Klafelder Mittagstisch

Unsere Gäste sollen sich willkommen fühlen.

Am 19. November ist im Buch unserer Kirchengemeinde ein neues Kapitel aufgeschlagen worden! Mit dem Mittagstisch für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens wohnen, die jeden Cent mehrmals umdrehen müssen, denen es nicht so gut geht wie den meisten von uns. Für diese Menschen bieten wir nun jeden Donnerstag in der Zeit von 11.30 Uhr bis 13.00 Uhr einen Mittagstisch an. In unserem neuen Gemeindezentrum „mittendrin“. Dazu Pfarrerin Almuth Schwichow, die das Projekt von Beginn an koordiniert: „Wir wollen unser Haus öffnen für Menschen, die ansonsten am Rand der Gesellschaft stehen.“ Kirchmeister Hartmut Heinbach formulierte es vor zwei Jahren so: „Mit dem Mittagstisch möchten wir als Christen ein Zeichen tätiger Hilfe setzen.“

Erste Überlegungen zum „Klafelder Mittagstisch“ entstanden vor drei Jahren. Im Oktober 2013 wurde die Angelegenheit dann schon konkreter, als sich das Presbyterium zu drei Studientagen ins Haus Nordhelle im Sauerland zurückzog. Das Thema des Wochenendes lautete: „Armut heute – hinsehen und handeln“. Auf dem Tisch lag der noch nicht veröffentlichte Armutsbericht der Stadt Siegen, Heike Dreisbach, heute in der Erwachsenenbildung unseres Kirchenkreises tätig, stellte ihn vor. Aus dem Dokument ergab sich, dass es in Geisweid einige Bezirke gibt, in denen viele Menschen wohnen, die von Armut betroffen oder bedroht sind. Ein starkes Argument für das Vorhaben!

Die nächsten Schritte: Um das Vorhaben „Mittagstisch“ realisieren zu können, braucht man viele Helferinnen und Helfer. Zum ersten Treffen kamen – zur Freude aller Verantwortlichen – gleich 22 Interessierte. Auch ging man auf die Mitarbeitenden des Kreuztaler Mittagstisches zu und ließ sich beraten. Christine Benfer, die das dortige Projekt schon seit 2008 mit viel Power und immer neuen Ideen leitet, informierte das Presbyterium und gab dem Klafelder Team wertvolle Tipps. Sie lud dessen Mitglieder überdies ein, den Kreuztaler Mittagstisch in Kleingruppen zu besuchen. Alle, die dort waren, zeigten sich über den gesamten Ablauf und die Atmosphäre erstaunt und positiv überrascht! Last but not least: Klafeld arbeitet in Kooperation mit der Siegener Tafel und erhält von dort die Lebensmittel.

Inzwischen hat sich die Zahl derer, die an unserem Projekt mitarbeiten wollen, auf 35 Personen erhöht. Ist das nicht toll? In einem feierlichen Gottesdienst am 8. November wurden sie in der Talkirche vorgestellt und erhielten Gottes Segen zugesprochen. Von Presbyter Volker Mackenbach und von Pfarrerin Almuth Schwichow. Dabei war noch einmal zu vernehmen, dass „Armenpflege“ zu den ältesten Aufgaben der Kirche gehört. „Für uns ist es ein neues Arbeitsfeld, ein neuer Weg. Dabei werden wir – in Anlehnung an die Münch-Ausstellung – auch sicherlich neue Horizonte entdecken!“ Ein Helfer, Presbyter Wolfgang Birkefeld, ließ sich stellvertretend für alle anderen interviewen; er schilderte seine Beweggründe, im Team mitarbeiten zu wollen.

Auch die anderen Mitglieder unseres Diakonieausschusses brachten sich im Gottesdienst ein. Beim szenischen Einstieg, bei den Abkündigungen und bei den Fürbitten. Dort hieß es: „Wir bitten dich, Gott, für den Klafelder Mittagstisch, dass er ein Ort wird, an dem unsere Gäste sich willkommen fühlen und sich nicht schämen müssen für das, was ihnen fehlt. Wir bitten dich für unsere Gemeinde und besonders für alle, die sich für den Mittagstisch einsetzen. Bewahre uns vor Misstrauen und Vorurteilen, vor Überforderung und einseitigem Denken. Hilf uns, ohne Scheu aufeinander zuzugehen und uns gegenseitig zu achten – als Menschen, die du liebst.“

Inzwischen sind auch schon einige Spendengelder bei uns eingegangen. Und haltbare Lebensmittel. Und Konservendosen. Und 70 Einweckgläser. Und Geschirr. Ein Landwirt spendete gleich zwei Säcke Kartoffeln. Dann standen das Probekochen und das Probeessen auf dem Programm. Am 12. November. Leider musste beides noch im alten Pfarrhaus stattfinden. Weil in der neuen Küche noch die Handwerker zugange waren. Aber alles klappte! Test bestanden! Zwanzig Teammitglieder hatten sich ordentlich ins Zeug gelegt und eine schmackhafte Gemüsesuppe und ein köstliches Apfelkompott zubereitet. Unser Küster Jörn Ackerstaff, gelernter Koch, half kräftig mit. „Alles hat prima geschmeckt, und wir konnten uns schon ein wenig kennenlernen. Unter uns herrscht eine nette und gute Gemeinschaft“, resümierte Mechthild Jung die gelungene Generalprobe.

Im Hinblick auf das erste „richtige“ Kochen und die dann folgenden Wochen fügte Pfarrerin Almuth Schwichow an: „Was es mittags gibt, ist nicht immer ganz sicher. Wir planen und hoffen, dass die Siegener Tafel die benötigten Lebensmittel vorhält. Es wird aber sicher auch viel Improvisation erforderlich sein.“ Inzwischen sind alle Mitglieder des Teams in Arbeitsgruppen eingeteilt worden, Christa Linde und Elke Schwandt zeichnen für die Erstellung des Dienstplans verantwortlich. Und noch ist geregelt: Die Gäste, die donnerstags kommen werden, haben einen Obolus von 1,50 Euro zu entrichten, außerdem brauchen sie einen Berechtigungsschein, z.B. den Siegener Ausweis.

Das Team bei der Generalprobe
Das Team bei der Generalprobe

Ja, und dann kam er, der 19. November. Wie beim Probekochen waren viele Teammitglieder zugegen, übrigens mehr als vorgesehen, und auch Pfr. Dr. Martin Klein und Pfr. Frank Boes, die beiden Amtskollegen von Pfrn. Almuth Schwichow, warteten gespannt auf die ersten Gäste. Die, es waren drei Frauen, erschienen bereits um 10.45 Uhr und nahmen im Foyer unseres neuen Gemeindezentrums „mittendrin“ Platz. Von allen Seiten begrüßte man sie ganz aufrichtig. Auf einem großen Schild zusätzlich der Satz „Herzlich willkommen zum 1. Klafelder Mittagstisch“.

Pünktlich um 11.30 Uhr öffnete sich dann die Tür zum Speisesaal. Ein Moment, der vielen sicherlich noch lange in guter Erinnerung bleiben wird! Zu essen gab es wie bei der Generalprobe Gemüsesuppe – dieses Mal allerdings mit Würstchen – und erneut ein leckeres Apfelkompott. „Es schmeckt ausgezeichnet“, sagte mir ein Mann mittleren Alters, „und schön ist es hier! Ich komme wieder.“ Interesse zeigten auch die Presse und der hiesige Radiosender, der die Meldung bis zum Abend in seinen Nachrichten vermeldete und zusätzlich ein Interview mit Pfrn. Almuth Schwichow ausstrahlte. Letzten Endes konnten bis 13.00 Uhr vierzehn Gäste mit einem warmen Essen versorgt werden. Der Kreuztaler Mittagstisch startete im April 2008 damals mit 9 Gästen. Also: Ein guter Anfang! „Ja, sogar ein richtiger Erfolg“, wie es Sabine Holweg ausdrückte. Und der Mann mittleren Alters verabschiedete sich bei allen Helferinnen und Helfern auf seine Weise: Mit Handschlag und einem herzlichen Dankeschön.

Peter-Christian Rose