Liebe Leserin, lieber Leser,
zart wie ein Spinnennetz sind die kunstvollen
Spitzen, die Frauen und Mädchen in Paraguay weben. Spanische Einwanderer
von den Kanarischen Inseln haben dieses ursprünglich arabische Kunsthandwerk
im 17. und 18. Jahrhundert in das Land im Herzen Südamerikas gebracht.
Die einheimischen Guaraní-Frauen erlernten und verfeinerten diese
Technik und gaben ihr den Namen Ñanduti, „Spinnennetz“. Ein Ñanduti
besteht aus kreisförmigen Mustern, die Motive aus der Natur darstellen:
Sonne, Sterne, verschiedene Blüten, Früchte, Regentropfen oder Schneekristalle.
Die über 50 verschiedenen Muster werden von Generation zu Generation
weitergegeben. Neben Deckchen und Decken in allen Farben und Formen
werden auch Tücher, Kleider und sogar Fahnen und Hängematten aus
Ñanduti hergestellt. Das zarte Gewebe ist erstaunlich stabil. Meist
werden Ñanduti in Heimarbeit gefertigt und sichern den Familien
wenigstens ein bescheidenes Einkommen. Für viele Frauen und Kinder
ist das traditionelle Kunsthandwerk so etwas wie ein Vater, der
für das tägliche Brot sorgt.
Ein solches Ñanduti ziert in diesem Jahr die
Gottesdienstordnung für den Weltgebetstag und auch die Ausgabe
März/April der Gemeindenachrichten: eine weiße Spitze auf rotem, grünem und
blauem Grund. Entworfen wurde das Titelbild von der Kunstlehrerin
María Victoria Servin. Zu ihrem Bild „Unter Gottes Zelt vereint“
schreibt sie selbst: „Gott hat uns großzügig beschenkt mit einem
Land mit reicher, fruchtbarer Erde in verschiedenen Farben.
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Die rote Erde Paraguays erzählt von Leidenschaft
und Stärke der Menschen unseres Volkes, die an jedem Tag immer wieder
neu für ihre Hoffnungen und Ideale arbeiten und kämpfen – seit Beginn
der Geschichte unseres Landes bis zum heutigen Tag. Auf dieser roten
Erde wächst eine reiche Fülle von Pflanzen und Bäumen, aus denen
neues Leben sprosst: Hoffnungsboten, die uns immer wieder neu daran
erinnern, dass positive Veränderungen möglich sind. Als wollten
sie in den Himmel reichen, sprießen die üppigen Pflanzen, die als
Fülle von Grüntönen den Bildhintergrund bilden, nach oben. Der klare
blaue Himmel wölbt sich über uns alle, über jede und jeden einzelnen
von uns, bedeckt und umarmt uns. Überall finden wir die stille Anwesenheit
Gottes – wie ein Zelt, das uns immer und zu allen Zeiten schützt.“
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Das Zentrum bildet eine Ñanduti -Spitze. Die
Künstlerin versteht sie als Symbol für das Ineinanderwirken zweier
Kulturen, der europäischen und der indigenen. In den vielfältigen
Mustern und Motiven spiegeln sich die einzigartigen Naturschönheiten
des Landes wider. Jeder Kreis hat sein eigenes filigranes Muster,
und doch wurde dieses Ñanduti aus nur einem einzigen Faden gemacht.
Ein schönes Bild für die Frage, wie Einheit in der Vielfalt möglich
ist: Es muss ein gemeinsames Band geben!
Im Brief an die Gemeinde in Ephesus, den die
Frauen aus Paraguay als einen der Lesungstexte für den Gottesdienst
ausgewählt haben, ist Christus dieses Band: „Bemüht euch, die Einheit
des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält.
Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame
Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott
und Vater aller, der über allem und durch alle und in allem ist.“
(Eph.4,3-6)
Dieses eine Band wird uns auch zusammenhalten,
wenn wir am 2. März in über 170 Ländern der Erde den Weltgebetstag
feiern, bei uns um 19 Uhr in der Kirche St. Marien im Wenscht. Dann
verbinden wir uns im Glauben zu einer „Einheit in Vielfalt“ – wie
im Symbol der kostbaren Ñanduti -Spitze aus Paraguay.
Almuth Schwichow
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