Auf ein Wort…..

Monatsspruch für August:

Jesus spricht:
Ich bin
gekommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen.

Joh. 10,10

Liebe Gemeindeglieder,

mit Kirche und Glauben verbinden wir gemeinhin
eher Mangel: denn für einen Christenmenschen gibt es Tabus. Wenn
ich mich an Gottes Geboten orientiere, dann ist nicht alles möglich.
Der Monatspruch für August hört sich ganz anders an: Jesus sagt:
ihr sollt „volles Genüge haben, ihr sollt das volle Leben haben.
Dies  drückt er in einem einleuchtenden, sympathischen Bild
aus: Ein Hirte ist mit seinen Schafen so sehr vertraut, dass er
sie frühmorgens allein mit seiner unverwechselbaren Stimme aus dem
großen Stall herauslockt und auf eine gute Weide führt.
Aber
seine Jünger verstanden offensichtlich dieses Bild nicht. Vielleicht
konnten sie es nicht verstehen, weil in ihrem eigenen Inneren zu
viele unterschiedliche Stimmen an ihnen zerrten: Stimmen der Pflicht,
der Tradition, der Zerstreutheit.
So, wie auch auf uns viele
Stimmen eindringen, die alle behaupten, sie wollten alle nur das
Beste für uns.
Eine schmeichelnde Stimme am Telefon begrüßt mich,
als wäre ich ein alter Bekannter und will mich für ein Glücksspiel
werben mit der Ankündigung, ich hätte ja „schon gewonnen“. Im Briefkasten
türmen sich die Werbeprospekte. Die Absender kennen oft meinen Namen,
im Anschreiben werde ich persönlich angeredet. Selbst mit Kleinigkeiten
wird mir jede Menge Glück versprochen.

Heute können Besitzer von Schafen ebenso listig
sein wie die Diebe, von denen Jesus erzählt:
Sie brechen bei
Nacht in den Schafstall ein, schlachten und stehlen. Heute kann
das auch heißen: Einbrechen in das Erbgut eines Schafes, damit es
bessere Wolle, mehr Fleisch liefert und angepasster ist. Damit es
schneller groß und schlachtreif wird.
Es ist keine schöne Vorstellung,
dass derselbe Forscher, der „Dolly“ klonte, nun auch menschliches
Erbgut manipulieren darf !  Vorerst noch für medizinische Zwecke.

Wer bewahrt uns vor „Hirten“, die uns zu willfähigen
Arbeitern und Soldaten klonen, um uns in Kampfgebiete zu schicken,
statt uns auf saftige Weiden zu führen?

Wem kann ich noch trauen?

Deshalb muss Jesus noch einmal neu ansetzen:
Ich bin gekommen (sagt er) nicht auf Schleichwegen, sondern durch
die Tür. Am hellen Tage. Ihr könnt mich hören. Ich habe euch bei
eurem Namen gerufen, schon in der Taufe, und noch viel früher.
Ehe
Versicherungsvertreter euer Kinderbett umschwärmen konnten, habe
ich euch erwählt, von Mutterleibe an. Ich führe keine Karteien über
Karriereaussichten und Gesundheitsrisiken. Ich liebe euch, ohne
Voraussetzungen. Ich will nicht Massen dirigieren, sondern jeden
einzelnen begleiten in ein Leben, das Sinn macht. Ich stehe in der
Tür und rufe. Wenn ihr durch die Tür hindurchgeht, werde ich meine
Hand auf euch legen. Und wenn ihr ins Freie getreten seid, werde
ich euch nicht eurer eigenen Unsicherheit oder den Kräften des Markte
überlassen, sondern ich werde vorangehen und alles im Blick haben:
die geeignetsten Weideplätze, aber auch Gefahren und Irrwege.

Alles was uns beschwerlich werden kann: steile
Wegstrecken, Dürste und Hitze, Mangel, erleide ich zu aller erst
selbst. Mich verführt niemand zu Geltungssucht und Gier, zu einem
Immer-mehr-haben-wollen oder Gottvergessenheit. Ich lasse mich nicht
blenden, ich sehe den Menschen ins Herz. Ihr werdet erfahren, wie
ich die Not erkenne und wieder heil machen kann, was beschädigt
oder zerstört ist. Ich wage mich an die Verachtetsten heran, ich
gehe mit ihnen auf Augenhöhe. Und wenn sich jemand von euch verrannt
hat, werde ich ihm nachgehen. Ich setze mich mit meiner ganzen Existenz
für euch ein. Und dann werdet ihr selber stark, einfühlsam und unterscheidungsfähig
werden, wenn ihr mich beobachtet und in meiner Nähe bleibt.

So könnt ihr Frieden um euch verbreiten und
nicht dulden, dass in eurer Nähe Ungerechtigkeit herrscht. Nichts
was das Leben wertvoll macht, werde ich euch vorenthalten. Ihr müsst
nicht mehr auf euer Ansehen bei den Menschen schielen, weil ihr
von mir angesehen seid. Ihr werdet glauben können, dass ihr Gottes
geliebte Kinder seid, auch wenn Fragen offen bleiben.

Ihr werdet volle Genüge haben, sagt Jesus.
Es wird nicht nur ausreichen, sondern dann wird diese andere Kraft
in euch zum Tragen kommen, die ihr an mir erlebt habt. Eine Kraft,
die euch zufließt und deren Quelle nicht versiegt. Je mehr ihr braucht,
um so mehr werdet ihr bekommen. Gewiss: Gott gibt uns Kraft nicht
im Voraus, sondern jeden Tag neu. Man kann dies nicht als Besitz
mit sich tragen oder gar horten.

Christus sagt noch: Ich bin da, gerade, wenn
es um euch einsam wird. Dann seid ihr an ein Netz betender Menschen
angeschlossen.
Ihr werdet Liebe empfangen und geben können,
auch, wenn ihr euch nicht mehr „nützlich machen“ könnt. Ihr werdet
eine unantastbare Würde. haben.
So ist es denen ergangen, die
schon vor euch meiner Stimme gefolgt sind: Menschen wie D. Bonhoeffer
etwa, dessen 100. Geburtstag wir in diesem Jahr feierten. Von ihm
haben seine Gefängniswärter berichtet, er sei voll Würde aus seiner
Zellentür gekommen, „wie ein Gutsherr aus seinem Schloss“. Mauern
konnten ihn nicht hindern, mit seinen Mitgefangenen zu beten und
mit ihnen aus derselben Kraftquelle zu schöpfen. Wertvolle, unvergängliche
Worte sind gerade in schweren Tagen entstanden.

„Von guten Mächten wunderbar
geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag;
Gott ist bei
uns, am Abend und am Morgen,
und ganz gewiss an jedem neuen Tag“.

Wenn ihr heute diese Worte heute nach sprecht
oder betet oder singt, dann ahnt ihr etwas von der tiefen Geborgenheit,
die in der Nähe des guten Hirten aufkommt.
Diese Geborgenheit
hat Bonhoeffer auch in seiner Todesstunde nicht verlassen. Menschen
wollten sein Leben Im KZ vernichten. Er aber ging (so seine letzten
Worte) von einem Leben in das andere. Es ist dasselbe Leben, das
hier schon unter dem Geleit des guten Hirten begonnen hat.

„Ihr werdet volle Genüge haben“ sagt Jesus.
Dazu bin ich gekommen. Ich geleite euch von einem Leben zum anderen.
Uns wird der Tod nicht scheiden.

Ihr Pfr. Burkhard Schäfer