Tansania
Jonisias aufrechter Gang
Ein Ausbildungszentrum gibt Behinderten Selbstvertrauen und ermöglicht
ihnen ein eigenständiges Leben.
Wäre Jonisia Kyando in Europa geboren worden, hätte ihre Mutter
sie als Kleinkind zum Arzt gebracht. Der Arzt hätte eine Flüssigkeit
auf einen Zuckerwürfel geträufelt und ihn Jonisia in den Mund gesteckt.
Sie hätte nicht erfahren müssen, was es bedeutet, behindert zu sein.
Aber Jonisia kam vor 33 Jahren im Südwesten Tansanias zur Welt,
weit draußen auf dem Land. In Jonisias Dorf dringt damals, Mitte
der Siebzigerjahre, kein Arzt vor, um die Kinder zu impfen. Als
Jonisia zwei Jahre alt ist, bekommt sie plötzlich hohes Fieber.
Ihre Beine gehorchen ihr nicht mehr, sie kann nicht mehr gehen.
Als ihre Eltern sie ins Krankenhaus bringen, sind ihre Beine deformiert.
Der Arzt sagt den Eltern, dass ihre Tochter Polio habe. Jonisias
Beine werden in Gips gelegt, insgesamt sechs lange Monate.
Behinderte werden versteckt Die Vorstellung, dass Behinderte in Afrika in die Gemeinschaft
integriert und im viel zitierten Schoß der Großfamilie aufgehoben
sind, ist leider vielerorts falsch. In Tansania führen die meisten
Menschen mit Behinderung ein elendes und demütigendes Leben. Behinderte
Kinder werden von den Familien häufig versteckt. Als Jonisia elf Jahre alt ist, kommt sie wieder ins Krankenhaus.
Nach einer Operation lernt sie, an Krücken zu gehen. Doch sie wächst
ohne Bildung und ohne Beschäftigung auf. Erst als sie 19 Jahre
ist, bekommt sie eine Perspektive: Eine diakonische Mitarbeiterin
vom Behinderten-Zentrum in Tandala hat von ihr gehört und besucht
sie. Gemeinsam überlegen die beiden Frauen, wie Jonisia ihr Leben
in die Hand nehmen könnte.
Zum ersten Mal wird Jonisia ernst genommen Jonisia bekommt einen Platz in einem Töpferkurs im Behinderten-Zentrum.
Sie fühlt sich wie in einer Oase. Zum ersten Mal wird Jonisia ernst
und wichtig genommen. Neben den Kursen im Töpfern gibt es zahlreiche
weitere Angebote. Behinderte lernen Häkeln, Stricken, Nähen und
Körbe flechten. Der Kurs tut Jonisia gut. Sie lernt neue Menschen
kennen, sie fühlt sich anerkannt. Nachdem Kurs stellt Jonisia die
Töpferwaren zu Hause her und verkauft die ersten Werkstücke. Mit
wachsendem Können und ersten Einkünften wird sie immer selbstbewusster. Dass sie ihr Leben besteht, hat sie ihrem Fleiß zu verdanken
– und den Angeboten des Behinderten-Zentrums, das von der Diakonischen
Abteilung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias getragen
wird. Später lernt sie in einem Kurs Graskörbe zu flechten und abends
geht Jonisia zur Schule und lernt Lesen und Schreiben. Im Behinderten-Zentrum
verkauft Jonisia ihre Graskörbchen. Auch „Brot für die Welt“ bietet
geflochtene Graskörbchen zum Verkauf an: Damit Jonisia und die
anderen Behinderten aufrecht durchs Leben gehen können.
Text: Renate Of
Träger Diaconical Centre Tandala (DIACETA)
Finanzierung (drei Jahre) „Brot für die Welt“ € 108.270,- Was
kostet wie viel? Vierwöchiger Flechtkurs für eine Person €
160,- Prothese
€ 88,- Strickmaschine
€ 300,-
www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/diaceta
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