Auf ein Wort…..

Geistliches Wort

Wenn Sie diese Zeilen
lesen, ist es schon
passiert: Die Sommerferien sind ausgebrochen! Viele haben ihre Koffer
gepackt und sind in den wohlverdienten Urlaub entschwunden. Denn
im Sommer, besonders wenn die Sonne heiß vom Himmel brennt, da sind
Körper und Geist der arbeitenden Bevölkerung – und dazu gehören
wir ja irgendwie fast alle – endgültig „reif für die Insel“. Da
möchte man nur noch weg und sich erholen, selbst wenn man dafür
stundenlang im Stau stehen muss. Das gilt sogar für viele, die eigentlich
gar nicht auf Urlaub in den Schulferien angewiesen wären.

Weil das so ist,
sind auch in unserer Kirchengemeinde die Reihen in den Ferien merklich
gelichtet: viele Mitarbeiter, Haupt- und Ehrenamtliche, sind verreist,
die meisten Gruppen und Kreise machen Pause, und für die Gottesdienste
würden wir problemlos auch in eine Kirche passen.

Als Vater mit
schulpflichtigen Kindern gehöre ich zu den Menschen, die ihren Familienurlaub
in die Ferien legen müssen, ob sie wollen oder nicht. Ich für mein
Teil führe eigentlich lieber zu anderen Zeiten weg und bliebe in
den Ferien gern zu Hause. Denn man hat als Pfarrer zwar auch dann
noch genug zu tun, aber es geht ein wenig ruhiger und gelassener
zu, und man kann zwischendurch mal abschalten und die Vögel singen
hören.

Überhaupt, die
Vögel: Die sind anscheinend nie urlaubsreif, obwohl die auch ganz
schön schaffen müssen: Nest bauen, Eier legen, brüten, Futter beschaffen
für sich und die Küken, Revier verteidigen und so weiter. Und die
Zugvögel unternehmen zwar durchaus weite Flugreisen, aber sie tun
es nicht der Erholung wegen. Wenn ich das bedenke, stellt sich mir
die Frage: Warum macht wohl uns Menschen die Arbeit urlaubsreif
und die Vögel nicht?

Vielleicht liegt
es daran: Die Vögel sind zufrieden, wenn sie ihr Nest jedes Jahr
wieder gleich bauen. Wenn ein Mensch dagegen sein Haus umbaut, dann
muss es anschließend natürlich größer, schöner und moderner sein
als bisher. Einem Vogel reichen sein Leben lang dieselben zwei Flügel
als Fortbewegungsmittel. Ein Mensch meint mindestens alle drei Jahre
ein neues Auto zu brauchen, das dann na¬türlich schneller und bequemer
sein muss als das vorige. Es gehört wohl zu unserer Natur, dass
wir nie ganz zufrieden sein können mit dem, was wir sind und haben.
Der so genannte Fortschritt, dem wir hinterherlaufen, lässt uns
nicht zur Ruhe kommen. Daran ändern auch die paar Wochen Urlaub
nichts. Und wenn wir zwangsweise mehr ruhen müssen, weil wir krank
oder älter werden, dann macht uns das oft ganz kribbelig, und wir
täten gern viel mehr, als wir tun können.

Woher kommt das?
Ich glaube, es steckt ganz tief in uns drin, dass wir meinen, wir
müssten etwas schaffen und etwas haben, um anerkannt zu sein. Ein
Vogel zweifelt nicht daran, dass er ein Recht hat, zu leben. Aber
Menschen können daran zweifeln. Sie können zweifeln am Sinn ihres
Lebens, manchmal auch verzweifeln. Und sie tun es besonders, wenn
sie nichts vorzuweisen haben, was ihnen bei anderen Anerkennung
verschafft. Wäre es da nicht schön, wenn es jemanden gäbe, der sich
einfach erst mal freut, weil ich da bin, weil es mich gibt, ohne
dass ich dafür erst etwas tun muss?

Jesus erzählt
davon, dass es mit dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit genauso
ist. Da bestimmt sich unser Wert nicht nach dem, was wir haben und
sind, sondern Gott sagt: „Ich bin euer Vater, und ihr alle seid
unendlich wertvoll, weil ich euch liebe.“ Dieses Reich hinterlässt
auch hier und jetzt seine Spuren. Und manchmal entdecken wir sie
sogar. Zum Beispiel, wenn uns ein Erlebnis glücklich macht und wir
nicht gleich danach schielen, wo wir mehr davon bekommen können.
Wenn wir uns an dem freuen, was wir besitzen, und nicht ständig
Angst haben, wir könnten es verlieren. Wenn wir die Gegenwart erleben
können, ohne der Vergangenheit nachzutrauern oder uns um die Zukunft
zu sorgen. In solchen Momenten sind wir mit uns selbst im Reinen.
Und wo wir das sind, da sind wir mit dem Herzen schon im Reich Gottes.
Da wird etwas davon spürbar, dass Gott unser Leben trägt, und nicht
wir selbst. Ich wünsche Ihnen und mir viele solche Momente – sei’s
mit, sei’s ohne Urlaub.

Ihr Pastor Klein