Predigt Wenschtkirche, Sonntag, 8. Juni 2025

Familiengottesdienst zu Pfingsten

Text: Joh 14,15-27

Wind-Geräusch (ocean drum); Stimme aus dem Off:

Hallo zusammen, ich begrüße euch alle herzlich hier in der Wenschtkir­che an diesem Pfingstsonn­tag! Ihr könnt mich zwar nicht sehen, aber ich bin trotzdem bei euch. Ja, nicht nur das: Ich bin in euch drin und um euch herum, und durch mich seid ihr alle miteinan­der verbunden. Ich bin der Heilige Geist, und heute ist mein großer Tag.

Jetzt wundert ihr euch vielleicht: „Der Heilige Geist? Warum hören wir dann eine Frauen­stimme? Aber ich bin eben kein Mann. Ich bin allerdings auch keine Frau. Ich bin beides. Oder keins von beidem. Oder alles zusammen. Denn ich bin Gott.

Auch darüber wundert ihr euch vielleicht. Gott hat die Welt erschaf­fen – davon habt ihr si­cher gehört. Gott ist Mensch geworden, der Mensch Jesus, geboren und gestorben wie einer von uns, aber auch auferstanden von den Toten – das habt ihr zu Weihnachten und zu Os­tern gefeiert. Aber Gott der Heilige Geist? Wer oder was soll das sein?

Ich sag’s mal so: Ich bin Gott als Kraft, als Energie. Ich bin Gott nicht irgendwo weit weg im Himmel, sondern in euch und um euch. Ich bin Gott, der in euch und durch euch wirkt. Das klingt ein bisschen abstrakt, ich weiß. Deshalb zeig ich euch am besten ein paar Bei­spiele, wie das passiert:

1. Szene: „Tröster“

Ein Mann sitzt auf einer Bank auf dem Friedhof und sieht sehr traurig aus. Eine Frau kommt dazu, sie trägt einen kleinen Eimer mit Gartenwerkzeug. Wind-Geräusch.

Frau: Entschuldigung, darf ich mich einen Moment zu Ihnen setzen? Ich hab das Grab von meinem Mann neu bepflanzt, und jetzt tut mir der Rücken weh. Ich muss mich mal ein biss­chen ausru­hen.

Mann: Gern, bitte!

Frau: (setzt sich) Ah, das tut gut. (nach einer kleinen Pause) Haben Sie auch jemanden be­sucht hier auf dem Friedhof?

Mann: Ja, meine Frau. Jetzt liegt sie schon drei Jahre hier.

Frau: Und es tut immer noch weh, stimmt’s?

Mann: (seufzt) Oh ja, und wie! Sie fehlt mir so! Ich komm fast jeden Tag hierher und rede mit ihr. Ich hab ja sonst keinen.

Frau: Wirklich keinen?

Mann: Na ja, die Kinder. Aber die wohnen weit weg. Sie rufen an, kommen auch ab und zu vorbei, aber es ist einfach nicht das Glei­che. Und sie haben ja selber genug um die Oh­ren. Ich hatte noch einen alten Schulfreund, mit dem hab ich mich öf­ter getroffen. Aber der ist jetzt auch gestorben. Und wenn man dann noch sieht, was alles Furchtba­res passiert in der Welt! Manchmal wünsche ich mir, es wär alles vorbei, und ich würde auch endlich hier auf dem Friedhof liegen – bei meiner Hilde.

Frau: Ich kann Sie gut verstehen. Als mein Mann gestorben ist, ging’s mir auch so. Aber inzwi­schen tut es nicht mehr so weh – meistens jedenfalls. Wissen Sie, was mir gehol­fen hat? Eine Nach­barin hat mich mitgenommen zum Mittagstisch der Kirchen­gemeinde. Da gibt es einmal in der Woche was Gutes zu essen für Leute, die kein Geld ha­ben – oder die einsam sind. Ich war erst ziemlich skeptisch. Aber dann hab ich ge­merkt, wie gut es mir tut, wieder unter Menschen zu sein. Und die Leute aus der Ge­meinde, die da kochen und bedienen, ma­chen das so aufmerksam und mit so viel Liebe – das ist einfach wunderbar! Inzwischen helfe ich selber mit. Ich hab damit eine sinn­volle Aufgabe, und ich bin Teil einer Gemeinschaft. Sie glauben gar nicht, wieviel Trost und Halt mir das gibt! Wär das nicht auch was für Sie?

Mann: Ach, ich weiß nicht, ob ich da noch ein große Hilfe wäre. Aber auf jeden Fall hat es gut getan, mit Ihnen zu reden – vielen Dank! Und vielleicht komm ich doch mal zum Essen vor­bei.

Frau: Tun Sie das – ist gar nicht weit vom Friedhof! Und Sie kriegen von mir auch eine extra große Portion! – So, genug ausgeruht, ich muss weiter. Auf Wiedersehen, und bis bald! (ab)

Mann (zu seiner verstorbenen Frau): Hilde, hast du das mitgekriegt? Es gibt also doch noch gute Menschen! (steht auf und geht)

2. Szene: „Beistand“

Zwei Jugendliche, eine frisch Konfirmierter und ein Konfi-Teamer, treffen sich auf der Straße. Wind-Geräusch.

Teamer: Hi, Tim – lange nicht gesehen! Wie war die Konfirmation?

Konfi: (missmutig) Ganz gut.

Teamer: Du klingst aber gar nicht danach! Gab’s nicht genug Ge­schenke?

Konfi: Doch.

Teamer: Oder ist bei der Feier was schiefgelaufen?

Konfi: Nee, eigentlich nicht.

Teamer: Und uneigentlich?

Konfi: Ach, ich dachte halt, das ist mein Fest. Aber dann ging’s die ganze Zeit gar nicht um mich. Nur um meine große Schwester mit ihrem tollen Einser-Abitur. Und um meinen Bru­der, den Su­per-Sportler, der grad mal wieder irgendeine Junioren-Meister­schaft gewon­nen hat. Auf die sind meine Eltern ja so stolz! Aber ich krieg immer nur blöde Sprü­che zu hören: „Schon wieder ne Fünf! Wann fängst du endlich mal an, was für die Schule zu tun? Von nix kommt nix! Nimm dir ein Bei­spiel an Lisa: die hat’s geschafft, aber sie hat sich auch hinge­setzt und gelernt!“ Oder: „Was Max kann, das kannst du auch! Du müsstest dich nur mal mehr bewegen, statt nur vorm Bild­schirm zu hocken und rum zu daddeln.“ So geht das die ganze Zeit – zu Hause, in der Schule, auch beim Fuß­ball. Immer krieg ich reingewürgt, dass ich für nichts zu gebrauchen bin.“

Teamer: Aber das stimmt doch gar nicht!

Konfi: Weiß nicht, so langsam glaub ich es selber.

Teamer: Bloß nicht! Ich kenn dich doch jetzt auch schon eine Weile aus der Konfi-Gruppe. Ok, du redest nicht viel. Aber wenn du was gesagt hast, dann war es immer richtig gut! Man merkt, dass du ganz viel nachdenkst und auch eine Menge weißt. Und beim Waffelba­cken auf dem Weihnachtsmarkt hast du echt Ein­satz gezeigt. Auch sonst hast du alles mitgemacht und hat­test, glaube ich, auch Spaß dabei.

Konfi: Ja, ok, war schon cool, die Konfi-Zeit. Aber jetzt ist sie ja vor­bei.

Teamer: Nicht unbedingt! Du könntest beim Trainee-Kurs mitmachen und im nächsten Jahr­gang als Teamer einstiegen. Leute wie dich können wir gut gebrauchen!

Konfi: Meinst du?

Teamer: Ja, klar. Und wenn deine Eltern sagen, dass sie das für Zeitver­schwendung halten und du lieber für die Schule lernen sollst, dann sag Bescheid! Dann komm ich vorbei und red mal ein ernstes Wort mit ihnen.

Konfi: Das würdest du wirklich tun?

Teamer: Na, ich glaube, ein bisschen Beistand würde dir nicht scha­den, oder?

Konfi: Stimmt. Schickst du mir ne Nachricht, wenn das losgeht mit dem Trainee-Kurs?

Teamer: Klar, mach ich gern! Bis dahin mach’s mal gut!

Konfi: Du auch! (Teamer ab) „Beistand“ – stand sowas nicht auch in meinem Konfi-Spruch? „Ich bin bei dir, wohin du auch gehst“ oder so ähnlich? Muss ich zu Hause noch mal nach­schauen! (ab)

3. Szene: „Friedensstifter“

Eins und Zwei stehen auf der „Bühne“, voneinander abge­wandt, mit verschränkten Armen und verschlosse­nen Gesichtern. Drei kommt dazu. Wind-Geräusch.

Drei: He, was ist denn mit euch los?

Eins und zwei: (zeigen aufeinander ohne sich anzusehen, reden gleichzei­tig): Mit der will ich nichts mehr zu tun haben.

Drei: Aber warum das denn nicht? Ihr wart doch immer gute Freunde!

Eins und zwei (gleichzeitig): Frag sie!

Drei (zu Eins): Ok, dann frag ich erstmal dich.

Eins: Über vierzig Jahre waren wir zusammen in der Friedensbewe­gung. Bei jedem Oster­marsch sind wir mitmarschiert, Seite an Seite. Aber jetzt hat die da unsere Sache verra­ten!

Drei: Wie das?

Eins: Weil sie jetzt auch zu denen gehört, die es gut finden, dass wir Waffen an die Ukra­ine liefern und die Bundeswehr aufrüsten. Jah­relang war kein Geld da für Kitas und Schu­len, für Entwick­lungshilfe, für die Bekämpfung des Klimawandels. Aber jetzt gibt es plötzlich viele Milliarden für Panzer, Drohnen und Marsch­flugkörper! Dafür hab ich anno ‘81 nicht im Bonner Hofgar­ten gestanden. Damals hieß es „Nie wieder!“ Und jetzt sol­len wir auf einmal wieder „kriegstüchtig“ werden? Ohne mich! Ich bleib bei „Frieden schaffen ohne Waffen“. Und wer zu den neuen Kriegstreibern überläuft wie die da, ist für mich ge­storben.

Drei (zu Zwei): Und wie siehst du das?

Zwei: Auch sture alte Pazifisten müssen doch endlich mal einsehen, dass die Welt sich ge­dreht hat. Wir haben es in Europa wieder mit einem echten Aggressor zu tun, der vor An­griffskriegen nicht zurückschreckt. Die Ukraine steckt schon mittendrin, und wir sind viel­leicht als nächstes dran. Wenn wir das verhindern wollen, dann müssen wir der Ukra­ine helfen, und wir müssen uns auch selber wehren können. Ich finde es ja auch schreck­lich, dass wir dafür jetzt so viel Geld ausgeben. Aber es geht nicht anders. Und wer das nicht einsieht, ist einfach hoffnungs­los naiv und von vorgestern. Mit so jeman­dem noch zu reden, ist sinnlos.

Drei: Hm, wenn ich euch so höre: Könnte es sein, dass ihr beide ein­fach Angst habt?

Eins und Zwei (gleichzeitig): Angst? Ich?

Drei: Ja! Ihr habt beide Angst vor Krieg – und ihr habt Recht damit: Krieg ist furchtbar. Dar­über wart ihr euch doch auch immer ei­nig. Deshalb seid ihr ja zusammen zu all den Frie­dens-Demos ge­gangen.

Zwei: Ja, aber jetzt gibt es eine neue Situation.

Drei: Richtig, und da seid ihr verschiedener Meinung, wie man am besten damit umgeht. (zu Eins) Du sagst, Frieden hat nur eine Chance, wenn ich auf Waffen und Gewalt ver­zichte. (zu Zwei) Und du sagst: Um einen Aggressor vom Angriff abzuhalten und den Frie­den zu sichern, muss ich wehrhaft sein. Aber es geht euch doch beiden immer noch um den Frieden, oder?

Eins: Ja, aber ich muss doch auch zu meinen Überzeugungen stehen. Jesus hat gesagt …

Zwei: (verdreht die Augen) Ja klar, jetzt kommt sie natürlich wieder mit der Bergpredigt!

Drei: Aber könnte nicht gerade das ein Weg sein? Dass ihr mal gemein­sam in die Bibel schaut und dort nach Wegen zum Frie­den sucht? Vielleicht merkt ihr dann, dass ihr immer noch mehr gemeinsam habt, als euch trennt – trotz verschiedener Mei­nungen. Mir fällt zum Beispiel ein Satz aus dem Johannes-Evangelium ein. Da sagt Jesus Christus: „Frie­den lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh 14,27) Ich finde, das klingt nach einer guten gemein­samen Grundlage.

Eins und Zwei denken eine Weile nach. Dann wenden sie sich einan­der zu.

Zwei: (streckt die Hand aus): Ok, alter Sturkopp, dann lass es uns nochmal versuchen! Früher konnten wir ja auch miteinander dis­kutieren, ohne uns zu verkrachen.

Eins: Selber Sturkopp! Aber du hast recht: einen Versuch ist es wert! (schlägt ein)

Drei: Na also, geht doch! Und wenn ihr euch an die Köppe kriegt und einen Schlichter braucht, dann sagt Bescheid – ich übernehme das gern!

Alle ab.

Wind-Geräusch. Stimme aus dem Off:

Und, habt ihr gemerkt wie ich wirke? Oder habt ihr vom Heiligen Geist etwas anderes erwar­tet? Etwas Spektakuläreres, mehr so Rich­tung Zeichen und Wunder? Das kann ich auch. Aber so, wie ihr es gesehen und gehört habt, ist es mir lieber. Das Wort „Gott“ muss dabei gar nicht vorkommen. Hauptsache Gott ist da: wo Menschen Trost finden, Beistand erfahren, Frieden schließen. Wo sie Gemein­schaft erleben und gemeinsam handeln. Überall, wo das geschieht, bin ich dabei. Auch wenn kein Mensch mich erkennt und wahr­nimmt. Aber wenn ihr mich erkennt, wenn ihr spürt: da ist Gottes guter Geist am Werk, dann umso besser! Dann könnt mir mich dafür loben und preisen und selber darüber froh werden und Frieden fin­den – für euch selber, für eure Gemeinschaft als Christen, für die Welt, in der ihr alle lebt. In diesem Sinne frohe Pfingsten und bis bald! (Wind-Geräusch).