Auf ein Wort…

 „Ökumene? Läuft!“

Auf ein Wort Mai Juni 2014Im Mai und Juni hat die Ökumene bei uns immer Hochkonjunktur: Am Pfingstmontag feiern wir seit über vierzig Jahren einen ökumenischen Gottesdienst mit unseren katholischen Geschwistern in St. Marien. Auch zum Wenschter Siedlerfest gibt es schon lange einen ökumenischen Gottesdienst. Das ökumenische Kinderfest ist in diesem Jahr zwar erst im August, aber die Vorbereitungen sind bereits im Gange. Und am 2. Juli sind wir unter dem Motto „Ökumene läuft“ (s. Bild) auch wieder beim Siegerländer Firmenlauf dabei. Kommt noch dazu, dass wir an Christi Himmelfahrt die innerevangelische Ökumene ebenfalls feiern: mit einem Gottesdienst der Ev. Allianz auf dem Klafelder Markt.

Wir können froh und dankbar sein, dass es so ist. Schließlich gab es in früheren Zeiten oft genug Tote, wenn Evangelische und Katholische aufeinandertrafen. Noch vor fünfzig, sechzig Jahren herrschten tiefes Misstrauen und massive Vorurteile zwischen den Konfessionen. Und zwischen evangelischen Landes- und Freikirchen sah es nicht viel besser aus.

Heute scheint das alles kaum noch vorstellbar – jedenfalls hierzulande. Die verschiedenen christlichen Konfessionen sind fast überall gute Nachbarn geworden, oft sogar richtig gute Freunde. Wenn das Miteinander dann doch an Grenzen stößt, zum Beispiel beim gemeinsamen Abendmahl oder bei der Anerkennung der Säuglingstaufe, dann ist das Unverständnis groß. Und von außen oder vom Rand aus betrachtet werden wir sowieso längst in einen Topf geworfen.

Gegen solch ein „ist doch alles dasselbe“ – sei’s gut oder böse gemeint – müsste man vielleicht doch mal wieder davon reden, was die verschiedenen Sorten von Christen unterscheidet und wohl auch in Zukunft unterscheiden wird. Da gibt es heutzutage erschreckende Bildungslücken. Aber um die soll es mir heute nicht gehen. Im Moment interessiert mich eher, was denn alle Christen, so verschieden sie sind, miteinander verbindet und sie zu Recht dazu bringt, näher zusammenzurücken.

Die häufigste Auskunft dazu lautet: „Es gibt doch nur einen Herrgott“ oder so ähnlich. Das ist zweifellos richtig, aber es ist mir zu wenig. Denn diese Überzeugung teilen wir ja auch mit Juden und Muslimen. Mit ihnen suchen wir zwar ebenfalls das Gespräch, und wir tun gut daran. Aber christliche Ökumene hat noch eine andere Basis. Paulus formuliert sie im Monatsspruch für den Mai folgendermaßen: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau“ – ich ergänze: hier ist nicht Protestant oder Katholik oder Baptist – „sondern ihr seid allesamt einer in Christus.“ (Galater 3,28)

Auf Jesus Christus kommt es also an. Und zwar nicht auf seine Lehre, seine Nächstenliebe (die längst vor ihm in der Welt war) oder seine Taten, sondern auf ihn als Person. Er verkörpert Gottes Liebe zu den Menschen. In ihm kommt Gott zu uns, damit wir zu Gott kommen können. Jesus ist Gottes Sohn, und deshalb, sagt Paulus, sind auch alle die an ihn glauben, Söhne und Töchter Gottes (Galater 3,26) – und damit einander Schwestern und Brüder, über alle Kirchen- und Konfessionsgrenzen hinweg.

Wir sind eins in Christus – das ist eine gute Nachricht. Denn dann müssen wir uns nicht erst einig werden, bevor wir eins sein können – was uns wahrscheinlich nie gelingen würde. Nein, wir müssen die Einheit der Christen gar nicht mehr herstellen. Sie ist immer schon da, wenn und weil wir an Jesus Christus glauben. Auch wenn wir uns über manche Dinge immer noch streiten. Auch wenn wir noch nicht alles miteinander hinbekommen. Auch wenn der ökumenische Fortschritt eine Schnecke ist.

Allerdings gilt dann auch: Wenn es für die Einheit der Christen auf Jesus Christus ankommt und auf den Glauben an ihn, dann ist alles andere nicht wirklich wichtig. Weder der Papst noch die presbyterial-synodale Kirchenordnung. Weder das richtige Alter für die Taufe noch die richtige Deutung von Brot und Wein beim Abendmahl. Weder die Einstellung zur Homosexualität noch zur Frauenordination. Bei alledem darf und wird es auch weiter Unterschiede zwischen Christen geben. Aber sie müssten dann nicht mehr der gegenseitigen Abgrenzung dienen und müssten uns nicht mehr hindern, unser Einssein in Christus auch zu leben – in der Ökumene, in der Allianz und am besten mit beiden zusammen. In diesem Sinne wünsche ich uns für die anstehenden gemeinsamen Unternehmungen gute Begegnungen, eine gute geistliche Gemeinschaft und damit eine gute Ausstrahlung auf die Menschen um uns herum.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr Pastor Klein