Auf ein Wort ….

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

am
4. Juli wird in unserer Gemeinde wieder der „Tag der Schöpfung“
begangen. Was dort im Einzelnen geschieht, können Sie weiter hinten
in „Gemeinde jetzt“ nachlesen, aber im Mittelpunkt wird wie immer
der Dank für Gottes gute Schöpfung stehen. Lieder und Chorgesang,
Bibeltexte und Gebete werden diesem Dank Ausdruck gegeben.

Wenn wir uns allerdings
aufmerksam umschauen in unserer Welt, könnten wir auf den Gedanken
kommen, dass dieser schlichte, fröhliche Dank fehl am Platz ist.
Hüllen wir damit nicht nur ein schönes Mäntelchen um den tatsächlichen
Zustand der Schöpfung? Droht der Dank uns nicht die Augen davor
zu verschließen, was wir Menschen der Natur alles antun?

Dem Wasser zum
Beispiel: Bei uns sind Bäche, Flüsse und Seen zwar sauberer geworden.
Aber anderswo auf Erden fließen immer noch die meisten Abwässer
ungeklärt ins Meer – von Erdöl ganz zu schweigen – und ein Großteil
der Menschheit hat kein sauberes Wasser zum Trinken. Was die Menschen
in den Slums von Kalkutta oder Kairo wohl dazu sagen würden, dass
wir mit kostbarem Trinkwasser unsere Klos spülen, während sie für
einen Eimer halbwegs sauberen Wassers Schlange stehen?

Oder der Erde:
Theoretisch könnte sie noch ein paar Milliarden Menschen mehr ernähren.
Aber der Klimawandel, die Profitgier und falsche Bewirtschaftung
machen immer mehr Ackerland zunichte – und das schon wieder hauptsächlich
dort, wo es am meisten gebraucht würde. Bei uns dagegen bekommen
die Bauern Geld dafür, wenn sie Äcker still legen, weil sonst wegen
Überangebot an Lebensmitteln die Preise verfallen. Kann das jemand
einem hungernden Kind in Afrika erklären?

Oder der Luft:
Sicher, der Himmel über der Ruhr ist blau geworden, wie Willi Brandt
es einst verheißen hat, und der Himmel über Geisweid auch. Aber
an die Stelle des sichtbaren Drecks sind jetzt unsichtbare Gefahren
getreten: FCKW, Ozon, CO2, und wie sie alle heißen. Nicht auszudenken,
was passiert, wenn in China oder Indien erst genauso viele Autos
pro Kopf herumfahren wie bei uns!

Oder der Sonne:
Ihr können wir zwar nichts anhaben, aber sie heizt uns immer kräftiger
ein, weil wir Unmengen von Holz und Kohle und Öl und Gas verbrennen,
damit wir mobil sind, damit wir es schön warm haben, damit wir Elektrizität
haben für unsere schöne neue High-Tech-Welt. „Nach uns die Sintflut“
ist immer noch unser Motto, trotz aller Klimakonferenzen. Wir sind
ja auch nicht die, die zuerst untergehen, wenn der Meeresspiegel
steigt. Wir erleben es ja auch nicht mehr, wenn unseren Enkeln die
Rohstoffe ausgehen.

Wenn wir das alles
bedenken, ist es dann nicht zynisch, wenn wir an einem schönen sommerlichen
Sonntag in der Kirche sitzen und Gott für seine Schöpfung danken?
Müssten wir nicht zuerst unseren Lebensstil radikal ändern, bevor
wir ein Recht dazu haben? Ich weiß wohl, dass selbst die Grünen
in diesen Dingen schon mal radikaler waren. Aber glauben wir denn
im Ernst, ein Porsche Cayenne mit Hybridantrieb symbolisiere schon
einen hinreichenden Sinneswandel im Umgang mit der Schöpfung?

Trotzdem glaube
ich, dass es richtig ist, mit dem Dank zu beginnen, wenn es um die
Schöpfung geht. Denn dafür hat Gott uns geschaffen. Wir Menschen
sind dazu da, dass wir stellvertretend für alle Geschöpfe Gott Dank
sagen für seine Welt, die er uns geschenkt hat. Und deshalb bin
ich überzeugt: Wer nicht erst einmal wieder staunen lernt über die
Wunder der Schöpfung, dem wird sie niemals so viel wert sein, dass
er sich für ihre Erhaltung einsetzt. Dankbarkeit ist für mich der
wirksamste Antrieb für verantwortungsbewussten Umgang mit Gottes
Schöpfung. Wenn der „Tag der Schöpfung“, wenn das Projekt „Grüner
Hahn“ dazu etwas beiträgt, dann ist es gut. Und wenn das Danken
uns zum Denken anregt und das Denken zum Umdenken führt und das
Umdenken uns dazu bringt, anders zu handeln, dann ist es besser.
Gottes guter heiliger Geist möge uns dorthin führen und leiten –
und unsere Politiker und Wirtschaftsbosse auch.

Ihr Pastor Klein