Gottesdienst zum Tag der Schöpfung am 28. Juni in der Talkirche

„Wenn Bäume schreien könnten, hätten wir im Wald ohrenbetäubenden Lärm!“

Diesen Satz, der aufrüttelt und im höchsten Maße zum Nachdenken anregt, habe ich vor einigen Monaten irgendwo gehört. Er beschreibt auf seine Art den überaus schlechten Zustand unserer Wälder. „Ihre Zukunft sieht düster aus!“, so ist zu lesen. Wissenschaftler sprechen gar von dramatischen Verhältnissen. Und ohne das Wort „Katastrophe“ kommt derzeit kaum jemand aus, der mit dem Wald zu tun hat. Wer von uns mit offenen Augen und Ohren durch unsere Forste streift, kann dies alles sehen und auch hören: Hier braune, ja graue Flecken, riesengroß und fast an jedem Hang und auf jeder Fläche – die von zwei trockenen Jahren geschwächten Fichten sind leichte Opfer für Heerscharen von Borkenkäfern. Da das Dröhnen von Motorsägen und effizient arbeitenden Holzerntemaschinen.

Womit wir schon mittendrin wären im diesjährigen Schöpfungsgottesdienst. Den knapp 90 interessierten Besucherinnen und Besuchern bot sich im Chorraum schon zu Beginn ein tolles Bild. Die sechs Mitglieder der Band umrahmten – in Corona-Zeiten in gebührendem Abstand voneinander stehend – das Moderatoren-Duo, bestehend aus Barbara Leidel (81 Jahre) vom Ausschuss zur Bewahrung der Schöpfung und Finn Koblenzer (17 Jahre) für die Jugend in unserer Gemeinde. Nach ihrer herzlichen Begrüßung lobte unsere ehemalige Presbyterin das Engagement der Nachwuchskräfte: „Schon zum vierten Mal arbeiten wir heute mit ihnen zusammen. Wieder haben sie das Thema ausgesucht und bei der Planung aktiv mitgewirkt; jetzt helfen sie bei der Gestaltung des Gottesdienstes.“

Sofort die nächste Überraschung: Ein stimmungsvolles Video, ein Wald-Spaziergang mit Tieraufnahmen und Vogelgezwitscher, mit einzigartigen Aufnahmen aus allen Jahreszeiten. Danach spontane Äußerungen von Gottesdienstbesuchern über ihre eigenen Empfindungen, wenn sie sich im Wald aufhalten. Alle waren hörenswert; hier eine kleine Auswahl: „Er verbreitet Ruhe“, „Der Wald weckt die Sinne“, „Hier kann ich entspannen, hier komme ich runter“ und „Der Wald tut uns wirklich gut!“

Uli Veltzke und Klaus Münker: „Viele Wälder befinden sich in einem wirklich katastrophalen Zustand …“

Lange blieb sie Jung und Alt in der Talkirche aber nicht erhalten, die Wohlfühlphase mit der Wald-Romantik. Dafür sorgte ein Interview von Uli Veltzke, der unseren Fachausschuss leitet, mit Forstdirektor Klaus Münker aus Lützel, der bis 31. Oktober letzten Jahres seinen Dienst im Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein verrichtete und darüber hinaus zwei Jahrzehnte im Presbyterium der Ev. Kirchengemeinde Hilchenbach tätig war. Klaus Münker wusste Interessantes und Wichtiges zu berichten. Ein absoluter Fachmann mit jahrzehntelanger Erfahrung und einem unglaublichen Wissen! Informationen aus erster Hand. Ich hätte ihm noch viel länger zuhören können! Viele andere sicher auch. Er sprach über die Bedeutung des Waldes, über die starke Vermehrung des Borkenkäfers, durch den mittlerweile 16 Millionen Bäume geschädigt sind, über die Unmengen von Schadholz, die auf Käufer warten, über den Klimawandel mit Hitze- und Dürreperioden, über nachhaltige Forstwirtschaft. Und natürlich auch darüber, was wir zur Rettung des Waldes beitragen können.

Mit dieser Thematik im Besonderen und mit der Bewahrung der Schöpfung im Allgemeinen beschäftigt sich vor Ort ein entsprechender Ausschuss. Schon seit 1986, als er von unserem Presbyterium ins Leben gerufen wurde. Viele Kirchengemeinden beneiden uns um dieses Gremium, um sein Wirken und seine höchst engagierten Mitglieder! In einem Gespräch mit Finn Koblenzer berichtete Barbara Leidel über die Anfänge und über jetzige Projekte und Initiativen. Mit Untermalung durch ausdrucksstarke Fotos ging das Moderatoren-Duo dann auf die Abholzung der Regenwälder ein. Ja, nicht nur bei uns leidet der Wald! Nein, auch in Südamerika, Afrika und Asien. Der 17-Jährige und die 81-Jährige zeigten sich besorgt über die derzeitige Entwicklung: „Viele Menschen haben zu wenig Gespür, wie wichtig der Wald ist.“ Und: „Viele andere haben die Befürchtung, zu wenig ausrichten zu können. Aber auch kleinste Maßnahmen und kleinste Schritte haben ihren Wert. Es lohnt, wenn man sich für Gottes gute Schöpfung einsetzt, wenn man sich einbringt.“ Finn Koblenzer wies auf die Worte von Dietrich Bonhoeffer hin, der einmal gesagt hat: „Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen – vorher aber nicht!“

Schon an dieser Stelle kann man erkennen, dass es wieder ein sehr kurzweiliger und informativer Gottesdienst war. Dazu besinnlich, ansprechend und aufrüttelnd. Das Vorbereitungsteam hatte alles bestens aufeinander abgestimmt, die Lieder, die Lesungen, die Gebete, die Fürbitten sowie die tolle Musikbegleitung und die vorgetragenen Instrumentalstücke unserer sechsköpfigen Band. Und auch die Predigt reihte sich sehr positiv in diese Aufzählung ein. Auf der Kanzel ein neues Gesicht: Tim Krüger. Er ist der Ehemann unserer derzeitigen Jugendreferentin und Absolvent der Biblisch-Theologischen Akademie in Wiedenest. Im Verlauf seiner Ausführungen eine höchst interessante Passage: Er griff das Bild eines Baumes auf. Der zu seiner Entwicklung unbedingt Wasser benötigt, der Stürme erlebt und für den die Bodenbeschaffenheit von enormer Wichtigkeit ist. Dann verglich er dessen Leben mit seinem eigenen. Auch er habe bisher mit Dürreperioden zu kämpfen gehabt, auch er habe Stürme erlebt, die ihn zu Boden geworfen hätten, auch für ihn sei stets bedeutsam gewesen: In welchem Grund bin ich verwurzelt, wo und wie habe ich in meinem Leben festen Halt gefunden?

Tim Krüger: „Auch ich habe in meinem Leben schon Stürme erlebt …“

Barbara Leidel und Finn Koblenzer oblag es, die Besucherschar zu verabschiedeten; dabei bedauerten sie, dass wegen der Corona-Pandemie dieses Mal kein gemeinsames Mittagessen stattfinden könne. Trotzdem: An diesen Sonntagmorgen wird sich die eine oder der andere noch lange Zeit erinnern. Was nahm ich mit nach Hause? Neben vielen Informationen und Anregungen auch viel Zuversicht und als Ohrwurm die folgende Textstelle aus dem „Eine Hand voll Erde – Lied“: „In die Erde kannst du pflanzen, pflanzen einen Hoffnungsbaum, und er schenkt dir viele Jahre einen bunten Blütentraum.“ Dies will man in unserer Kirchengemeinde übrigens schon bald umsetzen, wenn als Zeichen der Hoffnung im Herbst neben der Talkirche eine Linde gepflanzt wird!

Mir bleibt, dem gesamten Team ein großes Lob und ein herzliches Dankeschön auszusprechen! Gemeint sind: Laura Dickel, Charlotte Dickfoss, Clara Förster, Jan Ole Greis, Friederike Klein, Finn Koblenzer, Tim Krüger, Barbara Leidel, Betty Lübke, Jan Lübking, Katja Mohn, Marie Scholz und Uli Veltzke. Und vielleicht sehen wir das Team ja im nächsten Jahr wieder, wenn wir den 20. Schöpfungsgottesdienst miteinander feiern. Ich freue mich drauf!

Unsere Band: „In die Erde kannst du pflanzen, pflanzen einen Hoffnungsbaum …“

                                                                                                                                               Peter-Christian Rose