gar
nicht diagnostiziert, nur 5 % werden angemessen behandelt. Und die
Zahl der Betroffenen steigt rasant.

Ja, es gibt viele
Gründe, mit Angst und Schrecken ins neue Jahr zu gehen – ich habe
noch längst nicht alle aufgezählt. Und da kommt unsere Jahreslosung
daher und ruft uns zu: „Euer Herz erschrecke nicht!“ In unsere Zeit
und unsere Befindlichkeit hinein gesprochen klingt das doch wie
die Durchsage auf einem sinkenden Schiff: „Keine Panik, wir haben
alles unter Kontrolle!“

Der Zusammenhang
macht allerdings klar, dass Jesus seine Leute nicht in falscher
Sicherheit wiegen will. Denn als er das sagt, weiß er, dass er sterben
muss – morgen schon. Judas ist bereits unterwegs, um seinen Verrat
ins Werk zu setzen. Und Petrus, der vollmundig sein Leben für Jesus
geben wollte, wurde soeben auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt:
„Der Hahn wird nicht krähen, bis du mich dreimal verleugnet hast.“

Nein, das alles
klingt nicht danach, als ob Jesus sich irgendwelchen Illusionen
hingibt oder seinen Jüngern solche vorgaukeln will. Ein paar Kapitel
weiter stellt er nüchtern fest: „In der Welt habt ihr Angst.“ Das
ist so, und es wird auch so bleiben. Trotzdem heißt es dort „Seid
getrost!“ und hier „Euer Herz erschrecke nicht!“ Soll heißen: Das,
was euch Angst macht, muss euch nicht euren Glauben nehmen, so wie
ein Erdbeben ein Haus zerstört oder eine aufgewühlte See ein Schiff
untergehen lässt. Trotz aller Sorgen, trotz allem Schrecken könnt
ihr vertrauensvoll in die Zukunft gehen. Vorausgesetzt jedenfalls,
ihr macht euer Vertrauen an der richtigen Stelle fest: „Glaubt an
Gott und glaubt an mich!“ Für das Johannesevangelium ist das ein
und dasselbe: Wer Jesus sieht, der sieht Gott, und wer Gott vertraut,
der kann es nur mit und durch Jesus.

Gut, dass das
hier so deutlich gesagt wird! Denn beim Stichwort „Glauben“ herrscht
heute leider eine große Begriffsverwirrung. Viele denken zum Beispiel,
sie hätten schon dadurch Grund zur Zuversicht, dass sie fest an
sich selber glauben. Andere sprechen ganz allgemein vom „Vertrauen“
als Grundlage gelingenden Lebens, vergessen aber zu erwähnen, wodurch
dieses Vertrauen denn gerechtfertigt ist.

Gut also, dass
es uns die Jahreslosung noch mal in Erinnerung ruft: Es gibt nur
einen einzigen verlässlichen Ankergrund für unseren Glauben, unser
Vertrauen, und das ist Gott, der die Welt und uns Menschen geschaffen
hat, der in Jesus Christus Mensch geworden ist und der durch seinen
Geist Verbindung mit uns hält. Nur dieser Grund hält allen Erschütterungen,
aller Angst und allem Schrecken stand. Ich wünsche Ihnen allen,
dass Sie diese Erfahrung machen im neuen Jahr 2010, was da auch
immer auf sie zukommen mag!

Ihr Pastor Klein

Auf ein Wort ….

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor gut zehn Jahren
habe ich an einem Seminar zum Thema Familienbildung teilgenommen.
Ich erinnere mich noch genau, mit welcher Aufgabe diese Fortbildung
begonnen hat: Wir alle mussten die Familie, in der wir aufgewachsen
sind, mit Münzen verschiedener Größe darstellen. Einige legten die
Münzen zu einem Kreis, andere in einer geraden Linie, und wieder
andere sortierten sie in kleine Grüppchen, je nachdem, welche Familienmitglieder
sich besonders nahe standen. Aber keiner von uns kam auf die Idee,
die Münzen zu einem Turm aufzuschichten. Doch genau so sehen Menschen
in Tansania ihren Platz in der Familie, in der Gesellschaft und
in ihrer Gemeinde: wie in einem Turm. Das zeigen die bekannten Makonde-Schnitzereien,
die bei uns Familien- oder Lebensbaum genannt werden. Einen solchen
Lebensbaum hat unsere Partnergemeinde uns vor einigen Jahren geschenkt.
Der Baum besteht aus lauter aufeinandergetürmten Menschen. Die Figuren
stehen auf den Schultern oder auf dem Kopf einer anderen, sitzen
auf ihrem Rücken
und halten zugleich andere mit ihrem Körper oder ihren Händen. Manche
klammern sich an den Armen und Beinen anderer fest, und einige müssen
sich ganz schön verrenken, um Halt zu finden. Und eines ist klar:
Hier darf keiner seinen Platz verlassen; sonst bricht alles in sich
zusammen.

Diese Vorstellung
behagt mir gar nicht, denken Sie jetzt vielleicht. Mir wär das alles
viel zu eng. Ich brauche meine Freiheit, möchte tun und lassen können,
was ich will. Ich will nicht so fest eingebunden sein. – Und das
ist tatsächlich ein tief greifender Unterschied zwischen Europäern
und Afrikanern. Wir verstehen uns als Einzelwesen, oft genug auch
als Einzelkämpfer. Wir legen großen Wert auf persönliche Freiheit
und Selbstbestimmung. Auch in einer Gemeinschaft, sei es in der
Familie, im Freundeskreis, in Vereinen oder Gemeindegruppen, versuchen
wir, unsere eigenen Interessen zu wahren und wenn nötig auch durchzusetzen.
In Afrika dagegen bestimmt die Gemeinschaft das Denken, Fühlen und
Handeln der Menschen und prägt auch ihre Moralvorstellungen. Als
gut und richtig gilt, was die Gemeinschaft stärkt und allen nützt,
als falsch und schlecht, was sie gefährdet, stört oder zerstört.
Ein Ostafrikaner, der lange in Europa gelebt hat, erklärt diese
unterschiedlichen Haltungen so: „In Europa braucht man sich gegenseitig
nicht zu helfen, man braucht sich eigentlich überhaupt nicht. In
Afrika aber sind wir aufeinander angewiesen. Wir wissen: Ich lebe,
weil du lebst. Ich kann sein, weil du bist.“

Genau das machen
die Lebensbäume anschaulich. Diese kunstvollen Schnitzereien aus
Ebenholz waren ursprünglich so etwas wie Familienalben. Sie zeigen
die traditionelle Großfamilie mit den Lebenden an der Spitze und
darunter die Vorfahren und Ahnen der Sippe. Wenn ich den Lebensbaum
als Familienalbum betrachte, dann leuchtet auch mir als freiheitsliebender
Europäerin die Botschaft ein. Wir alle stehen ja tatsächlich auf
den Schultern der Menschen, die vor uns gelebt haben, auf dem, was
unsere Eltern, Großeltern und Vorfahren aufgebaut, geschaffen und
an uns weitergegeben haben. Das mögen materielle Werte sein: ein
Haus, ein Grundstück, eine Firma oder wertvoller Schmuck. Das sind
aber auch geistig-moralische Werte und Einstellungen und sicher
auch der Glaube. Ganz vieles verdanken wir unserer Erziehung oder
dem Vorbild von Eltern, Lehrern, Menschen, die uns geprägt haben.
Und das ist nicht nur in der Familie so, sondern auch in der Gesellschaft
und in der Kirche. Überall da bemühen ja auch wir uns, etwas von
dem, was wir schaffen, erreichen und für wichtig halten, an die
nächste Generation weiterzugeben.

Kein Lebensbaum
ist wie der andere, und doch haben alle dieselbe Botschaft: Niemand
ist das, was er ist, ohne andere. Jeder einzelne braucht viele,
die ihn tragen. Niemand hat Macht ohne die, die ihn stützen. Jeder
steht auf den Schultern anderer und braucht sie ebenso wie sie ihn.
So ist niemand entbehrlich, und niemand kann je einen anderen ersetzen.
Jeder einzelne ist wichtig und hat seinen Platz in der Gemeinschaft
der Menschen, die unverbrüchlich zwischen all denen besteht, die
gelebt haben, die jetzt leben und die in Zukunft leben werden.

Eingebunden sein
in eine Gemeinschaft, das möchten wir auch, nur bitte nicht zu fest.
Nicht so, dass wir uns auf andere angewiesen fühlen.. Doch genau
das sind wir: aufeinander angewiesen. Denn so hat Gott uns ja geschaffen.
So hat er sich uns ausgedacht, als er sprach: „Es ist nicht gut,
dass der Mensch allein sei.“ Darum ist es gut, dass wir einander
haben: Verwandte und Freunde, Nachbarn und Arbeitskolleginnen, die
anderen im Chor oder im Sportverein und alle, die mit uns glauben,
hoffen und nach Gott fragen – hier in Klafeld und auch in der weltweiten
Christenheit, etwa in unserer Partnergemeinde in Tansania. Wir sprechen
zwar verschiedene Sprachen, aber wir sind über alle Grenzen und
über eine Entfernung von 8.000 km hinweg doch verbunden durch den
Geist Gottes, der uns hilft, einander zu verstehen und voneinander
zu lernen. Wenn wir einen Lebensbaum betrachten, dann können wir
lernen, den Wert der Gemeinschaft höher zu schätzen, als wir es
gemeinhin tun. Können mehr auf das achten, was wir unseren Mitmenschen
verdanken, anstatt uns immer nur selbst behaupten zu wollen. Vielleicht
denken Sie mal daran, wenn Sie in den nächsten Wochen die Gräber
Ihrer Lieben besuchen, wenn Sie im Gottesdienst am Ewigkeitssonntag
die Namen derer hören, die in diesem Kirchenjahr verstorben sind,
oder auch, wenn Sie in der Advents- und Weihnachtszeit mit den Menschen
zusammen sind, die zu Ihnen gehören. Dann spüren Sie bestimmt auch:
Es ist gut, dass ich einen festen Platz habe, dass ich aufgehoben
bin bei Gott und den Menschen. Diese beglückende Erfahrung wünscht
Ihnen

Ihre Pastorin
Almuth Schwichow

Auf ein Wort ….

Wo euer Schatz ist, da wird
auch euer Herz sein.
(Lukas 12,
34)

Die wichtigsten
Dinge im Leben kannst du nicht kaufen oder erzwingen. Eine weit
verbreitete Erkenntnis. Und doch spielen die Gene uns Menschen immer
wieder einen Streich. Wir meinen uns immer besser absichern zu müssen,
immer mehr anzuhäufen, damit wir eines Tages in Ruhe leben können.
„Ausgesorgt haben“ nennen wir das.

Doch Jesus führt
an manchen Beispielen in der Bibel vor, dass das ein Trugschluss
ist. Der reiche Kornbauer hat nichts von seinen gesammelten Gütern,
weil Gott sein Leben viel früher beendet, als er es erwartet und
erhofft.

Wenn Jesus uns
mit solchen Worten mahnt, klingt das für viele nach der üblichen
Spaßbremse, die das Christentum ihrer Meinung nach darstellt.
Doch
Jesus will uns nicht den Spaß nehmen, sondern tiefe Befriedigung
für das eigene Leben erreichen.

Natürlich macht
das auch Mühe:

  • immer wieder
    die Beziehungen zu meinen Mitmenschen pflegen,
  • immer wieder
    bereit sein das zu teilen, was ich habe
  • immer wieder
    mich mit religiösen Fragen beschäftigen, weil es nie eine fertige
    Antwort gibt.

Aber wir groß
ist dann der Schatz, den ich habe. Und das nicht erst nach diesem
Leben, sondern jetzt und immer wieder. Viele alte Menschen, denen
ich begegne strahlen das aus.

  • Sie haben
    keine Angst vor dem Sterben.
  • Sie sind
    trotz kleiner Rente in ihrer kleinen Wohnung zufrieden.
  • Sie haben
    auf Fotos die Lieben ihrer Familie an der Wand und ihre Bibel
    im Schrank.

Wirklich reich
werden ist nicht immer leicht, aber es kann so einfach sein und
es kann jeder und jede.
Ich wünsche eine gute Zeit und allen
echten Reichtum, den sie brauchen.

Ihr
Frank Boes, Pfarrer

Auf ein Wort…..

Packen Sie gerade
für den Urlaub? Dann machen Sie’s bestimmt wie ich: Alles, was der
Erholung dient, muss mit – alles, was Stress und Sorgen macht, bleibt
zu Hause und wird mal eine Weile vergessen. Manchmal klappt das.
Aber sehr oft geht es schief. Da macht man mit dem Stress im Urlaub
weiter, indem man von Besichtigung zu Besichtigung hetzt. Oder das
ungewohnt enge Zusammensein der Familie löst Streit aus. Oder man
strengt sich so an, sich bloß keinen Stress zu machen, dass das
auch schon wieder stressig ist. Aber selbst wenn uns das Abschalten
gelingt und der Urlaub wunderbar und harmonisch verläuft, stellen
wir beim Heimkommen fest, dass die Sorgen noch genau da liegen,
wo wir sie vor zwei, drei Wochen hinterlassen haben.

Menschen früherer
Zeiten hatten diese Probleme nicht. Die meisten von ihnen betrieben
tagaus, tagein ihr Handwerk oder ihre Landwirtschaft, ruhten sich
nach Feierabend oder am Sonntag und wären nie darauf gekommen, Urlaub
zu brauchen. Sie blieben im Lande, nährten sich redlich und betrachteten
fahrendes Volk aller Art mit großem Argwohn. Ihr Leben war anstrengender
als unseres, aber wohl trotzdem stressfreier.

Wer damals reiste,
tat es, weil er musste: Nomaden mussten Weide für ihr Vieh finden.
Fahrende Gesellen mussten Arbeit suchen. Händler reisten mit ihrer
Ware, See- und Fuhrleute transportierten sie. Soldaten wurden in
den Krieg geschickt. Und nicht nur für die war Reisen lebensgefährlich.
Man konnte verdursten oder ertrinken. Man konnte von Räubern erschlagen
werden oder an unbekannten Krankheiten sterben. Und auch Hab und
Gut waren nicht sicher – weder unterwegs noch inzwischen zu Hause.
Zwar geschehen auch heute noch schlimme Dinge auf Reisen: Busse
verunglücken, Flugzeuge stürzen ab, Touristen werden entführt oder
ausgeraubt. Aber obwohl das dann groß in der Zeitung steht, hält
es kaum einen vom Reisen ab. Es passiert wohl selten genug, um von
der Annahme auszugehen, dass es einen selber nicht treffen wird.

Trotzdem bleibt
es für alle Reisenden empfehlenswert, sich an die bekannten Worte
von Psalm 37 zu halten: „Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe
auf ihn; er wird’s wohl machen.“ Denn wohin wir auch reisen – Gott
ist schon da und wir sind in seiner Hand: im Flugzeug, im Auto,
auf dem Schiff, am Strand, in den Bergen oder beim Sightseeing.
Und deshalb gibt es auch keinen Ort auf Erden, wo Gott nicht seine
Leute hat. Für mich gehört es darum auch zum Urlaub, in die Kirche
zu gehen – nicht nur zum Besichtigen, sondern auch zum Gottesdienst.
Man lernt dabei immer wieder nette und interessante Glaubensgeschwister
kennen und erfährt etwas von der Vielfalt der weltweiten Christenheit.
Auch das ist für mich ein Stück Erholung.

Noch wichtiger
ist allerdings, dass Gott auch da ist, wenn ich wieder nach Hause
komme. Dass da nicht nur die Sorgen und der Ärger auf mich warten,
sondern auch der, der sie mir tragen hilft. Ich muss mich also nicht
den ganzen Urlaub vor diesem Moment fürchten, sondern kann unverzagt
wieder an meine Arbeit gehen. Denn nicht nur der Urlaub, sondern
meine ganze Lebensreise liegt in Gottes Hand. In diesem Sinne wünsche
ich Ihnen einen guten und erholsamen Sommer – sei’s im Urlaub oder
sei’s zu Hause!

Ihr Pastor Klein

Auf ein Wort…..

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Mensch, wo bist du?“ – Ich kann mir gut vorstellen,
wie jemand diesen Satz in sein Handy spricht. Ungeduldig steht er
am vereinbarten Treffpunkt, doch der, auf den er wartet, lässt sich
nicht blicken. Schließlich greift er zum Telefon und ruft an: „Mensch,
wo bist du denn?“

„Mensch, wo bist du?“ – Diese Frage steht
als Losung über dem Evangelischen Kirchentag, der im Mai in Bremen
gefeiert wird. Hier ist es Gott, der den Menschen anruft. Wer so
angesprochen wird, der ist gerade nicht da. Er stellt sich nicht
der Verantwortung, entzieht sich, versteckt sich. So wie die beiden
ersten Menschen, Adam und Eva im Paradiesgarten. Wenn Sie die Geschichte
im 1. Buch Mose nachlesen, werden Sie feststellen, dass es dort
heißt: „Adam, wo bist du?“ Aber das hebräische Wort Adam bedeutet
übersetzt nichts anderes als „Mensch“. Die Geschichte vom „Sündenfall“,
wie sie in der Bibel überschrieben ist, ist also eine Geschichte
über das Menschsein, über die Möglichkeiten und Grenzen des Lebens,
unsere Wünsche und Versuchungen, Ziele und Herausforderungen.

Gott, so wird erzählt, hat mitten in der Wüste
einen Garten angelegt. Die ersten Menschen sollen ihn bebauen und
bewahren. Sie haben alles, was sie brauchen und müssen sich nur
an eine Regel halten: Von dem einen Baum, dem Baum der Erkenntnis
von Gut und Böse, dürfen sie nicht essen. Aber sie tun es natürlich
doch, verführt von der Schlange und getrieben von ihrer eigenen
Neugier, von dem Wunsch, Grenzen zu überschreiten. Da, so heißt
es, wurden ihnen die Augen aufgetan. Und was sehen sie? Nicht, dass
sie wie Gott sind, wie die Schlange es ihnen versprochen hat, sondern
dass sie nackt sind. Nackt waren sie von Anfang an, doch sie schämten
sich nicht. Nun aber haben sie ihre Unbefangenheit verloren. Sie
schämen sich voreinander und flechten sich Schurze aus Feigenblättern.
Und sie schämen sich auch vor Gott und verstecken sich im Gebüsch.

Gott lässt die Sache nicht einfach auf sich
beruhen. Gegen Abend geht er durch seinen Garten und sucht die Menschen:
„Mensch, wo bist du?“, ruft er. Gott ruft den Menschen zur Verantwortung.
Denn seit der Mensch weiß, was gut und böse ist, trägt er selbst
die Verantwortung für sein Tun und Lassen und dann eben auch die
Konsequenzen.

„Mensch, wo bist du?“ – Unter diesem Motto
geht es beim Kirchentag um die Suche nach Menschlichkeit in unserer
Gesellschaft. Die Losung soll nachdenklich stimmen und fragt: Mensch,
wofür stehst du im Leben? Wo schlägt dein Herz? Wo ist dein Standpunkt?
Mensch, wo bist du, wenn Wälder, Flüsse und das Klima zerstört werden?
Wo bist du, wenn Menschen im Elend leben und an Hunger sterben?
Mensch, wo bist du in der Einsamkeit der Hochhäuser und im Leid
der Slums? Mensch, wo bist du, wenn Kinder vernachlässigt und Alte
abgeschoben werden? Wo bist du, wenn Menschen wieder einmal die
Grenzen überschreiten, die im Leben heilsam sind? Mensch, wo bist
du?

Gott helfe uns, dass wir auf seine Frage antworten
können: Hier bin ich, Herr!

Ihre Pastorin
Almuth Schwichow