Predigt, 1. Weihnachtstag, 25.12.2020

Die  wichtigsten Weihnachten meines Lebens

Jesaja 9:6-7

Ich bin gerade aus Tansania zurückgekehrt mit meiner Tochter Rose, die drei Jahre alt ist. Tansania lebt, wie manche von Ihnen vielleicht mitbekommen haben, in der selbsterklärten Post-Corona-Ära. In den drei Wochen, die wir dort waren, haben wir vier Hochzeiten besucht, bei denen zwischen 200 und 400 Menschen anwesend waren. Meine Tochter, die kurz vor dem Einsteigen in den Flieger nach Tansania 14 Tage in Quarantäne war, weil eine Mitarbeiterin ihres Kindergartens positiv auf Corona getestet wurde, hat die Atmosphäre in Tansania sehr genossen und hat mir offen gesagt, dass sie nicht nach Deutschland zurückkehren möchte. Ich habe ihr nicht gesagt, dass wir nach Deutschland zurückkehren, und sie hat es erst gemerkt, als wir an der Sicherheitskontrolle am Flughafen in Daressalam vorbei waren. Als sie es herausgefunden hatte, hat sie eine große Szene am Flughafen gemacht und angefangen wie verrückt zu weinen. Einer meiner Mitreisenden erkundigte sich, was los sei, und ich erzählte ihm von der Quarantäne, von der guten Zeit, die wir in Tansania hatten, und dass meine Tochter nun nicht mehr nach Deutschland zurückkehren wolle. Wir kamen ins Gespräch und er war der Meinung, dass dieses Weihnachten ein sehr ungewöhnliches Weihnachten werden wird. Ich stellte ihm die Frage, wie denn ein richtiges Weihnachten aussehen würde. Die Antwort, die er mir gab, machte mich sehr nachdenklich. Für ihn ist ein richtiges Weihnachten, wenn Familie und Freunde zusammenkommen, Glühwein trinken, Plätzchen essen, Weihnachtsgeschenke austauschen, Weihnachtsmarkt, Lebkuchen und die Liste geht weiter. Was mich schockiert hat, ist, dass in seiner Liste nirgends Jesus, der Mittelpunkt von Weihnachten sein sollte, vorkommt. Also fragte ich ihn nach der Kirche. Er erzählte mir, dass er ein Gläubiger ist, aber die Kirchen sind an einem normalen Weihnachten zu voll, also geht er lieber an anderen Tagen in die Kirche, aber nicht an Weihnachten! Ich fragte ihn dann über Jesus und er sagte, sie wissen, dass es Jesus Geburtstag sein soll, ja, aber lassen sie uns ehrlich sein, was hat Weihnachten mit der Geburt von Jesus zu tun? So scherzhaft seine Antwort auch war, nach langem Nachdenken musste ich ihm zustimmen. Im Laufe der Jahre ist Weihnachten von Jesus abgekoppelt worden. Ich habe darauf bestanden, dass meine Tochter in eine christliche Kindertagesstätte geht, weil in der Kindertagesstätte, in die ihr Bruder ging, die Weihnachtslieder, die sie sangen, waren: in der Weihnachtsbäckerei, und nichts wie: Ihr Kinderlein kommet, und dergleichen. In der Tat hieß Weihnachten Lichterfest!

Nach der Ankunft in Deutschland mussten wir in Quarantäne. Ich sitze hier in unserer kleinen Quarantäne-Wohnung und denke immer noch über den Austausch mit meinem Mitreisenden nach. Ich lese den Text aus Jesaja 9, 6-7, die Grundlage eines meiner Lieblings-Weihnachtslieder, auch ein Teil von Händels Messias-Kollektion. Ich fragte mich, ob dies nicht das wichtigste Weihnachten ist, das ich in meinem Leben erlebt habe. Während wir an anderen Weihnachten durch die kommerzielle Welt dazu gebracht werden, unseren Reichtum auszugeben und zu denken: „Oh, uns geht es aber gut!“ Dieses Weihnachten hat uns gedemütigt und wir erkennen unsere Verletzlichkeit und wir denken, wir brauchen einen Retter! Andere Weihnachten sind wir mit Familie und Freunden umgeben, dieses Weihnachten sitzen wir, wenn wir Glück haben, vor einem Computer und haben eine weitere Zoom-Konferenz in einer Reihe von viel zu vielen Zoom-Konferenzen und denken, wann wird das enden? Ist dies nicht das Weihnachten, wo wir das Weihnachtskind am meisten brauchen? Ist dies nicht die Zeit, in der wir entdecken, dass unsere Besitztümer unser Leben nicht wundervoll machen können? Wir brauchen dieses Kind, um unser Leben wundervoll zu machen! Er heißt Ratgeber. Brauchen wir bei all den Depressionen des kalten, dunklen und quarantänebehafteten Winters hier in Deutschland nicht mehr Ratgeber als je zuvor? Er ist der mächtige Gott, mit der Entdeckung der Begrenztheit der Wissenschaft. Ist dies nicht die Zeit, in der wir eine Macht jenseits unseres menschlichen Verständnisses brauchen, um uns zu helfen? Manchmal, wenn ich meine Tochter ansehe, wenn sie Angst hat, oder wütend ist (sogar als sie wütend auf mich war, weil ich sie in Quarantäne zurückgeschickt habe, nach der coronafreien Zeit in Tansania), dann springt sie mir einfach auf meinem Schoß und findet dort Trost! Dieser Vers sagt, dass dieses Weihnachtskind ein ewiger Vater ist! Wir können in seinen Schoß springen und dort Trost finden! Ist es nicht genau das, was wir in einem Weihnachtsfest wie diesem brauchen? In einer Zeit, in der Regierungen herausgefordert werden und ihre Autorität in Frage gestellt wird. Ist es da nicht tröstlich zu hören, dass er eine Regierung einsetzt, die in Frieden und Gerechtigkeit regieren wird? Nach langem Nachdenken und Lesen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dies das wichtigste Weihnachten meines Lebens ist. Möge das Kind, das geboren wurde uns alle trösten, unser Leben wundervoll machen, mögen wir die mächtige Kraft Gottes erfahren, die unser menschliches Verständnis übersteigt, mögen wir Trost im Schoß unseres himmlischen Vaters finden und mögen wir Frieden und Gerechtigkeit von ihm bekommen, während wir uns auf eine globale Post-Corona-Ära freuen, in der wir wieder mit Familie und Freunden zu Weihnachten zusammenkommen können. Möge Gott Sie alle segnen und Ihnen ein frohes Weihnachtsfest bescheren.

Pastor Lusungu Mbilinyi