Jesu Jünger sind
entsetzt. „Wie schwer kommen die Reichen in das Reich Gottes!“ Das
war das Fazit ihres Meisters gewesen, nachdem der „reiche Jüngling“
traurig weggegangen war. Alle Gebote hatte er gehalten, aber seinen
Besitz loslassen, um ungeteilt zu Gott zu gehören, das konnte er
nicht. Und Jesus setzt noch einen drauf: „Es ist leichter, dass
ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in das Reich
Gottes komme!“ Drastisch, aber deutlich: Solange die Erde steht,
werden Kamele nie durch Nadelöhre passen – also auch keine
Reichen ins Reich Gottes kommen! – „Das kann er doch so nicht gemeint
haben“, denken Jesu Jünger. „Wenn es so wäre, dann könnte ja kein
Mensch gerettet werden – denn an irgendetwas Irdischem hängen wir
doch alle, auch wenn wir nicht reich an Besitz sind.“
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Wenn schon
die Jünger Jesu so entsetzt waren, die doch alles liegen und stehen
gelassen hatten, um Jesus nachzufolgen, dann müssten wir es erst
recht sein. Denn wir zeigen zwar gern mit dem Finger auf Spitzenmanager,
Großaktionäre und Finanzjongleure und verfolgen mit klammheimlicher
Freude, wie die aktuelle Krise ihr Ansehen und ihre Kontostände
dezimiert. Aber im Weltmaßstab gehören wir alle zu den Reichen.
Selbst mit einem Hartz-IV-Empfänger würde ein Slumbewohner aus Rio
liebend gern tauschen. Wir alle sind Kamele, die durch kein Nadelöhr
der Welt passen. Wir hängen an unserem Besitz, und unser Besitz
hängt an uns und zieht uns herunter – weg vom Himmel, der uns verheißen
ist, hin zur Erde, zu der wir eines Tages wieder werden. – „Wer
kann dann selig werden?“ Das ist in der Tat die Frage!
Der Satz, mit
dem Jesus darauf antwortet, ist die Losung für das neue Jahr 2009:
„Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.“
Dieser Satz rückt die Perspektive zurecht. Er macht deutlich, dass
es nichts gibt, was Menschen tun könnten, um sich einen Platz im
Reich Gottes zu sichern. Selbst wenn wir all unseren Besitz verkaufen
und den Armen geben würden, blieben wir am Irdischen haften, könnten
wir unsere Unzulänglichkeit und Fehlbarkeit nicht abschütteln. Aber
Gott kann es. Er lässt sein Reich, seine Herrschaft Wirklichkeit
werden. Und er gibt allen daran teil, die ihm vertrauen.
Mir gibt das Hoffnung.
Denn wenn ich an die Probleme denke, die die Menschheit in allernächster
Zukunft lösen muss, damit dieser Planet bewohnbar bleibt, dann wird
mir angst und bange: Wie sollen Regierungen, Wirtschaftsunternehmen
und ganz normale „Endverbraucher“ es schaffen, soviel Treibhausgase
zu reduzieren, dass nicht schon bald dicht bevölkerte Landstriche
im Meer versinken – wo doch im Zweifel jeder zuerst an sich selber
und den eigenen Profit denkt? Wie soll es verhindert werden, dass
der tiefe Graben zwischen arm und reich zu immer mehr Gewalt und
Terror führt? Wie soll die wachsende Menschheit noch einen erträglichen
Lebensstandard erreichen, ohne dass dadurch das Gleichgewicht der
Natur endgültig zerstört wird? Lassen wir doch ruhig mal allen Zweckoptimismus
beiseite und sagen: Bei Menschen ist das unmöglich. Auch hier passt
das Kamel nicht durchs Nadelöhr.
Und bei Gott ist
es möglich? Ja, das glaube ich. Ich glaube zwar nicht, dass wir
unsere Erde wie ein kaputtes Spielzeug zu Gott bringen können, damit
er sie wieder heile macht – oder uns eine neue schenkt. Aber ich
glaube, dass Gott Regierungen, Wirtschaftsleute und Normal-Menschen
zum Umdenken und zum Handeln bringen kann, damit sich doch etwas
zum Guten wendet. Er kann für heilsames Erschrecken sorgen – so
wie bei der jüngsten Finanzkrise. Er kann Menschen begaben und motivieren.
Und er kann dafür sorgen, dass Menschen, die etwas bewegen, in entscheidende
Positionen gelangen. Denn diese Erde gehört ihm mit allem, was auf
ihr lebt und webt. Er hat sie geschaffen, und er will sie nicht
zugrunde gehen lassen. Und deshalb wird der Tag noch kommen, an
dem in dieser Welt Friede und Gerechtigkeit sich durchsetzen und
jedes Geschöpf seinen guten Platz findet. Unmöglich? Nicht bei Gott!
Ihr Pastor Martin Klein
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