Auf ein Wort ….

 

Lebenskrönung?!

Es
ist wieder soweit: Erntezeit. Erntedankzeit. Zeit zu danken für
die Ernte des Jahres. Vorbereitungen werden getroffen. Die alte
Bauersfrau sitzt auf dem Hof. Vor ihr das Gerüst ist aus Eisen geschmiedet.
Aus der Scheune hat sie es hervorgeholt. Hat es abgestaubt und gereinigt.
Die Eichenzweige und die Beeren sind schon geschnitten. Wie jedes
Jahr um diese Zeit. Mit erfahrenen Fingern bindet sie die Erntekrone,
die Dankeskrone. Windet den Draht Runde um Runde. Sie ist die im
Haus, die das kann.
Zweig um Zweig, Frucht um Frucht bindet sie
an das Gestänge aus Eisen. Das schlohweiße Haar erzählt von langem
Leben. Die Falten auf der Stirn wissen von Schönem und Schwerem
zu berichten. Von Tagen bis an den Halskragen mit Sorgen gefüllt.
Von Stunden voller Heiterkeit und Lachen. Um den Mund ein verschmitztes
Lächeln – hat dem Leben schon manches Schnippchen geschlagen. In
den Augen, den Spiegeln der Seele, Blicke voller Dankbarkeit. Und
diesen Dank windet sie nun um das Gerüst. Runde um Runde. In grün
und in rot.

Erntedank. Lebensdank.
Was binde ich in meine Lebenserntekrone?

Was ließ mich
grünen in diesem Jahr? Was half mir zum Leben?
Welche Früchte
trug mein Leben? Wo ist etwas geglückt? War auch faule Frucht dabei?
Misslungenes, Schräges?
Und an welches Gerüst flechte ich meinen
Dank? Was gab mir Halt in diesem Jahr?
Erntedank. Lebensdank.
Lebenskrone. Krone des Lebens. „Sei getreu bis an den Tod, so will
ich dir die Krone des Lebens geben“, so hat mal einer gesagt. (Offb.
Joh. 2,10) Mein Leben gekrönt. Ich ein gekröntes Haupt. Ein sonderbares
Gefühl.
Die alte Bäuerin – wie eine Königin sieht sie nicht aus.
Jedenfalls nicht wie die aus der Illustrierten, mit bonbonfarbenem
Kostüm und passendem Hütchen auf dem Kopf. Und dennoch gilt das
auch ihr: Ich will dir die Krone des Lebens geben.

Dass das Leben
gekrönt wird, hat nichts mit Adel und blauem Blut zu tun. Das kann
man sich auch nicht erarbeiten, so krumm der Rücken auch werden
mag. Auch Schönheit, Jugend und Reichtum vermögen diese Krone nicht
zu gewinnen. Die Krone des Lebens, die kann sich niemand selbst
aufsetzen.
Die Krone des Lebens, diese Königinnenwürde, die gibt
Gott. Die hat er dir schon gegeben. Die Krone, die Würde des Lebens,
die dir keiner nehmen kann, keine Mensch und kein Geschick, kein
Glück und kein Unheil. Grüne Blätter bindet er mit ein und rote
Früchte. Sorgentiefe und Lachenshöhen. Mit seinen Händen, die noch
viel älter sind, als Menschenhände jemals wurden. Voll Erfahrung
und Geschick windet er die Lebenskrone für alle, die ihm vertrauen.
Macht die alte Frau zur Königin. Er ist der, der das kann in dieser
Welt. Und in der anderen auch. Und im Vertrauen: auch für dich und
mich.
Mit Gott können wir auch in diesem Jahr gute Ernte einfahren.

Ihr Frank Boes