Auf ein Wort…..

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sonja versteht die Welt nicht mehr. Ihr Freund, mit dem Sie schon
mehrere Jahre zusammen lebt, hat ihr angedeutet, dass er nicht genau
weiß, ob er weiter mit ihr zusammen bleiben will. Für Sonja bricht
eine Welt zusammen. Sie hatte doch ihr ganzes Leben auf diese Beziehung
hin geplant. Ihre berufliche Karriere hatte sie zurückgestellt,
weil sie von einer gemeinsamen Zukunft träumte, von einer Familie
und einem eigenen Haus. Und jetzt so etwas!

„Ich hatte ja schon gespürt, dass er sich innerlich von mir entfernt“,
sagt sie. Das Schreckliche daran ist, dass sie diese Entwicklung
gar nicht beeinflussen kann. Ohnmächtig und hilflos muss sie erleben,
wie die Liebe plötzlich verschwindet. „Jetzt begreife ich“, sagt
sie, „dass im Leben nichts wirklich sicher ist. Alles, worauf ich
mich zu verlassen glaubte, kann mir ganz plötzlich genommen werden.“

Sonja hat Recht: Nichts im Leben ist wirklich sicher. Und wie
wenig ist mir das im Alltag bewusst. Ich nehme so vieles selbstverständlich
hin: meine Wohnung, meine Arbeit, mein Gehalt, meine Gesundheit,
Liebe und Freundschaft. Ich tue so, als ginge das jeden Tag so weiter.
Und sichere mich so gut wie möglich ab: mit Versicherungen, Garantieerklärungen,
Freundschaftsversprechen. Manche heiraten und schließen Eheverträge
ab, andere verlassen sich auf Arbeitsverträge oder die Ergebnisse
von Vorsorgeuntersuchungen.

Aber all unsere Garantiescheine und Verträge sind im Grunde wertlos.
Wir können nicht für alles im Leben Vorsorge treffen, können nicht
alles absichern. Letzten Endes ist alles eine Sache des Vertrauens
– des Vertrauens zu Menschen, zum Leben, zu Gott.

Ich denke an die Geschichte vom ungläubigen Thomas, der den auferstandenen
Jesus berühren, anfassen, richtig sehen will. Er strebt nach letzter
Sicherheit. Im Evangelium bekommt er sie, aber Jesus liefert eine
Botschaft für uns alle nach: Sicherheit ist ein Ausnahmefall. Die
Regel ist, dass wir im Leben nichts wirklich sicher sehen können.
„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“

Ein gläubiger Mensch werde ich, wenn ich lerne, ohne Sicherheiten
und Garantien auszukommen – und trotzdem versuche, mein Leben gelassen
anzugehen. Nicht zu verzweifeln, wenn die Fundamente meines irdischen
Lebens ins Wanken geraten. Und in aller Unsicherheit darauf vertraue,
dass Gott da ist und auf meine Wege achtet. Das ist Glaube; das
ist das Glück und die Seligkeit der Menschen, „die nicht sehen und
doch glauben.“

Almuth Schwichow