Liebe Leserin, lieber Leser,
sind Sie schon
schwach geworden? Oder halten Sie sich noch an die guten Vorsätze,
mit denen Sie das neue Jahr begonnen haben? Gesünder essen, runter
von der Couch, wieder Sport treiben, öfter mal zu Fuß gehen… Wie
leicht kann man da wieder schwach werden! Kleine Schwächen sind
ja durchaus erlaubt und machen Menschen oft gerade sympathisch.
Aber niemand will schwach sein, schon gar nicht in einer Welt, in
der vor allem Macht, Stärke und Erfolg zählen. Die Schwachen, das
sind die anderen. Wir wollen lieber zu den Starken gehören, zu denen,
die alles im Griff haben und es aus eigener Kraft schaffen.
Dabei kennen wahrscheinlich
die meisten von uns Momente, in denen sie sich schwach vorkommen,
hilflos und unterlegen. Schon in der Schule und später auch im Beruf
gibt es die, die immer groß rauskommen und im Mittelpunkt stehen,
denen offenbar alles mühelos gelingt. Die einen starken Willen haben
und die nötige Kraft, um das, was sie sich vornehmen, auch zu erreichen.
Und wir stehen dumm daneben und fühlen uns an den Rand gedrängt.
Manchmal denken wir dann: So schlecht bin ich doch eigentlich auch
nicht. Ich möchte gut sein, leistungsfähig, möchte alles richtig
machen. Aber andere haben im Leben einfach viel mehr Chancen als
ich. Sie kommen überall an, sind beliebt und scheinen viele Freunde
zu haben.
Im Vergleich mit
anderen schnitt auch der Apostel Paulus nicht gerade gut ab. In
der Casting-Show „Korinth sucht den Superstar“ wäre er wahrscheinlich
gleich in der ersten Runde rausgeflogen. Andere, die in dieser Stadt
öffentlich auftraten, hatten viel mehr zu bieten als er: mehr Spiritualität,
mehr wundertätige Kraft, mehr Talent zum Reden, mehr Selbstbewusstsein,
eine überzeugendere Persönlichkeit. Das mag ja alles stimmen, antwortet
Paulus denen, die ihm seine Schwächen vorhalten und daran zweifeln,
ob er wirklich ein Apostel, ein Diener Jesu Christi ist. Paulus
kennt seine Schwächen ganz genau und versucht nicht, sie zu verbergen.
Aber hält dagegen: Viel wichtiger ist doch, was Jesus Christus gesagt
hat: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in
den Schwachen mächtig.“
„Meine Kraft ist
in den Schwachen mächtig“, diese Zusage steht als Losung über dem
Jahr 2012. Ein Bibelwort, das mir Mut macht, weil es sagt: Du musst
Gott nichts beweisen. Er vergleicht dich nicht ständig mit anderen,
sondern mag dich genau so, wie du bist. Er ist für dich da, und
deshalb musst du nicht alles aus eigener Kraft schaffen. Vertrau
auf ihn und seine Stärke, wenn du dir schwach vorkommst. Denn seine
Kraft ist in den Schwachen mächtig.
Ist denn der Glaube
nur etwas für Schwache? Oder nur etwas für Zeiten, in denen ich
mich schwach fühle? Nein, das ist er nicht. Aber gerade dann merke
ich oft erst, dass ich mein Leben nicht mir selbst verdanke, nicht
meiner Arbeit und meinem Erfolg, nicht meiner eigenen Kraft und
Stärke, sondern der Gnade Gottes. Darum wirkt seine Kraft gerade
dann, wenn ich schwach bin. Dann, wenn in meinem Leben nicht alles
glatt läuft. Und dann tut es gut, wenn ich weiß: Gott sucht keine
Superstars, sondern Menschen, die sich auf ihn und seine Kraft verlassen,
Menschen, die ihm etwas zutrauen, egal, ob sie sich stark oder schwach
fühlen. Er ist für uns da, wenn wir stark sind und alles im Griff
haben, aber auch dann, wenn wir verunsichert und hilflos sind. Er
ist für uns da, auch in diesem Jahr.
Das wäre doch
mal ein guter Vorsatz für das neue Jahr: nicht immer der eigenen
Kraft und Stärke zu vertrauen, sondern dem, der sagt: „Meine Kraft
ist in den Schwachen mächtig.“ Dieses Vertrauen wünscht Ihnen
Ihre Pastorin Almuth Schwichow
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